Sonntagsfragen

Jasmin Lord: 'Jedes Set war für mich eine Lernerfahrung'

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Die frühere «Verbotene Liebe»-Schauspielerin spricht über ihre neueste Regiearbeit, die Stimmung am Set von «Bullyparade – Der Film» und die Lektionen, die man von schlechten Regisseuren lernen kann.

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Auf einer Filmschule ergeben sich einfach ganz andere Möglichkeiten, um Filme zu machen. Es lassen sich Projekte anpacken, die draußen das zehnfache kosten würden und daher undenkbar wären – doch durch die Uni hat man tolle Studios, das beste Equipment und die Möglichkeit, mit anderen ambitionierten und talentierten Studenten zusammenzuarbeiten.
Jasmin Lord über Filmschulen
Sie sind mit 16 Jahren nach New York gegangen, um ein Schauspielstudium zu absolvieren und haben sich nach Ihrer Rückkehr nach Deutschland zunächst auf Schauspiel konzentriert– 2008 der Karrierebeginn mit «Verbotene Liebe», es folgten diverse Rollen, erst 2012 folgten erste Kurzfilm-Regiearbeiten. Hatte das Schauspiel für Sie zunächst einfach Priorität?
Meine Affinität zur Regie entstand während meines Studiums in New York. Da ich aber zu dem Zeitpunkt erst 17 Jahre alt war, konnte ich damit noch nicht so recht etwas anfangen. Zunächst habe ich kleine Dinge für mich selbst gedreht, etwa Reisedokus, wenn ich in Kolumbien war. Nach meinem Studium spielte ich direkt drei Jahre bei der täglichen Serie «Verbotene Liebe» mit. Erst danach, mit 21, fing ich richtig mit eigenen Kurzfilmen und Musikvideos an und belegte intensivere Regiekurse. Mit der Zeit merkte ich, wie sehr mich das inszenieren und Geschichte erzählen glücklich machte. Während der Dreharbeiten von «Vier gegen die Bank» ermutigte mich dann Wolfgang Peterson, noch mal Regie zu studieren. Und während der Dreharbeiten zu [[Bullyparade – Der Film] hatte ich dann die Aufnahmeprüfungen für die renommierte Filmakademie Baden-Württemberg. Ich habe sehr daran gezweifelt, dort aufgenommen zu werden, da es nur sehr wenige rein schaffen. Ich kann mich noch erinnern wie ich Bully von der einwöchigen Aufnahmeprüfung erzählt habe, und er mir gut zusprach. Irgendwie hat er mir Kraft gegeben und tatsächlich wurde ich am Ende aufgenommen.

Was war dafür ausschlaggebend?
Auf einer Filmschule ergeben sich einfach ganz andere Möglichkeiten, um Filme zu machen. Es lassen sich Projekte anpacken, die draußen das zehnfache kosten würden und daher undenkbar wären – doch durch die Uni hat man tolle Studios, das beste Equipment und die Möglichkeit, mit anderen ambitionierten und talentierten Studenten zusammenzuarbeiten. Man kann es in dieser Branche zwar auch als Quereinsteiger schaffen, aber ich bin sehr glücklich, diesen Weg gehen zu dürfen.

Da ja die ungleiche Verteilung zwischen Männern und Frauen in der Film- und Fernsehbranche ein viel debattiertes Thema ist, muss ich einfach fragen: Wie ist das Geschlechterverhältnis in den Kursen?
Das ist relativ gleich gewichtet. In meinem Kurs ist es sogar komplett ausgeglichen – drei Männer, drei Frauen. Das trifft nicht auf alle Kurse und Jahrgänge zu, mal gibt es einen Mann mehr oder eine Frau. Aber die Tendenz ist durchaus so, dass sich die Geschlechter im Studium noch die Waage halten. Im späteren Berufsleben ist dagegen ein starker Männerüberschuss gegeben. Auch das wandelt sich schleichend, trotzdem sind wir von einem Verhältnis 50/50 noch weit entfernt.

Die ARD führte ja deswegen beim «Tatort» eine Regie‐Frauenquote von 20 Prozent ein. Ist das die richtige Lösung?
Was denken Sie denn darüber?
Darum sollte es hier eigentlich nicht gehen (lacht) …
Ach, komm!

