Die Kritiker

«Herz über Kopf»

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Eine Crimenovela für den Nachmittag. Kathi ist auf der Suche nach ihrem seit zwei Jahren verschwundenen Mann, als plötzlich ein mysteriöser Retter in ihr Leben tritt - sehr zum Missfallen ihres Sohnes. Daraus entspinnt sich eine besondere Liebesgeschichte. Mit TFS - The Fiction Syndicate tritt mit «Herz über Kopf» auch eine neue Produktionsfirma auf, eine Schwesterfirma der filmpool Entertainment. Manuel Weis schätzt Stärken und Schwächen der neuen RTL-Daily ein.

Cast & Crew

  • Darsteller: Felix Maximilian als Robert Gerlach/Daniel Sellier als Manuel Bender/ Sarah Mangione als Sonja Richter/ Tanja Tischewitsch als Gina Bartel/ Sarah Buchholzer als Marie Bender / Alexander Vukomanovic als Kai Bender / Roberto Thoenelt als Simon Jäckel/ Marie Noé als Melani "Melli" Gerlach/ Claudia Hein als Victoria Hagen / Mandy Neidig als Kathi Bender
  • Produzent: Vittorio Valente
  • Produktion: TFS - The Fiction Syndicate
  • Producerin: Diana Benzien
  • Regie: Klaus Witting und Weitere
  • Head-Autorin: Nina Blum
  • Redaktion RTL: Christina Pachutzk
  • Executive Producerin RTL: Christiane Ghosh
RTL nimmt einen weiteren Anlauf in Sachen vierter täglicher Soap: Ab dem 19. August ist bei TV Now (und ab dem 26. August linear bei RTL) eine neue tägliche Crimenovela von filmpool-Schwester The Fiction Syndicate zu sehen. Die Serie «Herz über Kopf» tritt bei RTL die Nachfolge des nach 159 Folgen beendeten Nachmittags-Formats «Freundinnen – Jetzt erst recht» an. Es sind ein paar Informationen über den Vorgänger nötig, um zu verstehen, warum die neue Daily so aufgestellt ist, wie sie es ist. «Freundinnen», das per se das Leben von vier Mädels in bestem Alter begleitete und diese vier laut Kernidee beim nachmittäglichen Kaffeekränzchen in einem Bistro filmte, dürfte am Ende als eine zu seichte und mit zu wenigen Fallhöhen ausgestattete Serie in die Historie eingehen.

Was wir haben


Diesen Fehler macht der Neustart nun ausdrücklich nicht. Unter Verweis auf das in Südamerika zur Zeit boomende Genre der Crimenovela soll sich eine Krimigeschichte durch alle geplanten 180 Folgen der Serie ziehen. Und dennoch wird nicht auf ganz klassische Soap-Motive verzichtet. Ankerpunkt der neuen Serie ist die von Mandy Neidig gespielte Kathi, eine inzwischen allein erziehende Mutter zweier Teenager. Der jüngste Sohn Kai sitzt im Rollstuhl. Ihr Vater, das ist das, was Kathi weiß, hatte sich via Telefon für ein paar Tage abgemeldet und ist seit dem seit zwei Jahren verschwunden. Um den Kindern den Trennungsschmerz zu lindern, schickt Kathi selbst gebastelte E-Mails, aus denen hervorgeht, dass Papa Manuel auf Hilfsmission in Afrika ist. Eine Wendung nimmt das Leben der kleinen Familie, als Kathi einen schweren Autounfall baut und dringend Hilfe braucht.

Was sie nicht weiß: Längst wird sie von Polizisten beschattet, die hoffen, über sie an Infos von Manuel heranzukommen. In die Schuldenfalle getappt, ließ dieser sich vor zwei Jahren nämlich zu einem spektakulären Raub hinreißen, ein Polizist starb (natürlich der Vater des jetzigen Ermittlers) und Manuel musste untertauchen. Männlicher Hauptpart der Serie ist der von Felix Maximilian gespielte Kommissar Robert, dem Kathi plötzlich außergewöhnlich gut gefällt, der aber auch seine Chance sieht, nun noch besser an sie heranzukommen. Robert also rettet sie und ihre Familie aus dem brennenden Fahrzeug – und hier beginnt dann auch die Liebesgeschichte.

