Die Kritiker

«Das Glück kommt unverhofft»

von

Story


Zwei heranwachsende Kinder, die Enge ihrer Reihenhauswohnung und ein schlecht bezahlter Job in der kleinen Webstoff-Fabrik „Rheinland“ halten Lotte Wagner ganz schön auf Trab. Doch die alleinerziehende Mutter versucht trotzdem, sich ihren Elan nicht nehmen zu lassen. Als sie eines Morgens dem ebenfalls alleinstehenden Top-Manager Matthias Winkelmann die Vorfahrt nimmt, fährt sie dem verblüfften Anzugträger frech über den Mund. Winkelmann, der als Vorstandsmitglied des Textilkonzerns „Bloomfeld AG“ in einer schicken Designer-Villa residiert und nur noch für seine Arbeit lebt, ahnt nicht, dass er die vorlaute junge Frau bald wiedersehen wird. Nach einem aus internen Rivalitäten und permanentem Berufsstress resultierenden Zusammenbruch verordnet ihm der Arzt einen Monat striktes Arbeitsverbot. Beim Joggen läuft Matthias kurz darauf zufällig Lotte über den Weg, die auf einem Sportplatz die Fußballmannschaft ihres kleinen Sohnes Benni trainiert. Benni ist von dem fußballbegeisterten Fremden sofort angetan. Auch zwischen Lotte und Matthias regen sich bald Gefühle. Bei einem gemeinsamen Abendessen in Lottes Wohnung kommen sich die beiden schließlich näher. Hier erfährt Matthias auch, dass Lotte ausgerechnet für jene Zulieferfabrik arbeitet, die sein Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen loswerden will. Unfähig, ihr reinen Wein einzuschenken, verleugnet Matthias seine berufliche Position. Doch als Lotte von ihrem verzweifelten Chef Karl Hagen gebeten wird, mit der Belegschaft über Lohnkürzungen zu sprechen, ist es ausgerechnet Matthias, bei dem sie sich Tipps für das nötige Verhandlungsgeschick holt. Noch immer ahnt sie nichts von dessen wahrer Profession, als sie sich mit Karl Hagen auf den Weg zur Bloomfeld-Zentrale macht - und in den Gängen ausgerechnet auf Matthias trifft. Bei der anschließenden Konfrontation mit der Vorstandsleitung kommt es zum Eklat. Plötzlich steht alles auf dem Spiel: die Existenz der „Rheinland“-Fabrik, die berufliche Zukunft von Matthias, und vor allem dessen Liebe zu Lotte, die ihm mit ihrer quirligen Art längst komplett den Kopf verdreht hat.

Darsteller


Julia Ronstedt («Sie hat es verdient») ist Lotte Wagner
Heio von Stetten («Der letzte Patriarch») Matthias Winkelmann
Anna Schudt («Die Toten vom Schwarzwald») ist Britta Pätzke
Olga von Luckwald («Inga Lindström») ist Greta Wagner
Moritz Klaus («Verhältnisse») ist Benni Wagner
Karl Kranzkowski («SOKO Stuttgart») ist Karl Hagen
Philipp Sonntag («Lindenstraße») ist Anton Schmidt
Matthias Komm («Unser Charly») ist Sven Pätzke
Stefan Rudolf («SOKO Leipzig») ist Moritz Runge
Caroline Schreiber («Die Rosenheim-Cops») ist Hanna Bloomfeld
Eric Klotzsch («Uferwellen») ist Tim

Kritik


Der Spielfilm «Das Glück kommt unverhofft»hat eine bewegende Geschichte zu erzählen und übt gleichzeitig auch noch Gesellschaftskritik, die unterschwellig suggeriert wird. Mit zunehmender Spielzeit weckt auch der Film also unverhoffte Freude an ihm selbst. Heio von Stetten spielt den skrupellosen Kapitalisten, der keine Gefühle kennt. Für ihn sind Menschen und Schicksale einfach nur Zahlen, die schlichtweg stimmen müssen. Zudem ist seine Figur ein Workaholic wie er im Buch steht. Eine interessante Ausgangslage, beschreibt man doch parallel mit der alleinerziehenden Fabrikarbeiterin Lotte Wagner, die Julia Rostedt überzeugend spielt, das komplette Gegenteil zum Top-Manager. Die Gesellschaftskritik im Film setzt hier schon an. Die Arbeiterin in einer Zulieferfirma, die für den Knochenjob nur einen Hungerslohn verdient und davon auch noch ihren Sohn ernähren muss, dessen Fußballmannschaft sie auch noch nebenbei betreut, steht im krassen Gegensatz zum schnörkellosen Manager, der sich eine Villa, einen schicken Flitzer und anderen Luxus leisten kann, aber ein Herz aus Stein hat. Er ist es auch, der die größte Entwicklung im Film durchlebt.