Es gibt Dinge, die sind in der Realität so packend, es wäre schade, sie durch die Fiktion zu filtern. Würde ich gerade nicht studieren, wäre ich jetzt bestimmt in Kolumbien und würde eine Doku über die aktuelle politische Zeitgeschichte drehen. und wie sie einzelne Charakterköpfe prägt.
Jasmin Lord
Na gut: Ich finde das albern. 20 Prozent, was ist das denn für eine Zahl? Völlig aus dem Lostopf gezogen. Das ist eine willkürliche Wischiwaschi-Lösung, die das Ungleichgewicht nicht behebt, aber nach außen hin suggeriert, man hätte sich ja redlich bemüht.
Ja, einerseits ist die Frauenquote gut, da sie die Redakteure dazu bringt, sich Frauen mal näher anzugucken und zu fördern, die sie bisher vielleicht einfach nicht bemerkt hätten. Andererseits ist es die Politisierung der Kunst … Ich weiß auch nicht, ob es auf lange Sicht das Problem behebt. Ich habe da gemischte Gefühle – und zu wenig Erfahrung. Fragen Sie mich doch in fünf, sechs Jahren noch mal. Ja ich weiß, eine doofe Antwort. (lacht)

Doofe Antwort, zur Rache eine doofe Frage. Nämlich den Klassiker: "Entscheide dich für eine Schublade!" Tendieren Sie eher dazu, Fiktion oder Dokumentationen zu inszenieren, wenn Sie nun einen einzigen Pfad einschlagen dürften?
Ich denke, dass ich eher zum Szenenischen tendieren würde. Ich liebe es, Geschichten zu schreiben, sie zu erzählen und vor allem die Arbeit mit Schauspielern macht mir unglaublichen Spaß. Dennoch, wenn mich eine echte Person oder ein besonderes Thema packt, würde ich mich auch immer wieder dafür entscheiden, eine Dokumentation zu drehen. Es gibt einfach immer wieder Geschichten oder Ereignisse, die mich inspirieren, bei denen ich denke: Das muss ich porträtieren, statt es szenisch/fiktiv zu bearbeiten. Es gibt Dinge, die sind in der Realität so packend, es wäre schade, sie durch die Fiktion zu filtern. Würde ich gerade nicht studieren, wäre ich jetzt bestimmt in Kolumbien und würde eine Doku über die aktuelle politische Zeitgeschichte drehen. und wie sie einzelne Charakterköpfe prägt. Also kurz gefasst, es wäre großartig, Beides machen zu können.

Ich ahne: Es zieht Sie als Regisseurin eher zu ernsteren, komplexen Themen?
Ja, absolut. Ich liebe es, dokumentarische oder szenische Porträts von komplexen, ungewöhnlichen Menschen im Kontext der Politik oder Zeitgeschichte zu zeichnen. Das reizt mich deswegen so sehr, weil wir alle als Einzelpersonen durch äußere Einflüsse geformt werden. Sich da packende Einzelschicksale zu nehmen und diese zu porträtieren, finde ich sehr faszinierend.

Achtung, gemeine Anschlussfrage: Dafür, dass Sie als Regisseurin das ernstere Fach vorziehen, ist Ihre Schauspielvita ziemlich seicht.
(lacht) Es ist leider so, dass man in der Schauspielerei nicht immer die freie Rollenauswahl hat, die man gern hätte. Wenn man jung ist, versucht man auch so viel wie möglich anzunehmen um besser zu werden. Für jeden einzelnen Job den ich hatte, bin ich jedoch sehr dankbar. Es hat mich finanziell unabhängig gemacht, teilweise hat es sogar meine Regieprojekte finanziert und ich konnte dadurch viele wunderbare Menschen kennen lernen. Abgesehen davon macht mir das Spielen ja auch großen Spaß. Ich fühle mich einfach hinter der Kamera etwas wohler, da ich letztendlich meine eigne Geschichte und somit meinen eigenen Film erzählen kann. Aber es ist auch sehr schön eine gut geschriebene Rolle spielen zu können und dabei an nichts "technisches" denken zu müssen.

