Die Kritiker

«All you need is love – Meine Schwiegertochter ist ein Mann»

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Story


Seit Katharina von ihrem in Berlin lebenden Sohn per Post benachrichtigt wurde, er wolle heiraten, und zwar in seinem bayerischen Heimatort, träumt sie von einem rauschenden Fest. Katharina kennt ihre Schwiegertochter in spe nicht, was sie allerdings nicht davon abhält, die Nachricht flugs in ihrem kleinen bayerischen Dorf zu verbreiten. Der Feier stünde auch eigentlich nichts im Wege, doch zwischen ländlicher Idylle und kleinbürgerlichem Denken platzt die Bombe: Katharinas Sohn Hans ist schwul und will seinen Freund Nicki im verträumten Heimatdorf seiner Eltern heiraten. Intrigen, Heimlichkeiten und Distanzierung weichen zunehmend Verständnis und Toleranz - insbesondere bei seiner Mutter und seinem Vater Christian, die getrennt leben. Auf ein rauschendes Fest hat Katharina jetzt keine Lust mehr. Die Dorfbewohner auch nicht. Fortan kursieren überall Schwulenwitze. Die Mutter des Bräutigams wird konsequent ausgegrenzt. Schließlich entbindet sie der Pfarrer, der sonst Nächstenliebe predigt, von ihren Aufgaben im Kirchenchor. Hans aber will sich das nicht gefallen lassen. Er besteht darauf, im Dorf zu heiraten und den Umständen zu trotzen.

Darsteller


Katharina («Die göttliche Sophie») ist Saskia Vester
Christian («Über den Tod hinaus») ist Jürgen Tonkel
Hans ist Andreas Helgi Schmid
Nicki («Entscheidung in den Wolken») ist Manuel Witting
Vera («Vulkan») ist Jenny Elvers-Elbertzhagen
Rosi («Pfarrer Braun», «Ritas Welt») ist Franziska Traub

Kritik


Da wäre in Köln vielleicht nicht passiert: Eine altbayerische, streng-konservative Dorfgemeinde trifft auf das moderne, heiratswillige Schwulenpaar. «All you need is love – Meine Schwiegertochter ist ein Mann» setzt auf die natürliche Konflikte, die in einer solchen Konstellation zu Tage treten. Dabei bleiben in dem Drehbuch von Jessica Schellack und Kerstin Österlin selbstredend auch die Klischees nicht verborgen und die Handlung lässt sich in weiten Teilen auch vorhersehen. Vor einigen Jahrzehnten hätte dieser Film vielleicht noch für einen mittelgroßen Skandal gesorgt, gerade in dem katholischen Bayern, wo der Spielfilm auch gedreht wurde. Doch im 21. Jahrhundert reißt die Thematik keinen mehr vom Hocker. Auch die Dorfbewohner in der bayerischen Idylle hatten während der Dreharbeiten keine Einwände, waren dem Team um Regisseur Edzard Onneken gegenüber aber hilfsbereit. Denn der Film kommt auch brav daher. Kaum Zoten, kaum Sexualleben des männlichen Pärchens, sondern sittliche Beziehungsgeflechte und harmlose Entwicklung der Geschichte. Fast schon könnte man meinen, es sei alles normal und die im Film gezeigten Dorfbewohner würden sich zwar echauffieren, aber bald wieder einkriegen und alles ist Friede, Freude, Eierkuchen.

Doch so schnell geht es dann doch nicht, obwohl alles darauf hinaus läuft. Immerhin gibt es zur Abwechslung des Drückens auf die Tränendrüse auch mal eine handfeste Schlägerei. Die eigentliche Tragödie spielt sich jedoch in den zwischenmenschlichen Beziehungen ab, wenn es um Lug und Trug, Intrigen und Lästereien geht. Da macht ein Gerücht schneller die Runde als dass dessen Wahrheitsgehalt auf den Prüfstand gestellt wird. So erfährt der Zuschauer im Film «All you need is love – Meine Schwiegertochter ist ein Mann» auch etwas Gesellschaftskritik, die durchaus angebracht erscheint. Doch mit den Klischees mag der Film nicht aufräumen, das wäre auch unpassend, schließlich wollen die Macher nicht den moralischen Zeigefinger. Vielmehr stehen die Figurenkonstellation und das Hinarbeiten auf das Happy End im Vordergrund. Dabei sind die Schauspieler ihrer Rolle aber nicht immer gewachsen. Als zickige, junge Geliebte und Gerüchteherd mag Jenny Elvers-Elbertzhagen zwar noch glaubwürdig, ins Dirndl gesteckt und auf Dorfdiva getrimmt, nimmt sie aber keine so wirklich ernst. Authentischer ist da schon Franziska Traub, die als dörfliche Tratschtante schon bei «Ritas Welt» durchgegangen wäre. Und auch Jürgen Tonkel passt in diese Rolle, der ja schon bei «Hausmeister Krause» die Rolle des Oberlehrers inne hatte. Seine uncharmante Art kann Tonkel überzeugend verkörpern, auch wenn er teilweise blass wirkt. Ebenso wie die beiden Hauptdarsteller Saskia Vester und Andreas Helgi Schmid. Letzterer ist als Schauspieler noch relativ unbekannt, dürfte sich mit dem Film aber einen Namen gemacht haben. An seiner Seite hat Manuel Witting wenige Möglichkeiten zu glänzen.

Warum der Film jedoch dem Genre der Komödie zugeordnet wird, ist weitgehend schleierhaft. Denn zum Lachen bringt der Film nicht mal im Ansatz. Beziehungsdrama würde es besser umschreiben. Nicht mehr und nicht weniger ist «All you need is love – Meine Schwiegertochter ist ein Mann». Im Blickpunkt steht nämlich die Intoleranz der Dorfbewohner bezüglich des homosexuellen Pärchens, das dagegen ankämpft und dabei selbst in Konflikte gerät. Die Handlung hält dabei nur zwei Überraschungen bereit, die zum Erhalt der ohnehin schon wenigen Spannung besser nicht verraten werden. Die Dialoge sind zumeist auch nicht einzigartig, sondern teilweise auch einschläfernd. Die wenigen Scherze über Schwule mögen da realitätsnah sein, reichen aber nicht aus, um von einer Komödie zu sprechen. Denn in weiten Teilen schlittert der Film auf das große Finale hin, das eher der Poesie als der Realität entspricht. Denn da versöhnt sich selbst der größte Schwulenhasser mit dem Paar. Für einen romantischen Film jedoch ein gelungenes Ende, ob das jedoch so gewollt ist, ist eine andere Frage.

Sat.1 zeigt «All you need is love – Meine Schwiegertochter ist ein Mann» am Dienstag, den 3. November 2009 um 20.15 Uhr.

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