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«Frauenzimmer» startet: Kann VOX den Dailytalk wiederbeleben?

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Mehr als acht Jahre nach dem Ende des Talks von Pionier Hans Meiser wagt sich VOX an das inzwischen fast völlig verschwundene Genre. Ob das Format gegen gescriptete Dokus und Gerichtsverhandlungen ankommen kann, ist unsicher.

Genau zehn Jahre ist es her, dass die Hoch-Zeit des deutschen Dailytalks zurückliegt: 13 Moderatoren sprachen seinerzeit über die vermeintlich wichtigen des Themen des Lebens – nicht selten sogar gleichzeitig. Ob Hans Meiser, Arabella, Vera am Mittag oder Andreas Türck: Getalkt wurde fast überall und noch dazu fast immer.

Von den genannten Talkern ist inzwischen keiner mehr übrig geblieben: Einzig «Britt» läuft noch immer Mittag für Mittag in Sat.1 und öffnet weiter die Vaterschaftstests ihrer Gäste – nachdem sich auch Oliver Geissen kürzlich verabschiedete, um dem neuen Trend der gescripteten Dokusoaps nicht im Wege zu stehen, ist sie die letzte Verfechterin des täglichen Talks im deutschen Fernsehen. Fernsehmacher wollen das Genre dennoch nicht totreden, glauben an das Wiederauferstehen, wenn auch in anderer Form als damals.

Dass sich nun ausgerechnet VOX an eine Talkshow wagt, ist allerdings sehr überraschend: Mit «Frauenzimmer» traut sich der Kölner Privatsender an ein für ihn nahezu neues Genre. Zwar hatte VOX Anfang der 90er schon einmal einen Talk im Programm: Doch «Wilsch» – eine Sendung, in der etwa ein Rentner einen Asylanten ohne Weiteres beschimpfen konnte – hielt nicht allzu lange durch. Im «Frauenzimmer» dürften solche Szenen künftig nicht zu erwarten sein. Das Konzept der Show: Je vier Frauen diskutieren die Themen, die Frauen bewegen.



Neu ist die Talk-Idee nicht: In Großbritannien läuft «Loose Women» auf ITV schon seit zehn Jahren – und auch in den USA gibt es mit «The View» einen Frauentalk, in dem Whoopie Goldberg, Bette Midler oder Jessica Simpson zu den Gästen zählen. Überhaupt: Ob die neue VOX-Show, die sich gegen quotenstarke Konkurrenz behaupten muss, tatsächlich ein Erfolg wird, dürfte nicht zuletzt abhängig sein von der Wahl der Damen. Dass der Kölner Sender durchaus Mut beweist, zeigt der Blick auf die sieben Frauen, die den festen Stamm des «Frauenzimmers» bilden: Schauspielerin Yasmina Filali, TV-Moderatorin und Produzentin Bettina Böttinger, Journalistin Evelyn Holst, Sängerin Maite Kelly, Schriftstellerin Hatice Akyün, „Liebesexpertin“ Birgit Ehrenberg, Komödiantin und Bestsellerautorin Martina Brandl – allesamt keine Personen, die man unbedingt gemeinsam in einem Nachmittags-Talk erwarten würde.

Unterstützung erhalten die Damen von jeweils einem Gast – in der ersten Woche werden unter anderem Ross Antony, Sängerin Kate Hall und Ex-Fußballmanager Reiner Calmund, der ab Montag mit seinem «Promi-Kochduell» ebenfalls täglich im Nachmittagsprogramm von VOX zu sehen sein wird, die Runde erweitern. Bleibt die Frage, ob es das ist, was die Zuschauer wirklich sehen wollen. Es ist sicherlich kein Zufall, dass das Genre des Dailytalks inzwischen nahezu ausgestorben ist, schließlich gab es wohl in den vergangenen Jahren kaum ein Thema, das nicht in irgendeiner Form bei Christen, Fliege & Co. auseinandergenommen wurde. Ohnehin: Vor allem Talk-Pionier Hans Meiser war es, der sich mit seiner RTL-Sendung immer wieder in jene Richtung bewegte, die nun auch VOX einzuschlagen versucht.

Gerade in den letzten Monaten setzte Meiser überwiegend auf service-orientierte Themen, die sich vom Krawall und Sex anderer Formate unterschieden. Geholfen hatte das allerdings nicht: Marktanteile von rund 40 Prozent, wie sie Meiser einst erreichte, lagen in weiter Ferne – und auch bei VOX sollte man sich besser nicht mit allzu hohen Erwartungen an das «Frauenzimmer» wagen. Nach wie vor sind es eben gestellte Dokus und Gerichtsshows mit Laienschauspielern, die die Zuschauer begeistern. Angesichts dessen möchte man sich beinahe wünschen, dass VOX mit seinem neuen Dailytalk-Konzept Erfolg haben wird. Eine erste Antwort, ob ein Talk mit Akyün, Horst & Co. nicht doch ein wenig zu unkonventionell ist für den harten Quoten-Kampf am Nachmittag, wird es bereits am Dienstag geben.

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