Die Kritiker

«Champions der Charts»: Die harte Fabrikarbeit namens Popmusik

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Wie entsteht in der heutigen Musikära eigentlich Popmusik? Das ZDF geht dem in einer neuen Dokumentation auf den Grund …


Hinter den Kulissen

  • Autorin: Katarina Schickling
  • Kamera: Oliver Biebl
  • Schnitt: Christian Bobsien
  • Produzentin: Dagmar Biller
  • Redaktion: Susanne Becker, Holger Faber
  • Eine ZDF-Auftragsproduktion der Tangram International GmbH, München
Wie viel Arbeit steckt eigentlich in einem Hitsong? Und welche Frage sich mindestens ebenso sehr aufdrängt: Wie viele Arbeiter braucht es, um einen Hitsong zu produzieren? Die neue ZDF-Dokumentation «Champions der Charts» befasst sich mit exakt diesem Thema und blickt hinter die industriellen Kulissen der Musikszene. In der Doku kommen unter anderem Wolfgang Niedecken, Clueso, Die Fantastischen Vier, Leslie Mandoki, Gestört aber Geil, Marie Bothmer sowie Ingo Politz und John Seabrook sowie Musikjournalist Markus Kavka zu Wort.

Diese Gästeliste sorgt für ein breites Themenspektrum innerhalb der Interviews: Während die Fantastischen Vier unter anderem auf die Entwicklungen innerhalb der Musikszene eingehen, die sie innerhalb ihrer Karriere beobachten konnten, erzählt Newcomerin Marie Bothmer davon, wie hart sie für ihren Einstieg ins Business gekämpft hat.

Darüber hinaus befasst sich «Champions der Charts» mit dem teils sehr unpersönlichen Entstehungsprozess aktueller Hitsongs: Wie groß ist der Einfluss des genannten Interpreten und wie groß der ihrer Produzenten? Wie sehr haben manche Künstler von Anfang an den möglichen Erfolg ihrer Lieder im Hintersinn? Und wieso sind heute die instrumentalen Intros von Songs in der Popmusik so viel kürzer als in den 1980er-Jahren? In diesem Zusammenhang wird auch auf Songwriting-Sessions eingegangen, bei denen bekannte wie weniger bekannte Profis aus dem Musikgeschäft fremde Songs aufpolieren.

Die Doku lässt dabei mehrere Seiten zu Wort kommen. Während DJ Felix Jaehn eher stolz zurückblickt, dass im Studio der Song 'Cheerleader' nahezu komplett umgeschrieben wurde, rümpft Wolfgang Niedecken von BAP über eine solche Arbeitsweise die Nase und trauert vergangenen Zeiten hinterher: "Meine Generation, die in den 60er Jahren ihre Jugend verbracht hat, wir haben instinktiv begriffen, dass das plötzlich mit den Beatles, mit den Stones, mit den Kings, mit Bob Dylan auf einmal andere Künstler waren. Dass das keine Fließbandkünstler waren, sondern Leute, die ihr Innerstes nach außen gestülpt haben und sich ihre Sachen von der Seele gesungen haben, was dann auch wirklich authentisch war. Und das hat den Erfolg dann auch mit ausgemacht."

Leslie Mandoki wiederum relativiert und befindet schlicht: "Wichtig ist am Ende doch vor allem, ob ein Song seine Hörer erreicht." Kritischere Töne schlägt «Champions der Charts» dagegen an, wenn es um den Umgang mit den Künstlern geht: Journalist John Seabrook klagt an, dass sich die großen Plattenfirmen kaum noch darum sorgen, Talente dauerhaft aufzubauen. Stattdessen ginge es nur noch um den schnellen Profit – wer langfristig in dem Musiksektor überleben will, muss neben Kampfeswillen auch Einzigartigkeit mitbringen, so die These.

Als Hindernis stehen dahingehend allerdings die Algorithmen von Musik-Streamingplattformen wie Spotify im Weg, die Einmaligkeit hinfort bügeln. Zu diesem Thema meldet sich nicht nur Markus Kavka kritisch zu Wort, «Champions der Charts» schneidet außerdem an, wie bei Spotify eine geplante Single von Marie Bothmer erst einmal auf Hitpotential überprüft wird. Nach der 3sat-Dokumentation «Der Preis der Anna Lena Schnabel» über die Doppelzüngigkeit rund um den Echo Jazz und den hervorragenden Deutschlandfunk-Beitrag zur Pop-Fabrik haben kritisch denkende Musikinteressierte nun also eine kleine Trilogie zum Thema Musik-Geschäft vorliegen. Die kritische Schärfe und den Erkenntnisreichtum der beiden "Vorgänger" kann «Champions der Charts» jedoch nicht gänzlich wiederholen.

«Champions der Charts» ist am Freitag, den 24. August 2018, um 23 Uhr im ZDF zu sehen.

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