Der Charakter des Matthias Winkelmann wird im Laufe seine vom Arzt verordneten Ruhepause von der Arbeit auf jene Dinge aufmerksam gemacht, die er gar nicht mehr wahrgenommen hat. Den Namen seines eigenen Gärtners kennt er nicht. Jahrelang ist er bei ihm angestellt, zum ersten Mal wechseln beide ein Wort. Es ist der erste Schritt, der dafür sorgt, dass die Figur des Herrn Winkelmann im Film sich emotionalisieren lässt. Der einst knallharte Manager, dem Gefühle gänzlich egal waren, wandelt sich zum sensiblen Liebhaber, der für seine Liebe kämpft. Dieser Entwicklungsprozess des Charakters in «Das Glück kommt unverhofft» nimmt vor allem dann Fahrt auf, wenn Julia Ronstedt als die einfach gestrickte Lotte Wagner in das Leben des einstigen Workaholics tritt. Das Drehbuch von Iris Uhlenbruch und Bettina Börgerding weist also eine schlüssige Story auf, die so realitätsfern gar nicht ist und im Unterton auch Gesellschaftskritik mit sich bringt. Das zeugt von Tiefgang und dem Gespür für emotionale Geschichten, wie jene in dieser romantischen Komödie.

Komödie übrigens deshalb, weil es zwischendurch auch mal was zu lachen gibt. So ist es ein weiteres Plus, dass man die Geschichte, die munter erzählt wird, nicht allzu bierernst auftischt, sondern auch etwas Situationskomik und Slapstick mit eingebaut hat. Wenn beispielsweise beim gemeinsamen Abendessen der ohnehin schon kaputte Stuhl im Haus von Lotte Wagner zusammenbricht und der Freund ihrer besten Freundin auf den Boden stürzt, sind das jene Momente, die auch Anlass zum Schmunzeln geben. Gleichermaßen wie die teils kecken Sprüche von Lotte Wagners Sohn Benni, den Moritz Klaus auf sympathische Weise verkörpert. Er ist es letztlich auch, der die beiden Gegensätze Topmanager und arme Arbeiterin zusammenbringt und am Ende auch zusammenhält. Dass der Charakter Winkelmann zunächst seinen wahren Arbeitgeber verschweigt, birgt zusätzlichen Zündstoff im Drehbuch. In diesem Fall ist es allerdings schade, dass das abzusehende „Auffliegen“ der Lüge und der Tarnung nicht etwas früher eingebaut hat, sondern erst am Schluss zum dramatischen Finale inszeniert. Die dann entstehende Spannung ist dann zwar enorm, aber eher kurzweilig, weil die Auflösung nicht lange auf sich warten lässt. Hätte man diesen Teil von der Mitte des Films, wo ohnehin etwas Leerlauf zu beobachten ist, gestreckt, wäre die Grundspannung konstant vorhanden gewesen. Regisseurin Sibylle Tafel entschied sich für das vollgepackte Drama-Ende, das aber trotzdem Spaß macht.

«Das Glück kommt unverhofft» bietet eine emotionsgeladene Geschichte, die auch die Nebencharaktere nicht kalt lässt und dank des beachtlichen Ensemble eine frische Story zu erzählen. Zwischendurch klingen auch nachdenkliche Töne an, wenn man Themen wie wirtschaftliche Gerechtigkeit anspricht. Da aber auch Spannung und Witz nicht zu kurz kommen, bietet sich ein gelungenes Gesamtbild, das zu keinem Zeitpunkt langweilt.

Das Erste zeigt «Das Glück kommt unverhofft am Freitag, den 17. September 2010 um 20.15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/44616
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