Die Kritiker

«Lotte Jäger und die Tote im Dorf»

von   |  1 Kommentar

Eine Kommissarin mit Angststörungen ermittelt sich durch ein konspirativ verschwiegenes Hinterwäldlerdorf. Das ließe sich tiefsinniger erzählen als mit «Lotte Jäger»...

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Silke Bodenbender als Lotte Jäger
Sebastian Hülk als Kurt Schaake
Alexander Hörbe als Kurt Holler
Hansjürgen Hürrig als Konrad Dahlke
Christoph Letkowski als Florian Grasso
Veronika Nowag-Jones als Mutter Riebe
Hans Klima als Hans Breth

Hinter der Kamera:
Produktion: Ufa Fiction GmbH
Drehbuch: Rolf Basedow
Regie: Franziska Meletzky
Kamera: Bella Halben
Produzenten: Joachim Kosack und Karoline Griebner
Vor siebzehn Jahren ist in einem brandenburgischen Dorf eine junge Frau ermordet worden. Die Potsdamer Mordkommission ist bis heute ratlos, auch wenn sich der Täterkreis auf ein paar junge Männer eingrenzen ließ. Doch die verschworene Dorfgemeinschaft hielt dicht, bis heute.

Nun ist ein Video bei der Polizei eingegangen, das am Tatabend anlässlich eines bierseligen Gelages nach dem Aufstieg der örtlichen Fußballmannschaft entstanden war. Mit diesem „neuen“ Material und jeder Menge uralten Fotos ließen sich vielleicht neue Indizien finden – und möglicherweise, hofft zumindest der milde, gutväterliche Beamte a.D., der die Ermittlungen damals geleitet hat, kann Lotte Jägers (Silke Bodenbender) frischer Blick schließlich den Täter überführen.

Lotte Jäger macht sich also auf in die Provinz des Ostens, zu verstockten, schweigsamen, gerne betont hinterwäldlerisch gehaltenen Tölpeln und Tunichtguten. Dahin nimmt sie auch ihren persönlichen emotionalen Ballast mit, insbesondere ihre Angststörungen und Panikattacken, wegen derer sie schon einmal geistesabwesend über Weiden torkelt und sich dann nicht mehr erinnern kann, wie sie so weit vom Kurs abgekommen ist.

Im abgewirtschafteten Ort unterbleibt jede nennenswerte Begrüßung; man begegnet ihr stattdessen mit der zur Karikatur von Dorfkrimis gewordenen Kombination aus ablehnender Schweigsamkeit und abschätzigen Blicken. Nach außen lässt Lotte sich davon nicht beeindrucken und verschafft sich vielmehr durch betont einfühlsames Zureden Zutritt zu alten Kinderzimmern und den leicht abgeranzten Küchen in die Jahre gekommener Gastwirtschaften, um nach sechzehn Jahren endlich Ergebnisse liefern zu können.

Wer einmal mit wachem Auge durch einen Roman von Thomas Bernhard geblättert hat, der weiß, wie pointiert und haltungsvoll sich die Niederungen der deutschsprachigen Provinz, des geistigen Hinterweltlertums und der inzestuösen Abschottung beschreiben lassen. Nichts davon findet sich dagegen in «Lotte Jäger und die Tote im Dorf», die die ländliche Schroffheit, Forschheit und Engstirnigkeit als penetranten Selbstzweck inszeniert, anstatt von ihr ausgehend ein tiefgreifendes Portrait von diesem Sujet, diesem Ort und der dortigen Lebenshaltung zeichnen zu wollen.

Ebenso missfällt die inkonsequente Zeichnung der Hauptfigur, die unaufhörlich zwischen übertriebener bürokratischer Kraftmeierei, zur Schau gestellter Gewitztheit und emotionaler Hilflosigkeit mäandrieren muss, woraus sich eben kein vielschichtiges, in sich stimmiges, sondern ein seltsam widersprüchliches Bild ergibt, das eher um vermeintliche Zuschauererwartungen herumgeschrieben scheint: Lotte Jäger soll sich in ihrer Rolle sicher sein und Stärke ausstrahlen, gleichzeitig aber seltsam mädchenhaft verletzlich bleiben, aus Gründen, die psychologisch nur oberflächlich und rudimentär vorgestellt werden. Wichtiger als erzählerische Kohärenz schienen möglichst viele Ansätze zum Menscheln und Identifizieren zu sein. Über das Niveau eines tumben Mitknobelkrimis kommt «Lotte Jäger und die Tote im Dorf» deshalb nicht hinaus.

Das ZDF zeigt «Lotte Jäger und die Tote im Dorf» am Montag, den 3. September um 20.15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/103472
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Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
Sentinel2003
02.09.2018 09:55 Uhr 1
Ich Sehe Silke Bodenbender total gerne, also, wird der Film auch geguckt.
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