Was wir brauchen


Es ist offenkundig: Die Macher von TFS haben sich jüngste Soap-Versuche von RTL auf dem Slot um 17 Uhr und wohl auch von der Konkurrenz sehr genau angeschaut. Und sie scheinen Schwächen ausgemacht zu haben, die sie auf keinen Fall wiederholen wollten. Während «Freundinnen» thematisch ohne festen Kern auskam und so teils den Eindruck hinterließ, etwas umherzutreiben, ist die Prämisse der neuen Serie nach der ersten halben Stunde klar. Es geht um Kathi, es geht um den Fall, es geht um eine problematische Liebe und es geht in letzter Konsequenz auch um ein Liebesdreieck. Das ist das Serienversprechen; Ende wohl offen. Erorbert der Polizist das Herz oder schafft es Manuel, doch wieder zu seiner Familie zurückzufinden?

Anders als etwa der Sat.1-Flop «Alles oder Nichts» verliert sich die Serie zu Beginn nicht in überbordenden Konflikten, zeigt aber dennoch deutlich innere Spannungen auf – etwa als Sohn Kai erfährt, dass seine Mutter jetzt plötzlich einen neuen Mann datet. Anders als «Alles oder Nichts» und der zurückliegende 17-Uhr-Serien-Versuch von filmpool, «Berlin Models», setzt der Neustart nun auf nahbarere Themen. Die neue Geschichte spielt nicht in einer Modewelt oder im Umfeld eines riesigen Immobilienbusiness, sondern erzählt den Alltag einer fast normalen Familie. Das spiegelt sich auch in den Sets wieder. Gedreht wurde mit mehreren Kameras on location – Schauplätze sind neben der Wohnung von Kathi Bender und deren Kindern natürlich das Kommissariat, ein Schönheitssalon, ein Bistro und Köln plus Umland.

Erzählt wird der innere Konflikt zu Beginn hauptsächlich aus der Perspektive der Zurückgelassenen, der flüchtige Manuel wird erst in den weiteren Folgen sorgsam eingeführt; und in der Serie genug Raum bekommen. Diese Entscheidung ist nicht ohne Risiko, entsteht doch in der Auftaktwoche zunächst der Eindruck, vor allem die Perspektive der vermeintlichen Opfer zu beleuchten. Angesichts der anvisierten Zielgruppe der Frauen im besten Alter dürfte das letztlich aber eine Entscheidung der Vernunft gewesen zu sein und auch dem Ziel dienen, nicht gleich das komplette Pulver zu verschießen. Manuel bleibt nämlich zunächst ein Rätsel – und das ist auch gut so.

Schließlich gilt es, die Geschichte über 180 Episoden zu strecken – und das im besten Fall auch sinnvoll. Zumindest direkt zu Beginn ist schwer vorstellbar, dass sich die Grundkonstellation dermaßen ausdehnen lässt. Gleichzeitig bietet das aber den Machern die Chance, im Laufe der Zeit noch positiv zu überraschen.

