Popcorn & Rollenwechsel

Cinema Purgatorio – Woran Filmkritiker leiden

von

Als Filmkritiker sitzt man nicht rund um die Uhr im Kino und glotzt selbstzufrieden auf die Leinwand: Vier Mitglieder dieser cinephilen Zunft verraten, welche Ärgernisse sie in ihrer Tätigkeit plagen.

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Filmnärrin Antje Wessels, ihres Zeichens u.a. die hauseigene Quotenfrau von Quotenmeter.de
Mit der Geselligkeit unter Filmkritikern ist das so eine Sache. Gerade als selbstständige Journalistin hat man eigentlich nur bei den täglichen Pressevorführungen direkten Kontakt zu Kollegen. Es sei denn, man arbeitet in einer Redaktion unter vielen anderen, professionellen Filmguckern. Doch das ist die Seltenheit. Filmkritiker sind zumeist Eigenbrötler. Gerade meiner Wenigkeit kommt diese Arbeitsweise entgegen – ich bin von Natur aus ein Mensch, der gern sämtliche Fäden selbst in der Hand hält – es ist auch diese ganz spezielle Natur des Filmkritikers, weshalb ich nur mit den wenigsten meiner Zunft tatsächlich in Berührung kommen möchte. Dies hat mehrere Gründe.

Punkt eins: die Bequemlichkeit. Kein Berufszweig stöhnt schneller auf, wenn man zwischen zwei Filmvorführungen gefühlte 200 Meter vom einen zum anderen Kino fahren (nicht einmal laufen!) muss. Im Idealfall bringt der Filmverleih die zu besprechende Produktion ohnehin mittels Screener (also als DVD oder Online-Stream) in die eigenen vier Wände. Bloß nicht mehr bewegen, als nötig. Wie gut, dass es im Kino (noch) keine Stehplätze gibt.

Punkt zwei: das nicht vorhandene Pünktlichkeitsempfinden. Journalisten sind nicht pünktlich. Nie. Das ist Gesetz und bedarf keiner weiteren Erklärung. Wer sich dennoch selbst davon überzeugen möchte, der braucht nur einmal zehn Minuten nach offiziellem Filmbeginn ins Pressevorführungskino kommen und wird feststellen, dass der Film grundsätzlich noch nicht begonnen hat, da ein Großteil der schreibenden Zunft noch nicht eingetrudelt ist. Ist ja auch echt früh, so um zehn Uhr morgens.

Punkt drei: die Fehlerguckerei. Liebe Kollegen: Kritiker sein bedeutet nicht, einen Film auf Fehler abzuklopfen. Ihr schreibt Eure Rezensionen nicht für „die Kunst“ (meine Wenigkeit muss jedes Mal schmunzeln, wenn Kollegen felsenfest davon überzeugt sind, nicht für den Zuschauer, sondern die Kunst selbst zu schreiben), sondern für jene Leute, die möglicherweise vorhaben, sich Film xy im Kino anzusehen. Es bringt Niemandem etwas, wenn Ihr immer wieder beweist, wie anspruchsvoll Ihr in Eurem Filmgeschmack seid. Es bringt niemandem etwas, wenn Ihr Euch und Eure persönlichen Vorlieben als Maßstab nehmt. Fangt endlich an, im Sinne der Allgemeinheit zu denken und entfernt Euch aus Eurem sperrigen „nur Arthouse ist das wahre Kino“-Denken.

Gäbe es kein Unterhaltungskino, dann wäre die Filmbranche längst tot, weil der Massengeschmack auf Dauer nicht befriedigt wird. Dann würde sich vielleicht die vermeintliche Elite brav einmal die Woche in einem Programmkino treffen und sich selbst aufgrund des anspruchsvollen Filmgeschmacks auf die Schulter klopfen, doch die breite Zuschauerschaft würde in die Röhre schauen – und das Kino wäre dem Untergang geweiht.

Zu guter Letzt geht es passioniert zu! Denn auf der nächsten Seite steht ein nerviger Grundsatz im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, der die Filmkritik als solches plagt – und nur mit Leidenschaft überkommen werden kann!


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