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«Jugendcops» ... on Stage

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Und hier eine weitere Doku-Soap: Almedin soll vor dem Absturz in noch tiefere Abgründe gerettet werden. Ob ihm die Jugendcops helfen können?

Toto und Harry? Nee, so hießen sie nicht. Die Sozialfahnder? Nein, die ermitteln doch davor. Die Abzocker? Nee, abgezockt wird eigentlich keiner. Und Nein, es hat auch keiner Geldprobleme (zumindest werden diese nicht zum Thema gemacht), die Super-Nanny ist nicht im Einsatz (obwohl eine stille Treppe auch nicht schaden könnte) und ein Restaurant wird auch nicht vor der Pleite gerettet. Stattdessen wird ein Junge vor dem endgültigen Ertrinken in asozialen Milieus bewahrt. Dabei helfen ihm die Jugendcops. Denn wenn das Kommissariat 105 im Einsatz ist, machen sie das nicht zum Spaß, sie riskieren ihr Leben (so Sat.1).

Warum der 15-jährige Almedin, um den sich die Sendung dreht, nicht in «den Club der bösen Mädchen», der derzeit bei «SAM» waltet, einziehen durfte, ist offensichtlich. Er ist kein böses Mädchen, er ist ein böser Junge. Dann hätte man doch eine Spezialsendung «U20» machen können? Oder «We are Family»? Oh, ich bitte um Verzeihung, falscher Sender. Okay, man kann natürlich auch eine neue Doku schustern. Diese wird fortan mittwochs um 22.15 Uhr für acht Folgen gezeigt.

Zu Beginn wird dem Zuschauer eine Rekonstruktion der Ereignisse, die in der Sendung im Mittelpunkt stehen, präsentiert. Jugendliche lungern in München unter einer Brücke herum, bis es ihnen mit Alkohol zu langweilig wird. Aus dieser Motivation heraus greifen sie einen Jogger an und treten ihn nieder. Ein Anführer der Gang: Der 15-jährige Almedin. Sein Leben wird in der Auftaktepisode portraitiert.




Er lebt mit seinem kleinen Bruder und seiner Mutter in einem Münchner Randbezirk und sein Leben besteht aus Prügeleien, Alkoholexzessen und Sitzen bleiben. Die Aufgabe der Jugendcops ist es nun, ihm dabei zu helfen, auf die rechte Bahn zu gelangen. Als „Höhepunkt“ soll er sich bei dem Opfer entschuldigen. Dieses Vorhaben entwickelt sich aber zu einer Enttäuschung. Denn seine Mutter steht in allen Belangen hinter ihm, stärkt ihm den Rücken und nennt ihn „Mutters braver Junge“. Ab hier ist klar: Sie hat, genauso wie Almedins Freundin und Almedin selbst, ein komplett verzerrtes Realitätsbild.

Mit Einfühlungsvermögen versuchen die Jugendcops Ralph Kappelmeier und Nico Witte, die Mutter davon zu überzeugen, dass sie ihrem Sohn statt Hilfe lediglich Schutz bietet und er das auszunutzen weiß. In ihrer Naivität hält sie aber vorerst an ihrer These fest, er sei ein braver Junge und blendet die Straftaten komplett aus. Die „Kriegste-paar-aufs-Maul“-Gesellschaft existiert für sie nicht.

Während die meisten Bürger Almedins Strafe zu lasch empfinden (Sozialstunden abarbeiten, sich beim Opfer entschuldigen und bei einem Anti-Aggressivitäts-Training mitmachen), meint er selbst, die Strafe sei viel zu übertrieben. Er habe sich noch nie entschuldigt und werde das auch jetzt nicht tun. Es ist auch klar (um die Spannungskurve oben zu halten), dass Almedin am Ende seine Ansichten zum Teil ändert und er sich doch bei ihm entschuldigt. Damit ist dieser Fall abgeschlossen und die Jugendcops sammeln sich im Proberaum ihrer eigenen Band. Und man weiß ja nie: Vielleicht steht Almedin eines Tages in der ersten Reihe und rockt zu den verarbeiteten Erfahrungen der Hobbymusiker (unwissend, Teil des Texts zu sein).

Kurz-URL: qmde.de/29976
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