Popcorn & Rollenwechsel

«Requisiten»

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Durchatmen muss auch mal sein: Unser Kolumnist beäugt die Film-Dokuserie «Requisiten» genauer und verrät, welche Folge die beste ist.

Es ist vollkommen verständlich, wenn derzeit die Lust aufkommt, ein vergnügliches Serienformat zu streamen, das ein paar Minuten lang gekonnt ablenkt – vorzugsweise, ohne dass es einem das Hirn verätzt. Also muss es aufmunternd und leichtgängig daherkommen, ohne niveaulos zu sein. Da das hier eine Filmkolumne ist, springe ich bei der Auswahl nach Serien, die diese Aspekte erfüllen, natürlich direkt in Richtung filmzentrischer Formate. Und da gibt es ein glorreiches Beispiel für eine kurzweilige, positive Serie, die trotzdem einen lobenswerten Grundanspruch verfolgt:

«Requisiten», die Disney+-Dokuserie, in der Filmhistoriker und Popkultursammler Dan Lanigan auf filmvernarrte Spurensuche rund um denkwürdige Disney-Filme geht. Mit seiner Leidenschaft für Filmrequisiten (und bei diesem Serientitel) ist stets (mindestens) ein Filmrequisit der rote Faden einer Ausgabe, jedoch blickt Lanigan auch auf Kostüme, Spezialeffekte und Kulissen und spricht mit Verantwortlichen aus allen möglichen Bereichen der behandelten Filme, um mehr über geschätzte Disney-Hits und liebgewonnene Kultfilme zu erfahren.

Ich habe «Requisiten» hier bei Quotenmeter.de bereits besprochen, aber nun, rund eineinhalb Monate nach Veröffentlichung der gesamten ersten Staffel, scheint ein geeigneter Zeitpunkt gekommen, all jenen, die noch zaudern, sich das Format anzuschauen, einen erneuten Anreiz zu geben. "Was interessieren mich irgendwelche Requisiten?", denkt ihr euch, obwohl ihr filminteressiert genug zu sein, um eine Filmkolumne auf einem Medienportal zu lesen? Nun gut, hier ist mein Ranking der acht bisher veröffentlichten «Requisten»-Folgen – von "gut, vor allem, wenn man sich für den Film interessiert" bis "wow, genau sowas sollte Disney+ öfter machen!"

#8: «Nightmare before Christmas»
Für mich als Fan des Stop-Motion-Klassikers «Nightmare before Christmas» ist die Folge, in der Dan Lanigan weiterhin existierenden Figuren und Sets aus diesem Kultfilm hinterherjagt, zweifelsohne interessant. Er führt lockere, dennoch informative Interviews mit Verantwortlichen für Animation und Design, mit Komponist Danny Elfman und mit Regisseur Henry Selick. Aber im Vergleich zu anderen Episoden wirkt diese Folge so, als wäre plötzlich der Abgabetermin gewesen und die Crew hätte zügig aus dem gedrehten Material etwas zurechtgeschnitten. Es gibt keinen emotionalen Höhepunkt, auf den diese Folge zusteuert, und auch keine narrative Klammer. Kurzum: Eine lehrreiche, kurzweilige halbe Stunde über einen tollen Film – aber das hier fühlt sich "nur" an wie ein interessantes DVD-Extra. Für Fans sehenswert, aber diese Serie kann noch mehr.

#7: «Fluch der Karibik»
Wusstet ihr, dass es Kostümdesignerin Penny Rose am Haupt-Drehort von «Fluch der Karibik» so gut gefallen hat, dass sie dorthin gezogen ist? Ich muss zu meiner Schande gestehen: Vor «Requisiten» wusste ich das nicht – und das ist doch mal ein faszinierendes Stück Film-Trivia. Außerdem erfahren wir in dieser Folge unter anderem, dass sich Käpt'n Jack Sparrows ikonisches Kostüm sowohl aus mühevoll künstlich gealterten, kostspieligen Materialien sowie aus günstiger indischer Meterwaren besteht, sein Schwert einem jahrhundertealtem Originalschwert nachempfunden ist und wir besuchen eines der Schiffe aus dem Film. Eine kurzweilige, mit Informationen vollgepackte Episode – doch ähnlich wie schon die «Nightmare before Christmas»-Ausgabe ist es "nur" eine toll gemachte, sympathisch präsentierte Trivia-Sammlung.

#6: «Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft»
Dan Lanigans Suche nach weiterhin erhaltenen Requisiten aus der Kultkomödie über einen Schrumpfstrahler wird dieses Mal an einem roten Faden aufgezäumt: Das Disney-Archiv beschließt, den Schrumpfstrahler, der über die Jahre umgebaut und für weitere Projekte wiederverwendet wurde, in den Originalzustand zurückzuversetzen. Davon ausgehend lernen wir einiges über Restaurationsarbeit – und nebenher unterhält sich Lanigan mit «Star Wars»-Designer und «Captain America – The First Avenger»-Regisseur Joe Johnston, der auch «Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft» inszenierte, sowie mit mehreren Cast-Mitgliedern des Films. Darüber hinaus erfahren wir etwas über riesige Requisiten-von-der-Stange-Shops. Gigantische Bonuspunkte gibt es für einen Gastauftritt des seit Jahrzehnten nur noch selten vor die Kamera tretenden Rick Moranis! (Im Wissen, dass die «Liebling»-Trilogie mit ihm fortgesetzt wird, überrascht dieser Gastauftritt nur halb so sehr, trotzdem ist es eine kleine Sensation.)