In Kroatien habe ich beispielsweise neulich die Frau eines Nationalhelden gespielt und musste Tango tanzen, auf Bäume klettern, Weingläser zerbrechen, lachen, weinen, etc. Die Rolle hat so eine Vielfältigkeit gehabt und war somit auch der für mich magischste Dreh bisher als Schauspielerin.

Jedes Set bisher war für mich eine Lernerfahrung, auch wenn die Rolle mal nicht geglückt war, habe ich immer irgendwas davon mitgenommen. Auch von den verschiedenen Regisseuren konnte ich einiges lernen – und, ganz ehrlich: Am meisten lernt man von den schlechten, weil man da sieht, welche Regieanweisungen man besser nicht geben sollte.
Jasmin Lord
Was waren die größten Rückschläge, die Sie im Schauspiel durchgemacht haben?
Als ich noch jünger war, nahm mich jede Absage einer Rolle sehr mit. Doch seitdem ich angefangen habe, eigene Projekte umzusetzen, kann ich Absagen oder Rückschläge mit einer größeren Leichtigkeit begegnen. Jedes Set bisher war für mich eine Lernerfahrung, auch wenn die Rolle mal nicht geglückt war, habe ich immer irgendwas davon mitgenommen. Auch von den verschiedenen Regisseuren konnte ich einiges lernen – und, ganz ehrlich: Am meisten lernt man von den schlechten, weil man da sieht, welche Regieanweisungen man besser nicht geben sollte. (lacht)

Ich würde sagen, 70 Prozent meiner Projekte waren in einer guten Regiehand – über die anderen 30 Prozent an schlechten Erfahrungen gräme ich mich nicht. Die gehören einfach dazu, schließlich gibt es in jedem Beruf Tage, Kunden, Projekte, wo es hapert.

Der «Bullyparade»-Film gehört zu Ihren bislang größten Projekten– macht sich sowas auch am Set bemerkbar?
Es gab keinen Größenwahn oder künstlich erzeugten Leistungsdruck, wenn Sie das meinen. Die Arbeit mit Bully war für mich eine unglaublich tolle Erfahrung. Ich meine, die Arbeit als Regisseur ist schon unglaublich kraftraubend, aber er wechselte ja gleichzeitig noch vor die Kamera in die unterschiedlichsten Rollen. Und mit was für einer Präzision er vor und hinter der Kamera arbeitet, hat mich wirklich umgehauen.

Die Arbeit mit Bully war für mich eine unglaublich tolle Erfahrung. Ich meine, die Arbeit als Regisseur ist schon unglaublich kraftraubend, aber er wechselte ja gleichzeitig noch vor die Kamera in die unterschiedlichsten Rollen. Und mit was für einer Präzision er vor und hinter der Kamera arbeitet, hat mich wirklich umgehauen.
Jasmin Lord über Michael 'Bully' Herbig
Sie fallen ja genau in die Altersspanne jener, die mit Bully aufgewachsen sind. Trifft es denn auch bei Ihnen zu?
Ja, Bully ist für mich absoluter Kult! Seine Arbeit war für mich ein großer Bestandteil meiner Kindheit und Jugend – entsprechend große Augen habe ich gemacht, als ich erfahren habe, dass ich beim «Bullyparade»‐Film mitspiele. Das, was ich zu sehen bekam, habe ich immer verschlungen und es war toll, zu sehen, dass Bully genau so sympathisch und herzlich ist, wie ich ihn mir vorgestellt habe. Ein bisschen traurig war ich darüber, als ich hörte dass es sein letzter komödiantischer Film wäre. Ich hoffe, das überlegt er sich noch einmal. Mein Traum wäre es ihn irgendwann für meine eigenen Projekte zu gewinnen, aber das wird bestimmt noch etwas dauern. (lacht)

Worin würden Sie Bully casten?
Ich liebe ja Filme, die von tragischen Figuren handeln, aber mit einer Portion Humor erzählt sind. Wenn man so will, ist «The Happiest Man» ja auch solch ein Fall, halt nur im dokumentarischen Fach. Ein populäres Beispiel wäre vielleicht «Ziemlich beste Freunde», der mir sehr gefallen hat. Ich hoffe dass ich die Möglichkeit habe, genau solche Filme zu realisieren.

Besten Dank für das ausführliche und spannende Gespräch.

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