Die Kino-Kritiker

«Dirty Grandpa»

von

Robert De Niro und Zac Efron unternehmen eine Spritztour, die so spröde ist, dass da auch zehn Liter Sonnenöl nicht mehr helfen.

Filmfacts «Dirty Grandpa»

  • Regie: Dan Mazer
  • Produktion: Bill Block, Jason Barrett, Barry Josephson, Michael Simkin
  • Drehbuch: John M. Philips
  • Darsteller: Robert De Niro, Zac Efron, Aubrey Plaza, Zoey Deutch, Julianne Hough, Dermot Mulroney, Jason Mantzoukas
  • Musik: Michael Andrews
  • Kamera: Eric Alan Edwards
  • Schnitt: Anne McCabe
  • Laufzeit: 102 Minuten
  • FSK: ab 12 Jahren
Mit der ausgefallenen Romantikkomöde «Das hält kein Jahr…!» verquickte Dan Mazer 2013 einen räudig-derben Sinn für Humor mit einer herzensguten, grundehrlichen Geschichte über die Suche nach dem passenden Lebenspartner. Heraus kam der beeindruckende Beweis, dass Rose Byrne zu den lustigsten Frauen gehört, die aktuell im Filmgeschäft tätig sind. «Dirty Grandpa», Mazers nächste Regiearbeit, versucht sich an einem ähnlichen Spagat: Auf der einen Seite ist die 11,5-Millionen-Dollar-Produktion eine Rüpelkomödie voller Sex-Witze und vulgärer Verbalsekapaden. Auf der anderen Seite handeln rare, eingestreute Szenen davon, dass ein eigensinniger Großvater seinem verklemmten, unter dem Pantoffel seiner herrischen Verlobten stehenden, Enkel vorzuführen versucht, wie ein selbstbestimmtes Leben aussieht. Und das bedeutet auch: Sex mit feschen Studentinnen.

Die Verschmelzung von hart und zart, die Mazer bei «Das hält kein Jahr…!» basierend auf einem eigenen Drehbuch gelungen ist, bleibt beim gleichermaßen anstrengenden wie anödenden «Dirty Grandpa» ein bloßer Wunschtraum: Nach einem Skript des Novizen John M. Philips lässt Mazer die lebende Schauspiellegende Robert De Niro und den charismatischen «We Are Your Friends»-Schönling Zac Efron durch eine uninspirierte Story stapfen, die voller humoristischer Rohrkrepierer ist. Ist es ein Brüller, wenn Opa Dick (De Niro) sich selbst befriedigt, während er einen Porno guckt, und sein Ekel Jason (Efron) gerade ins Zimmer tritt? Reicht es für einen Lachmuskelkater, wenn sich Dick gelegentlich an Jason heranschleicht und ihm seinen Daumen in den Hintern steckt? Ist es urkomisch, dass Jason widerwillig zum Karaoke geschleppt wird und dann mitten im Song auftaut (so wie einst bei «High School Musical»!) und er am Telefon andauernd von seiner Verlobten angekeift wird?

Es ist vielleicht denkbar, dass es Szenarien gibt, in denen die obigen Fragen allesamt mit „Ja“ beantwortet werden können. Humor entsteht schließlich aus dem Kontext heraus und ist unter anderem eine Frage des Überraschungsfaktors. Mazer und Philips machen allerdings sehr früh klar, dass Dick stets in die tiefsten, schmutzigsten Gefilde vordringt und Jason ein Spießer vor dem Herren ist. Sobald Dick das Hereinplatzen Jasons in seine Masturbationssession vollkommen lässig über sich ergehen lässt (und Mazer den „überraschenden“ Pornokonsum Dicks durch frühzeitig hörbare Stöhngeräusche vorwegnimmt), ist klar: Wenn Dick die Gelegenheit hat, einen Spruch unter der Gürtellinie abzulassen oder gegen jegliche Etikette zu verstoßen, so nutzt er sie. Damit kann Dicks Benehmen nur in den seltensten Fällen überraschen, was dem Gagfaktor wahrlich nicht gut zu Gesicht steht. Ebenso, wie sich die „Haha, Jason ist verklemmt!“-Pointen rasch abnutzen.

