Die Kritiker

«Die Wracktaucher - Schätze der Nordsee»

von

Vom Spiel- zum Dokumentarfilm: «Kartoffelsalat»-Regisseur Michael David Pate begibt sich in «Die Wracktaucher» mit einer Handvoll passionierter Schätzesammler in die Nordsee.

Hinter den Kulissen

  • Mit: Andi Peters, Isi Peters, Nils Peters, Thomas Becker, Jan von Rahden, Ulli Restemeyer, Uli Baumhör, Siefried Bogoschefski, Ulli Möller
  • Mit der Stimme von: Ronald Nitschke
  • Redaktion & Schnitt: Michael David Pate
  • Produktion: Hauke Schlichting, Miguel A. Pate
  • Kamera: Florian Geiss
  • Produktionsleitung: Carina Brinkmann, Florian Schauer
  • Musik: Andrew Reich
Auf dem Meeresgrund der Deutschen Bucht liegen circa 4000 Wracks. Verstreut über die gesamte Nordsee dürften es sogar 50 000 sein. Die Schiffe ausfindig zu machen ist nicht leicht, doch der Aufwand lohnt sich mitunter: Einige hatten auf der Fahrt über das Meer wertvolle Fracht mit an Bord, darunter Gold, Silber, Rohstoffe oder Maschinenteile. Die Geschichte der gesunkenen Wasserfahrzeuge aufzuarbeiten, ist ebenfalls interessant - wie ein History-Puzzle mit vielen spannenden Details. Andreas Peters und sein Team wagen sich bei starker Strömung mit moderner Tauchausrüstung in die Tiefen des Ozeans vor…

Selbst von Rezensenten noch so positiv besprochene Dokumentationen haben ein Problem: Nur in den seltensten Fällen erreichen non-fiktive Filmproduktionen, egal ob in Kino oder Fernsehen, ein breites Publikum. Warum auch sollte sich ein mit dem Thema „Pferd“ nicht vertrauter Zuschauer einen Dokumentarfilm wie «Ungezähmt» anschauen, oder ein mit der heimischen Flora und Fauna nichts am Hut habender Filmkonsument Spaß an «Unsere Wildnis» haben? Doch nicht erst seit der gefeierten, aus dem Hause Disney stammenden Wild-Life-Doku «Die Wüste lebt» hat sich unter Dokumentarfilmern herumgesprochen, dass man sich auch per se nicht unbedingt allzu spektakulärer Stoff hervorragend an sein Publikum herantragen lässt, wenn man sich nicht bloß auf das Präsentieren von Zahlen und Fakten konzentriert, sondern die fachlich spezifische Thematik obendrein in einen spannenden Kontext bringt. So wurde aus «Ungezähmt» ein herzhaftes Western-Abenteuer, das ganz nebenbei Wissenswertes über Wildpferde-Populationen auf seinen Zuschauer losließ, während «Unsere Wildnis» ein gleichsam wachrüttelndes wie melancholisches Abbild unserer heutigen, vom Wesen Mensch geprägten Lebensumstände darstellte.

Unter diesem Gesichtspunkt gefällt es sehr, was der im Dokumentarfilmsektor debütierende Regisseur Michael David Pate (unter anderem bekannt für den umstrittenen YouTuber-Film «Kartoffelsalat») aus der in Kürze bei DMAX ausgestrahlten Taucher-Expedition «Die Wracktaucher – Schätze in der Nordsee» gemacht hat. Sein nicht einmal 45 Minuten dauernder Einblick in die Arbeit einer Handvoll Deutscher, die entweder aus Jux und Tollerei, oder tatsächlich hauptberuflich nach Wracks in der Nordsee tauchen, verzichtet weitestgehend auf trockene Informationsbeschallung des Zuschauers.

