Die Kritiker

«Just Married – Hochzeiten zwei»

von  |  Quelle: ARD (Inhaltsangabe)

Das Erste zeigt die besser nie gedrehte Fortsetzung eines Familienfilms mit Senta Berger und Friedrich von Thun.

Inhalt


«Just Married»: Hinter den Kulissen

  • Buch & Regie: Nikolai Müllerschön
  • Kamera: Bernd Neubauer
  • Szenenbild: Yvonne von Wallenberg
  • Kostümbild: Carola Raum
  • Musik: Benito Battiston, Dirk Reichardt
  • Ton: Albrecht Harms
  • Schnitt: Andrea Zondler
Bernhard und Claire haben immer nur gelebt, um zu arbeiten. Damit ist nun Schluss: Der Workaholic und Unternehmer kehrt seiner Flugzeug-Firma den Rücken, Claire verkauft ihre zeitraubende Gärtnerei. Doch das Leben in ihrem neuen Traumhaus, das mit Feng Shui und High-Tech ihren gegensätzlichen Charakteren gerecht wird, ist gewöhnungsbedürftig. Während die beiden sich tiefenentspannte Zweisamkeit vorgaukeln, glühen im Hintergrund längst wieder die Telefondrähte. Die profilierte Ökoaktivistin wird von Staatsminister Tannenberger für einen Posten im Umweltministerium umworben. Unterdessen folgt Bernhard heimlich dem Hilferuf seines Nachfolgers Ingo, der in der Firma mit technischen Problemen kämpft. Die Lärmwerte des neuen Triebwerks liegen weit über der zulässigen Norm.

Beseitigen könnte diese Schwierigkeit die Top-Ingenieurin Sophie. Leider befindet die sich ihrem Traummann Hans zuliebe auf einem rustikalen Motorradtrip, der sie zunehmend nervt. So kommt es ihr sehr gelegen, dass Ingo ihr Daten des Triebwerks per E-Mail nachsendet. Mit dem plötzlichen Verschwinden von Claires Mutter ist trotz guter Vorsätze wieder alles beim Alten, aber Hektik pur ist gar nicht so verkehrt …

Darsteller


Senta Berger («Frau Böhm sagt Nein») als Claire
Friedrich von Thun («Helen, Fred und Ted») als Bernhard
Lisa Martinek («Tatort: Blutgeld») als Sophie
Tim Bergmann («Rommel») als Ingo
Fritz Karl («Wer früher stirbt ist länger tot») als Hans
Bibiana Zeller («Die Spätzünder») als Erna
Heinz Baumann («Adelheid und ihre Mörder») als Kalle Berger

Kritik


Hätte diese Kritik das Ziel, die inhaltliche Relevanz und den Grad innovativer Narration von «Just Married – Hochzeiten zwei» in schriftlicher Form nachzustellen, wäre sie hiermit beendet. Diesem Produkt der Fernsehindustrie gelingt es, nahezu jeden Stereotyp öffentlich-rechtlicher Abendunterhaltung zu versinnbildlichen. Nicht einmal der Versuch, eine Handlung zu präsentieren, ist beim Betrachten des Films zu beobachten; die Erzählung ist offensichtlich aus den verstaubtesten Exponaten des deutschen Fernsehfilm-Gruselkabinetts zusammengesetzt. Den neunzig Minuten fehlt es dermaßen an Inspiration, dass sich selbst ein Goldfisch an früherer Produktionen erinnert fühlen dürfte.

Die ARD-Produktion ist die Fortsetzung des im vergangenen Herbst ausgestrahlten Films «Hochzeiten» – gedreht wurde Teil zwei bereits im Sommer 2012. Die Entscheidung, Cast und Crew noch einmal ans Set zu holen, hat also weniger mit der Begeisterung des Publikums für den Erstling zu tun, sondern vielmehr mit der öffentlich-rechtlichen Gewissheit, dass ein harmloser Streifen mit Senta Berger und Friedrich von Thun selbst dann seine (vornehmlich älteren) Zuschauer findet, wenn zeitgleich die Welt untergeht. Nikolai Müllerschön, 2008 verantwortlich für «Der Rote Baron», wirkte an «Just Married – Hochzeiten zwei» als Drehbuchautor und Regisseur in Personalunion. Dass er kaum als Kritikerliebling verschrien ist, mag die Ausgangslage der Produktion nicht unbedingt verbessert haben, doch versteht der Filmemacher generell sein Handwerk und schuf mit «Hochzeiten» ein Jahr zuvor durchaus brauchbare Fernsehunterhaltung. Die Fortsetzung scheitert am Fehlen neuer Ideen und dem aus jeder Szene schreienden Gedanken, dass man mit der Verpflichtung hervorragender Schauspieler vor allem dann nichts falsch machen kann, wenn man überhaupt nichts mit ihnen macht.

Mit Senta Berger und Friedrich von Thun, beide Schauspieler, deren darstellerische Bandbreite unbestritten sein dürfte, bestände die Möglichkeit, zu überraschen – sowohl das Publikum, als auch die Kritiker. Dass auch das überalterte Publikum der öffentlich-rechtlichen Hauptprogramme fähig ist, anspruchsvolleres zu konsumieren, beweisen andere Produktion zu Genüge. Die drei ohne jede Tiefe dahinhandelnden Generationen an Liebenden, die im Mittelpunkt des Films stehen, entsprechen dem nicht. Wenn es dann zum großen Finale im defekten Aufzug kommt, ist das Langeweile-Repertoire endgültig ausgeschöpft. Neben sprachlichen Floskeln und altbekannten Stilblüten des Genres (68er-Verweise, Frauen und Technik, …) besteht das Werk nur aus der Botschaft, dass man es auch miteinander aushalten kann, wenn keine deckungsgleiche Interessenlage vorherrscht und man hie und da verschiedener Meinung ist. Ganz nach dem scheinbaren Motto zahlreicher Fernsehfilme, demnach eine Handlung auf einen Bierdeckel zu passen hat, stolpern noch einige alte Liebschaften durchs Bild, um die Dramatik der Erzählung abzurunden.

Dass dabei keine Geschichte nach neunzig Minuten ein abgerundetes Ende findet, versteht sich von selbst. Vielmehr hat man nach der Sichtung das Gefühl, gerade drei Episoden «GZSZ» mit greisen Darstellern am Stück gesehen zu haben. Der Versuch, beispielsweise der Dreieckskonstellation zwischen Sophie, Ingo und Hans emotionale Tiefe zu geben, scheitert schon im Ansatz an platten Dialogen und sichtlich bemühten Gefühlsregungen, die direkt aus dem Lehrplan der Schauspielschulen abgeschrieben zu sein scheinen. Die technische Umsetzung des Films wurde von den Verantwortlichen hinter der Kamera derweil gemeistert, ohne für (negative wie positive) Überraschungen zu sorgen. Unzweifelhaft wird «Just Married – Hochzeiten zwei» sein ergrautes Publikum finden und Das Erste auch in Zukunft Talent darin beweisen, seinen Zuschauern neunzig Minuten Lebenszeit durch ähnliche Werke zu stehlen; es bleibt die Überzeugung, dass die Sender auch anders können.

Das Erste zeigt «Just Married – Hochzeiten zwei» am Donnerstag, den 2. Mai 2013, um 20.15 Uhr.

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