Was runder sein könnte


Vom Aufbau her ist «Herz über Kopf» sehr klassisch angelegt. Die ersten Ausgaben fokussieren sich fast vollständig, aber mit der Zeit leicht abnehmend, auf Figur Kathi. Leider geriet diese in der Figurenzeichnung ebenfalls recht klassisch. Kathi, Kölnerin mit Berliner Dialekt, gehört wie viele vor ihr dem Typ „Harte Schale, weicher Kern“ an. Sie sehnt sich nach Liebe und Unterstützung, hat in gleichem Maße aber auch Berührungsängste. Ähnlich abgenutzte Rollenprofile finden sich auch im Polizeirevier, das unweigerlich übrigens Erinnerungen an alte filmpool-Nachmittags-Klassiker wie «Niedrig & Kuhnt» weckt. Neben Robert gibt es dort natürlich den etwas ruppigeren und uneinfühlsameren Kollegen, stark gespielt von Roberto Thoenelt, und – wie soll es anders sein – die „sexy Staatsanwältin“ (gespielt von Claudia Hein), die dadurch, dass sie ein Auge auf Robert geworfen hat, zur doppelten Antagonistin von Kathi wird. Diese Rollenprofile sind am naheliegendsten, einfachsten und somit auch risikoärmsten.

Der große Wow-Effekt aber bleibt aus. Und über die Frage, ob es genau einen solchen bräuchte, um ein durchschlagender Hit zu werden, streiten sich die Gemüter. Zu viele Soap-Flops säumen den Weg der Privatsender; abseits der schon genannten, funktionierten jüngst auch eine weitere Städte-Soap aus Leipzig bei RTL II nicht, etwas weiter zurück liegt der Versuch von Sat.1 eine Patchwork-Soap am Vorabend zu etablieren. So bleibt es dabei, dass die letzten Daily-Hits vor weit über zehn Jahren etabliert wurden – mit ähnlich klarer Grundstruktur wie dieser Neustart, aber wohl mit noch ausgefallener Prämisse: «Anna und die Liebe» über die extrem schüchterne Anna, die ihren Schwarm nicht einmal ansprechen kann und eben «Verliebt in Berlin» rund um das „hässliche Entlein“ Lisa, das in der Modewelt Fuß fassen will.

Genau an diesen Formaten, die nachträglich betrachtet die meiste Zeit über Quotenhits waren, muss sich «Herz über Kopf» messen. Verpackt wurde all das in eine Optik, die irgendwo zwischen «GZSZ» und «Berlin – Tag & Nacht» anzusiedeln ist. Das, was filmpool einst bei «Berlin Models» versuchte, haben erfahrene Soap-Leute wie Regisseur Klaus Witting (lange für «Alles was zählt» tätig) oder Head-Autorin Nina Blum (ebenfalls von der Eislauf-Soap kommend) bestens verpackt. Der Mix aus Außen- und Innendrehs ist ausgewogen, die Wohn-Sets passen optisch und bieten einen schicken, aber nicht zu eleganten Stil.

Was unter dem Strich steht


Was bleibt, ist ein RTL-Neustart, der einen grundsoliden Eindruck hinterlässt, aber zumindest zu Beginn nicht vollends fesselt. Dafür fehlen die ganz außergewöhnlichen Charaktere, das Unerwartete und der Glaube, dass die 180 Teile lange Reise mit wirklich besonderen Erlebnissen gespickt sein wird. Für das Format selbst wird es jedenfalls eine spannende Reise, denn zweifelsfrei spricht rein aus der historischen Perspektive einiges gegen einen durchschlagenden Erfolg.

Die 180-teilige Staffel von «Herz über Kopf» startet bei RTL am Montag, 26. August 2019 um 17 Uhr. TVNow bietet seinen Premium-Kunden alle Folgen immer sieben Tage vorab an. Auch hier startet die Geschichte am 26. August..

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Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
Familie Tschiep
26.08.2019 17:17 Uhr 1
Es macht Fehler von Freundinnen nicht, es setzt nicht auf eine zu enge Zielgruppe und es legt Wert auf Spannung, Spannung ist die einzige Möglichkeit, um Zuschauer zu gewinnen, für Humor braucht es extreme Drehbucharbeit. Die Serie könnte sich entwickeln. Ich hoffe, man belässt es bei den 180 Folgen und entwickelt eine weitere Crimenovela, wenn die Sache erfolgreich ist.



Ich bin gespannt, wie es sich entwickelt.
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