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Telekom Basketball: Zwischen Anspruch und Möglichkeiten, mit und hinter Eishockey – Eine Bestandsaufnahme

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Seit zwei Jahren spielen die besten Basketballer Deutschlands bei der Telekom. Ein Verwertungsmodell, das nun Schule machen wird. Es stößt aber nicht überall auf Begeisterung, was die Quotenmeter-Recherche nicht einfacher gemacht hat.

Dass Basketball in Deutschland einmal zum großen Vorbild für andere Mannschaftssportarten reichen würde, wer hätte das schon gedacht? In Sachen Medienpartnerschaft ist das aber definitiv der Fall. Seit zwei Jahren sind alle Spiele der Beko Basketball Bundesliga (BBL) exklusiv bei der Telekom beheimatet. Der Telekommunikationsriese streamt alle Spiele für seine Kunden ohne zusätzliche Kosten und bietet zudem auch Abos für externe Interessenten an. Im klassischen TV, hier beim langjährigen Basketball-Sender Sport1, gibt es noch 40 Partien. Allerdings erfolgt die Auswahl der Free-TV-Spiele nicht ohne Restriktionen (siehe Infobox).

Beim Spartensender zeigt man sich recht zufrieden, hat den BBL-Vertrag erst vor wenigen Wochen um zwei weitere Jahre verlängert. Künftig will Sport1 vor allem am Freitagabend Live-Basketball zeigen. Mit den 47 Übertragungen der jüngst beendeten Saison generierte Sport1 im Schnitt rund 100.000 Zuschauer ab drei Jahren, was wieder zu 0,4 Prozent Marktanteil führte. Die Reichweite steigerte sich gegenüber der Saison 14/15 leicht um rund 10.000 Leute. Rückläufig war das Interesse jedoch bei den Männern im Alter von 14 bis 49 Jahren, wo die Quote auf 0,7 Prozent (-0,2 Punkte) zurückging.

Das muss Sport1 bei der Auswahl der TV-Spiele der BBL beachten

  • Sport1 darf 34 Hauptrundenspiele und 14 Play-Off-Spiele im Free-TV zeigen und übernimmt dabei die Bilder von Telekom Basketball
  • Während der Hauptrunde darf jeder Verein maximal acht Mal bei Sport1 spielen.
  • Von der Play-Off-Final-Runde darf Sport1 nur zwei der möglichen fünf Spiele zeigen und muss diese schon im Vorfeld festlegen. In diesem Sommer fiel die Wahl von Sport1 auf die zweite und fünfte Partie - die fünfte kam aber wegen eines Sweeps der Brose Baskets aus Bamberg gar nicht zustande.
  • Beim neuen Eishockey-Vertrag, so schreibt Sponsors soll es bessere Bedingungen geben. In den Best-Of-Five-Serien (mit max. 7 Spielen), wird Sport1 dann immer die ersten vier Aufeinandertreffen zeigen können.
Das einzige Play-Off-Finale bei Sport1 war unterdessen auf rund 250.000 Zuschauer ab drei Jahren gekommen. An den Finalzuschauerzahlen entbrannte jüngst aber doch ein Streit. Bambergs Mäzen und Aufsichtsratschef Michael Stoschek moserte über die Reichweiten, die seine Brose Baskets bei der Telekom im Finale erreicht hatten. 20.000 Zuschauer seien laut Stoschek inakzeptabel – „so kann man einen Sport nicht publik machen“. Experten hingegen hielten die 20.000 Zuschauer auf der Telekom Plattform hingegen für nicht wirklich schlecht – auf vergleichbarem Niveau bewegt sich auch die Handball-Champions League bei Sky, etwas drüber spielte der Premier League-Fußball zuletzt, als sie bei Sky zu sehen war.

