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Problemfall Serien: Das deutsche Reinheitsgebot

von  |  Quelle: Quotenmeter.de
Seit einigen Wochen versucht Sat.1 sonntags sein Glück mit «R.I.S.». Der Erfolg blieb aus, doch woran liegt's? Wir haben unseren Experten gefragt.

Immer mehr Serien aus Deutschland fallen beim Publikum gnadenlos durch. Das war auch bei «R.I.S. - Die Sprache der Toten» nicht anders. Nach einem ordentlichen Start ging das Interesse spürbar zurück. Inzwischen liegt die Krimiserie bei klar einstelligen Marktanteilen in der Zielgruppe. Quotenmeter.de hat bei einem Experten nachgefragt, woran es hapert.

Drehbuchautor und Quotenmeter.de-Experte Christos Yiannopoulos über die Probleme der Sat.1-Krimiserie «R.I.S.»:
"Und wieder ist das Klassenziel nicht erreicht: auch die hoch gelobte Krimiserie «R.I.S.» – die italienische Kopie von CSI – sorgt für durchwachsene Quoten. Und wieder werden viele Programmanager den deutschen Zuschauern die Schuld geben. Das Ganze erinnert mich an einen Spruch von Brecht, der mal sinngemäß sagte, dass die Partei sich das passende Volk wählen sollte, wenn sie andere Ergebnisse haben wolle.

Foto: Sat.1Nein, im Ernst, woran krankt «R.I.S.»? Anders als «Post Mortem» wird sie nicht durch eine Wackelkamera torpediert. Dass sie in Frankreich ein Blockbuster ist, glaube ich gerne, aber ich kenne mich in der dortigen TV-Szene zu wenig aus, um eine Beurteilung abzugeben. Ich kann nur über die deutsche Sendelandschaft sprechen und da fällt als erstes auf, dass die Serie Sonntags um 21:15 Uhr läuft! Aber hallo, haben die Verantwortlichen allen Ernstes gedacht, dass man Zuschauer vom (laufenden) Tatort rüberholen kann? Dann sollte die Serie lieber in «Gegen die Wand» umbenannt werden.

Aber noch gravierender für den Flop erscheint mir die Tatsache, dass wir es wieder mit einem adaptierten Stoff zu tun haben. Na ja, das Adaptieren mag ja im Genre der Dokusoaps («Frauentausch» usw.) funktionieren, aber im fiktionalen Bereich läuft es nicht, jedenfalls nicht bei den privaten Sendern. Populäres Beispiel war ja der Frisörflop «Bis in die Spitzen». In England ein Straßenfeger, in Deutschland ein schwarzes Loch.




Ich verstehe die Kollegen bei den Privaten nicht. Warum kein kreatives Risiko eingehen und mal eine deutsche Serie entwickeln? Ja, ich wage mal als Grieche die These, dass der deutsche Zuschauer eine original deutsche Serie sehen will. Adaptierte Formate mögen zwar den Kritikern gefallen, floppen aber bei den Zuschauern. Denn warum sollte der Zuschauer die deutsche Kopie («R.I.S.» oder «Post Mortem») eines erfolgreichen und sehr gut gemachten Formats («CSI») sehen wollen? Besser kriegen das doch die hiesigen Produzenten nie hin!

Daher verlange ich ein Reinheitsgebot für deutsche Serien! Was zig hundert Jahre beim Bier funktioniert hat, kann doch nicht falsch sein.

Foto: RTLEs gibt doch genug Themen, die auf der Straße liegen. Apropos Strasse. Ein gelungenes Beispiel für eine erfolgreiche deutsche Serie ist «Alarm für Cobra 11». Da steckt kein amerikanisches Vorbild dahinter, da wird des deutschen liebstes Stück, das Auto, zu Schrott gefahren. Klar können bei diesem Format die Krimiplots vernachlässigt werden, die Zuschauer wollen lieber kaputtes Blech sehen und keinen nuschelnden Gerichtsmediziner. Natürlich sind Autos und Explosionen teuer, man könnte glatt für eine Folge Cobra zwei Episoden Dr. Kleist drehen, aber mit der ARD-Schmonzette erzielt man auch keine Werbeeinahmen.

Selbstverständlich ist eine deutsche Serie kein Garant für erfolgreiches Programm, siehe «Allein unter Bauern». Der Ansatz mag okay sein. Aber was wird daraus gemacht? Ein unsympathischer Hauptheld einerseits, dumme Provinzler andererseits, garniert mit harmlosen Konflikten Von der lahmarschigen Erzählstruktur ganz zu schweigen. Was lernen wir daraus?

Die Sehgewohnheiten und Bedürfnissen der viel beschworenen Zielgruppe sollten schon bedient werden. Und die Zuschauer sind nun mal durch die amerikanischen Serien geprägt und verwöhnt, die, um es simpel zu formulieren, schneller erzählen und inhaltlich ans Limit gehen. Aber darüber sprechen wir ein anderes Mal."

Christos Yiannopoulos ist seit 1992 hauptberuflicher Drehbuchautor. Er ist "Vater" der «Hotel Mama»-Trilogie im ZDF. Auch die Serie «Nesthocker» stammt aus der Feder des gebürtigen Griechen, der seit mehr als 40 Jahren in Deutschland lebt.

Kurz-URL: qmde.de/19733
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