#5: «Die Chroniken von Narnia: Der König von Narnia»
Auf der lehrreichen Ebene bringt Lanigan seinem Publikum in dieser Ausgabe von «Requisiten» eine selten thematisierte Aufgabe von Archivisten und Filmhistorikern näher: Das Identifizieren von Archivinhalten. Denn im Disney-Archiv befindet sich ein «Die Chroniken von Narnia»-Schwert, das nicht deckungsgleich mit den Schwertern ist, die im Film zu sehen sind. Also macht sich Lanigan auf, um mit einem der Verantwortlichen über diesen seltsamen Fundus-Fund zu sprechen. Nebenher erfahren wir einige spannende Kleinigkeiten über die Materialien, aus denen Filmschwerter gemacht werden, darüber hinaus spricht Lanigan mit Regisseur Andrew Adamson über die Besonderheiten, die ein Dreh mit Kindern mit sich bringt, sowie über die Bedeutsamkeit, bestimmte, ikonische Elemente aus einer Buchvorlage filmisch umzusetzen. Für einen extra Schuss Emotionalität kommt es in dieser Folge zudem zu einer Wiedervereinigung der Kinderdarsteller aus «Narnia», für die das Wiedersehen mit Kostümen und Requisiten zu einem sehr sehenswerten Erlebnis wird.

#4: «Tron»
Die «Tron»-Episode von «Requisiten» sticht besonders hervor, weil sie tiefer geht, die Herausforderungen und Frustrationen des Filmemachens zu verdeutlichen: Dan Lanigan erfährt, wie gigantisch der Aufwand war, «Tron» zu verwirklichen und weshalb er der einzige Film bleiben sollte, der auf diese Art und Weise produziert wurde. Darüber hinaus besucht er «Tron»-Schöpfer Steven Lisberger, der mittlerweile fast schon ein Eremitenleben führt und sich ziemlich sträubt, sich wieder mit «Tron» auseinanderzusetzen. Bei keiner anderen Begegnung in «Requisiten» spürt man solch eine Desillusionierung.

#3: «Falsches Spiel mit Roger Rabbit»
Zweifelsohne eine der informativsten Episoden von «Requisiten», denn diese Folge ist randvoll mit anderweitig nur selten bis gar nicht geteilten Fakten rund um die Entstehung des Robert-Zemeckis-Meisterwerks «Falsches Spiel mit Roger Rabbit». Lanigan lässt sich erste Entwurfsskizzen zeigen, tauscht sich mit Jessica-Rabbit-Stimme Kathleen Turner darüber aus, wie die Figur ihre Form gefunden hat, er lenkt unsere Aufmerksamkeit auf einen Kontinuitätsfehler im Film und er spricht ausführlich mit Christopher Lloyd darüber, wie ihn sein Kostüm inspirierte und wie es durch Tricks am Set eingesetzt wurde, um unterschwellig einen Plottwist im Film vorzubereiten. Darüber hinaus begegnen Lanigan und wir einem One-Take-Wonder aus der Welt der Spezialeffekte.

#2: «Mary Poppins»
Ein sehr starker Auftakt für «Requisiten», der den nischig-lehrreichen Aspekt und die emotionale Komponente gekonnt vereint und zudem einen stringenten roten Faden aufweist: Diese Episode dreht sich darum, dass Filmarchivierung erst seit einigen Jahren wirklich groß geschrieben wird, und daher nur wenige Schätze aus der «Mary Poppins»-Produktion überlebt haben. Lanigan sucht verbliebene Ware, es geht um Restaurierung und das Erstellen von Replikas – und nebenher führt er berührende Gespräche mit Film- und Disney-Legenden. Zudem wird Walt Disneys Büro besichtigt – das ist die Art Inhalt, für die Disney+ wie gemacht ist.

#1: «Muppet Movie»
Die «Mary Poppins»-Episode, nur noch größer: Dan Lanigan enthüllt einige der größten Geheimnisse hinter der tricktechnisch herausfordernden «Muppet Movie»-Produktion, jagt verbliebenen Schätzen dieses Kultfilms hinterher und hat derweil zahlreiche kurzweilige Begegnungen, bei denen man zuweilen auch einen Kloß im Hals haben darf. Wer hätte gedacht, dass ein simples Schild Erwachsene zu Tränen rühren kann? Die «Muppet Movie»-Folge von «Requisiten» zeigt, wie es dazu kommen kann.

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