Der Verein aus Bamberg wollte einen von Quotenmeter.de zugeschickten Fragenkatalog übrigens nicht beantworten – und auch zahlreiche andere BBL-Klubs verpassten sich einen Maulkorb. Man könnte annehmen, an einigen Standorten herrscht nicht die größte Zufriedenheit über die derzeitige Fernseh-Situation. Einen generellen Trend kann man daraus aber nicht ableiten. Marco Baldi, Geschäftsführer der Alba Berlin Basketball GmbH etwa, erklärte selbstbewusst: Man halte das von der Telekom geschnürte Paket, alle Spiele live und On-Demand, dazu in HD-Qualität, für hervorragend. „Auch die redaktionelle Begleitung hat Qualität“, sagt er. Das Angebot biete die Möglichkeit, dass der Basketballsport auf jedes Endgerät gelange – egal ob TV oder mobil. „Das ist ein Durchbruch.

Die Entwicklung ist positiv, auch wenn noch viel Luft nach oben ist“, sagt Baldi, der von einem Fortschritt spricht, aber auch betont, dass ein „klarer Fortschritt“ letztlich nur durch Nachhaltigkeit erzielt werden könne.

Und bei der Telekom hat man in diesen Tagen und Wochen nicht den Eindruck, als würde das Unternehmen die Lust am eingeschlagenen Weg verlieren. Ab Herbst stößt mit der Deutschen Eishockey Liga (DEL) eine weitere Sportart hinzu. Die Gerüchteküche sagt, dass die Handball-Bundesliga ab Sommer 2017 folgen wird. Dass das eine sinnvolle Symbiose werden kann, glaubt auch Berlins Marco Baldi. Im Bereich Basketball wird aktuell darüber nachgedacht, das jeweilige Topspiel der Woche mit einem höheren Produktionsaufwand zu versehen und somit auch optisch noch ansprechender zu gestalten. Eine Entscheidung darüber ist noch nicht gefallen, Baldi aber würde dies natürlich begrüßen.

Auf die Zuschauerzahlen in den Hallen direkt, hat das umfassende Telekom-Angebot derweil kaum einen Einfluss. In Berlin, sagt Baldi, seien die Ticket-Verkäufe in der zurückliegenden Saison in etwa so hoch wie zuvor. Ähnliches ist von anderen Standorten zu hören. Von Klagen kann da in etlichen Fällen nicht die Rede sein: Beispiel Neu-Ulm: Die dortige neugebaute Ratiopharm-Arena, in der die Ulmer Cracks ihre Spiele austragen, war bisher jedes Mal ausverkauft: Sie fasste zu Beginn 6.000 Zuschauer, wurde dann auf 6.200 aufgestockt. Ulm ist eine von drei Mannschaften, deren Zuschauerkapazität bei 100 Prozent liegt. Eine glänzende Leistung, findet auch Stefan Kümmritz, der als Sportredakteur der Neu-Ulmer Zeitung das Basketball-Fieber in der Region gut einschätzen kann. „Mit Sicherheit ist das Interesse am Basketball in Ulm und Neu-Ulm noch gestiegen, seitdem die Telekom alle Spiele live anbietet“, erklärt der Sportjournalist – nicht ohne anzufügen, dass man als Telekom-Kunde ja gar keine extra Gebühren zahlen muss, um die Spiele zu sehen.

Und auch sonst passiert im Basketball viel, um Liga und Spiele attraktiv zu machen. Nicht nur starke Leistungen Ulms, sondern auch ein Freiluftspiel auf dem Ulmer Münsterplatz hätten für positive Schlagzeilen gesorgt. Klar ist aber auch: Diese Meinung teilen nicht alle BBL-Standorte, wie sich durch die Quotenmeter-Recherche zeigte. Einige sehnen sich nach höheren Free-TV-Reichweiten, scheinen dabei aber zu vergessen, dass dies schon versucht wurde: Etwa als kabel eins Basketball-Rechte erwarb, den Versuch aber nach sehr niedrigen Zuschauerzahlen und Quoten wieder abbrach. Alles eitel Sonnenschein? Mit Sicherheit nicht. Gut, dass DEL und HBL weiter Bewegung in den Markt bringen – und spannend, was die Eishockey-Klubs der deutschen Eliteliga in ein oder zwei Jahren dann über ihre Zusammenarbeit mit dem Telekommunikationsanbieter sagen werden.

