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«Die Puppenspieler»-Regisseur Rainer Kaufmann: 'Die Aufgabe war, den Roman auf 180 Filmminuten zu kürzen, ohne ihn zu entstellen'

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Für Rainer Kaufmann war «Die Puppenspieler» eines der schwierigsten Projekte in seiner rund drei Jahrzehnte überdauernden Karriere. Quotenmeter.de erklärt er, weshalb …

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Einen Film zu drehen ist so, als begäbe man sich auf Expedition. Man möchte gemeinsam ein Ziel erreichen, dafür muss man sich gut vorbereiten, trainieren, Proviant einpacken, schließlich zusammen losziehen und versuchen das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.
Rainer Kaufmann
Wie war es für Sie, als «Die Puppenspieler» endlich fertig wurde? War es für Sie eher so, dass Sie es genießen konnten, das lang vorbereitete Projekt anzugehen, oder war es mehr ein "So, lasst uns das einfach endlich hinter uns bringen …"
Ich finde, dass hier beide Varianten zu treffen. In diesen zehn Jahren habe ich 15 oder gar 20 andere Filme gedreht. Und in dieser ganzen Zeit konnte ich die Konzentration, die so ein Film wie «Die Puppenspieler» benötigt, nicht durchweg aufrecht erhalten. Ich musste mich den jeweils anderen Projekten hundertprozentig zuwenden, und es war nicht immer leicht, nach Beendigung eines Films wieder zu dem Lieblingsprojekt «Die Puppenspieler» zurückzukehren.

Es wurde auch zunehmend schwieriger, als Team wieder zusammenzufinden – von Anfang an stand schon die Konstellation aus Produktion, Drehbuchautoren und mir als Regisseur fest, ein Szenenbildner und eine Kostümbildnerin waren auch schon angefragt. Sich immer wieder neu zu sortieren, wurde zu einer Herausforderung, die es zu bewältigen galt. Einen Film zu machen ist ja so ähnlich, wie in eine Schlacht zu ziehen – auch wenn ich die Metapher nicht mag.

Sie wären aber längst nicht der Erste, der sie verwendet.
Dennoch, sie hat etwas Zerstörerisches an sich. Sagen wir lieber: Einen Film zu drehen ist so, als begäbe man sich auf Expedition. Man möchte gemeinsam ein Ziel erreichen, dafür muss man sich gut vorbereiten, trainieren, Proviant einpacken, schließlich zusammen losziehen und versuchen das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Mehr als zehn Jahre Entwicklungszeit sind ermüdend, sein Team beisammen zu halten und innerhalb des Teams dann, wenn es an der Zeit ist, sich auf diese Expedition zu konzentrieren und dennoch flexibel zu bleiben. Wir haben diesen Klotz an Arbeit und Mühe auf uns genommen, weil wir unbedingt «Die Puppenspieler» verfilmen wollte. Es war sicher mit das schwierigste Projekt, das ich mir vorgenommen habe.


Das war ein sehr kritischer Punkt: Die ganze Warterei und das ewige Verschieben des Films haben mich so enorm gefrustet. Also haben wir uns mit allen Heads of Department zusammengesetzt und gesagt: "Wir müssen jetzt ein letztes mal aber diesmal radikal ausrechnen, wie wir den Film so günstig wie möglich machen können, ohne dass er dadurch schlecht wird." Alle wussten, sie müssen nach Lösungen suchen, die die Kosten senken ohne die Opulenz des Vorhabens aufzugeben.
Rainer Kaufmann
Wie kam es denn nach der langen Wartezeit dazu, dass sozusagen der gordische Knoten geplatzt ist?
Das war ein sehr kritischer Punkt: Die ganze Warterei und das ewige Verschieben des Films haben mich so enorm gefrustet. Also haben wir uns mit allen Heads of Department zusammengesetzt und gesagt: "Wir müssen jetzt ein letztes mal aber diesmal radikal ausrechnen, wie wir den Film so günstig wie möglich machen können, ohne dass er dadurch schlecht wird." Alle wussten, sie müssen nach Lösungen suchen, die die Kosten senken ohne die Opulenz des Vorhabens aufzugeben.

Als die Zahlen auf den Tisch kamen, waren wir immer noch Weit über dem Budget. Wir haben «Die Puppenspieler» dann trotzdem gemacht. Auch wenn sich das angefühlt hat, wie viel zu enge Kleidung tragen, haben wir das Richtige gemacht.

War es frustrierend, nach so langem Warten solche Kompromisse einzugehen?
Nein. Es hat dennoch Spaß gemacht, und ich finde, dass man dem Film die finanziellen Einschränkungen nicht anmerkt. Sowas kann und darf man als Regisseur nicht verantworten.

Als Koch habe ich vielleicht nicht das Geld für die Zutaten des teuren Gerichts, aber ich kann ein preiswerteres so gut kochen, dass in dem Speisenden kein Gedanke an irgendein anderes Gericht aufkommt. Wenn ich allerdings versuche, das teure Gericht billiger zu machen wird man das schmecken. Da nützt es auch nichts wenn auf der Speisekarte steht „Wir hätten es besser gekonnt...“

Ich habe meine Vision von «Die Puppenspieler» verwirklicht – nicht meine Vision von vor zehn Jahren, sondern die, die sich mit den Produktionsmöglichkeiten imaginieren ließ.

Als Koch habe ich vielleicht nicht das Geld für die Zutaten des teuren Gerichts, aber ich kann ein preiswerteres so gut kochen, dass in dem Speisenden kein Gedanke an irgendein anderes Gericht aufkommt. Wenn ich allerdings versuche, das teure Gericht billiger zu machen wird man das schmecken. Da nützt es auch nichts wenn auf der Speisekarte steht „Wir hätten es besser gekonnt...“
Rainer Kaufmann
Sie sagten gerade über Filme, denen man ihre Einsparungen anmerkt: "Sowas kann und darf man als Regisseur nicht verantworten." Offenbar kann man das aber sehr wohl – es gibt immer wieder Filme, bei denen ich denke "Okay, da wollte jemand Budget X haben, bekam aber weniger Geld zur Verfügung gestellt, und nun hofft da wer, dass ich nicht merke, dass er/sie dennoch den ursprünglichen Plan durchzieht." Was sind ihre Überlegungen, die Sie anstellen, damit sowas bei Ihren Filmen nicht passiert?
Ich habe zunächst einmal das große Glück, mit unglaublich tollen Leuten zusammenzuarbeiten, die Leistungen auf Weltklasseniveau vollbringen. Klaus Eichhammer war nun schon bei 40 Filmen mein Kameramann. Szenenbildnerin Petra C. Heim hat mit ihrem Team wahre Wunder vollbracht, auch mit der tschechischen Crew, die noch dazu gestoßen ist. Und die wunderbare Kostümbildnerin Lucie Bates, die es geschafft hat all diese historische Figuren zum Leben zu erwecken. Das ist, denke ich, das Geheimnis: Wer sich als Regisseur mit den richtigen Leuten umgibt, die genau wissen, was sie tun, kann das Optimum aus der Geschichte und dem Budget herausholen, und dann sieht es nie so aus, als wäre man Kompromisse eingegangen.

Vielen Dank für das spannende Gespräch.
Der Zweiteiler «Die Puppenspieler» ist am 27. und 29. Dezember um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.

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