Noch schwerwiegender ist, dass sich «Dirty Grandpa» fast schon im Fünf-Minuten-Takt in Sequenzen verliert, bei denen der vermeintliche Witz allein dadurch besteht, dass Dick schmutzige Wörter in den Mund nimmt. Die Vokabeln „Ficken“, „Fotze“, „Pimmel“ und Co. allein sind aber nicht von sich heraus lustig, und ihr Schockfaktor sollte sich für Zuschauer, die nicht gerade wie Jason geraten sind, eher in Grenzen halten. So eintönig diese vermeintlichen Wortwitz-Passagen sind, so lästig wird «Dirty Grandpa», wenn Dick Schwule und Frauen beleidigt – wären Philips kreative, kesse Sprüche gelungen, ließen sich diese Momente, je nachdem wie Dicks Charakterisierung im Gesamtkontext bewertet wird, ja erdulden. Allerdings ist dies nicht der Fall: Dick poltert einfach vor sich hin, und fast so, als wollte der Drehbuchautor diese Monologe und Dialoge entschuldigen, folgt im letzten Akt eine fadenscheinige Erklärung, dass Dick ja eigentlich schon weiß, dass man so nicht reden sollte. Weshalb er sich nicht an seine Lektion hält, bleibt derweil ein Rätsel …

Durch diese Inkonsistenz wird die Titelfigur zum charakterlosen Spielball dessen, was die jeweiligen Szenen so gebrauchen könnten. Das wiederum führt dazu, dass die hölzern geschriebenen „emotionalen“ Szenen unehrlich erscheinen – und so zu schierem Ballast in einem Film werden, der eh kein narratives Momentum aufweist. Da hilft es auch nicht, dass De Niro der niedrigen Qualität des Skripts zum Trotz mit Esprit auftritt und Efron mit seinem respektablen Timing wenigstens die reinen Slapsticksequenzen halbwegs passabel hinter sich bringt. Denn das Hauptdarsteller-Doppel muss nicht nur gegen die die lieblose Aneinanderreihung der Rüpelgags anspielen, sondern auch gegen den trägen Schnitt von Anne McCabe.

Durch das stets erst wenige Sekunden nach dem Pointenhöhepunkt erfolgende Wechseln auf andere Einstellungen oder hin zu neuen Szenen macht «Dirty Grandpa» leider klar, wie selten die Leistung von guten Cuttern bei Komödien beachtet wird. Denn in gelungenen Komödien denken nur wenige Zuschauer über den Schnitt nach – bei dieser Produktion indes macht der Schnitt selbst die wenigen Treffer fast zugrunde. Ein einprägsames Beispiel ist die aus den Trailern und Spots bekannte Szene, in der ein halbnackter Jason am Strand von einem kleinen Jungen genervt wird: Was im Trailer den pointiert-derben Anschein erweckt, als würde Efrons Rolle das Kind missbrauchen, und durch die Diskrepanz zu Jasons unschuldigem Handeln durchaus zum Schmunzeln anregt, ist durch die lahme Umsetzung im Film witzlos.

Einzig und allein Jason Mantzoukas und Aubrey Plaza retten «Dirty Grandpa» davor, seine gesamte Laufzeit über eine Tortur darzustellen. Wohingegen die restlichen Nebendarsteller keinen Eindruck hinterlassen, ergötzt sich Plaza dermaßen an ihrer Rolle als notgeile, auf ältere Männer stehende Studentin, dass sich ein Hauch ihrer Spielfreude in sprühenden Witz verwandelt. Dabei hilft es, dass Plazas Sprüche, im Gegensatz zu De Niros, nicht nur aus Schmuddelwörtern bestehen, sondern auf albern-peppigen Sprachbildern basieren. Mantzoukas letztlich scheint wie aus einem anderen Film entliehen: Als verpeilter, stets bestens gelaunter Drogendealer, der keinerlei Gesetzen der Realität verpflichtet ist, bringt er eine dringend nötige, frische Prise in diesen klebrig-stinkenden Muff, der sich Komödie schimpft.

Fazit: «Dirty Grandpa» ist ungefähr so riskant wie ein Kaffeekränzchen im Seniorenheim und so lustig wie der Kater am Morgen nach einer ausgelassenen Strand-Party.

«Dirty Grandpa» ist ab dem 11. Februar in vielen deutschen Kinos zu sehen.

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