Ich habe dieses Projekt nicht aktiv gesucht, sondern es wurde mit von Hauke Schlichting, meinem Partner in der take25, vorgestellt. Ich hatte etwas Sorge, ob ich eine Doku hinbekomme, da ich eher auf Langfilm fixiert bin. Aber nach den drei Tagen auf See war ich zuversichtlich, daraus eine recht runde Story hinzubekommen.
Michael David Pate über das Projekt
Stattdessen punktet der visuell unspektakuläre Film durch seinen dadurch äußerst authentischen Einblick in dieses mitunter ziemlich gefährliche Berufsbild. Dass der Authentizität wegen darauf verzichtet wurde, dem Film eine künstliche Dramaturgie einzuverleiben, indem man etwa darauf wartet, besonders spektakuläre Ereignisse einzufangen, die sich später beliebig in den Handlungskontext einbetten lassen, macht «Die Wracktaucher» für Adrenalinjunkies möglicherweise nicht bombastisch genug. Wenn einer der Taucher plötzlich mit einem geplatzten Trommelfell zu kämpfen hat, ist das vermutlich gar das spektakulärste Ereignis, mit dem der Film auftrumpfen kann. Doch insbesondere durch die Interaktion der einzelnen Taucher, das fast beiläufig auf das Publikum übertragende Fachwissen sowie eine spürbare Euphorie aller Beteiligter der Thematik gegenüber gestalten «Die Wracktaucher» immer noch mitreißend und kurzweilig genug, um den Geschehnissen als Zuschauer gern folgen zu wollen.

Unter dem vollkommenen Verzicht auf spezielle Filter oder aufwändige Schnittarbeit, konzentrieren sich die Macher von «Die Wracktaucher» ganz auf das Thema selbst. Untermalt werden die mal über, mal unter Wasser eingefangenen Ereignisse von einem Voice-Over-Kommentar von Schauspieler Ronald Nitschke, der auch bereits in Pates vorherigen Produktionen «Gefällt mir» sowie «Kartoffelsalat» Rollen übernahm. Leider verspricht Nitschkes Duktus immer mal wieder mehr, als der Film bietet. Seine raue Stimme passt wie die Faust aufs Auge zu der aufgewühlten See im Norden, doch die fast ein wenig zu enthusiastisch vorgetragenen Texte beißen sich mit dem bodenständig-unaufgeregten Erscheinungsbild des Films selbst. Musikalisch bleibt «Die Wracktaucher» unauffällig mit Tendenz zum Understatement; eine Produktion wie diese hätte sicherlich auch auf Songs der Shantie-Band Santiano oder Ähnliches zurückgreifen können. Doch die Macher gehen es lieber subtiler an; Reminiszenzen an «Pirates of the Carribean» sind das Höchste der popkulturellen Gefühle.

Fazit


Was ich besonders an Doku faszinierend finde (zumindest wie ich sie nun erlebt habe): man muss sich darauf einlassen, dass sich die Geschichte vor der Kamera zu Ende schreibt. Ich kenne es nur, mit einem fertigen Drehbuch loszulegen. Und besonders spannend war bei diesem Projekt, dass wir mit einem groben Leitfaden aufs Meer gefahren sind, und der Rest geschah irgendwie von allein. Das war ziemlich spannend.
Michael David Pate über die Faszination Dokumentarfilm
Trotz Abzügen in der B-Note erweist sich die Dokumentation «Die Wracktaucher – Schätze der Nordsee» als kurzweiliger Einblick in die Arbeit leidenschaftlicher Wracktaucher, deren Euphorie den Film ebenso prägt, wie die betonte Bodenständigkeit in der Inszenierung. Durch die knackige, auf den Punkt gewählte Laufzeit von einer dreiviertel Stunde gibt es nahezu keinerlei Leerlauf, die Hauptfiguren sind kernige Kerle mit Ecken und Kanten und die Faszination fürs Tauchen springt so authentisch auf das Publikum über, dass man auch als mit der Materie nicht vertrauter Zuschauer nachvollziehen kann, weshalb die Männer all ihren Eifer in die Bergung alter Schiffe legen.

DMAX zeigt «Die Wracktaucher – Schätze der Nordsee» am 2. August um 22:15 Uhr in deutscher Erstausstrahlung.

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