Potential bringen die Ligen ganz klar mit. BBL und DEL haben sogar eine ähnliche Vergangenheit. Beide waren früher im Pay-TV beheimatet. Die BBL vor über zehn Jahren bei Premiere, die DEL bis 2012 bei Premiere/Sky. Während die BBL dann zunächst ins Free-TV zu Sport1 wechselte, machte das deutsche Eishockey einen vier Jahre langen Abstecher zu Servus TV, wo die Zuschauerzahlen aber mit um die 120.000 pro Partie unter den Erwartungen blieben. In den Stadien aber gab es eine klare Tendenz nach oben. Gerade die modernen Arenen ziehen gewaltig. Spitzenreiter der vergangenen Saison war Berlin mit über 13.000 Besuchern. Im Schnitt lockt die DEL derzeit konstant rund 6400 Leute in die Eishallen – mehr als die BBL, die im Schnitt auf 4400 Zuseher kommt und somit was Besucher vor Ort an geht, in der Tat Schlusslicht dieser drei Ligen ist. Primus ist, freilich, die Bundesliga mit mehr als 40.000 Stadiongängern.

Die BBL also als Liga Nummer 4 bei der Hallenauslastung – doch Klagen können die Investoren und Gesellschafter auch dort nicht wirklich. Die durchschnittliche Hallen-Auslastung in der obersten Basketball-Liga liegt bei 85 Prozent, einzig die Löwen aus Braunschweig haben mit einer halb vollen Hütte noch wirklich Luft nach oben. Somit wird es allein von der Infrastruktur schwer, DEL und sogar HBL zu erreichen. Die HBL kam in der zurückliegenden Saison auf knapp 5000 Zuseher in den Hallen, nicht zuletzt auch des THW Kiels wegen, der als einziger Handball-Klub auf mehr als 10.000 Besucher pro Ligapartie kommt. Free-TV oder Pay-TV (oder beides) ist hier also bei Weitem nicht die einzige Schlüsselfrage. Events, sportliche Qualität und gutes Management in den Vereinen tun ihr Übriges dazu bei. Das müssten auch die Herren in Bamberg wissen. Ihre plumpe Argumentation, 20.000 TV-Zuschauer für ein Finale sind schwach, greift zu kurz.

Grundsätzliche Kritik aber ist nicht ganz falsch: Wie viele von 100 willkürlich auf der Straße gefragten könnten auf Anhieb sagen, wer kürzlich BBL-Meister wurde? Wer könnte drei oder mehr aktuelle BBL-Profis mit vollem Namen nennen? Und warum wäre die Zahl der richtigen Antworten in Städten, die keinen Klub in der BBL haben, nochmal viel niedriger? Und warum sollen diese Ergebnisse ausschließlich und generell immer dem TV-Partner, nicht aber eigenen Strukturen geschuldet sein? Ähnliches gilt sicher auch für Handball und Eishockey, also die Mannschaftssporten Deutschlands hinter dem Krösus Fußball, der ohne Frage in den vergangenen Jahren alle anderen Sportarten angeknabbert, wenn nicht gar gefressen hat. Das ist nun wahrlich kein Telekom-Problem, aber ein Ansatzpunkt, um sich – um in den Worten von Marco Baldi zu bleiben – nachhaltig um Fortschritte zu bemühen.

Insofern erscheint, nüchtern aus der Ferne betrachtet, ein medialer Zusammenschluss der drei Ligen auf einer Plattform, als sinnvoll. Nicht sinnvoll sind mediale Querschüsse und Ausbrüche – denn damit wird der Basketball-Sport nicht beliebter und vermutlich auch nicht bekannter.

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