Die Kino-Kritiker

«Yes, God, Yes: Böse Mädchen beichten nicht» – Die Katholische Kirche als Spaßbremse

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Das Spielfilm-Debüt von Karen Maine entpuppt sich mehr als Drama als lockere, leichte Komödie.

Im Teenageralter gerät jeder Mensch in die Pubertät und entdeckt damit auch seine Sexualität. Im besten Falle sind Jugendliche aufgeklärt, Veränderungen des eigenen Körpers annehmen können und mit Neugierde in die neue Phase des Lebens gehen. Spaß sollte dabei genauso gelten wie eine gewisse Achtsamkeit für entstehende Lustgefühle. Gespräche mit Vertrauten wie Freundinnen und Freunde, vielleicht gar Lehrer und Eltern sind dabei gewiss hilfreich. Es sei denn man wächst in einem strenggläubigen Umfeld der Katholischen Kirche auf. Sexualität und Religion stehen im direkten Widerspruch, wenn es etwa heißt, man dürfe erst miteinander schlafen, wenn die Ehe vollzogen ist, Sex diene nur der Fortpflanzung und Homosexualität ist sowieso untersagt.

Wohin dieses vorsintflutliche Denken geführt hat, zeigt sich in der Katholischen Kirche selbst. Allein das sich überall auf der Welt Geistliche sexuell an Kinder vergehen, die noch nicht mal das Pubertätsalter erreicht haben, oder wohin das Zölibat geführt hat, sind Beweise genug, dass die Katholische Kirche dem Teufel näher ist als Gott. Die junge Regisseurin Karen Maine versucht es dennoch, sich in «Yes, God, Yes: Böse Mädchen beichten nicht» dem Zwiespalt zwischen Sex und Religion leichtfüßig zu nähern.

Wohin mit den Gelüsten?
Irgendwo in einem Kaff der USA wächst in den 200er-Jahren die junge Alice (Natalia Dyer) auf. Ihre Eltern sind streng katholisch, und auch in der Schule werden die Werte der Kirche gelehrt. Alice weiß längst, was verboten ist. Sex vor der Ehe, unreine Gedanken und Selbstbefriedigung führen direkt in die Hölle. Das wurde ihr im Sexualkundeunterricht eingetrichtert, und doch steht das alles im Widerspruch zu ihren eigenen Gelüsten.

Die Erotikszene aus «Titanic» zwischen Kate Winslet und Leonardo DiCaprio schaut sie sich immer wieder an. Das erregt sie genauso wie die freizügigen Fotos eines fremden Mannes aus einem Online-Chat. Um sich wieder unter Kontrolle zu bekommen, nimmt Alice an einem Ausflug in ein Kirchenlager statt. Beichten, Zitate aus der Bibel und Gebete sollen sie wieder auf den ‚Pfad der Tugend‘ zurückbringen. Was Alice nicht ahnt: Ihre gleichaltrigen Mitschülerinnen geht es wohl nicht anders als ihr, nur dass sie es anders kompensieren, indem sie Alice mit obszönen Lügen in Verruf bringen wollen.

Zwischen Komödie und Drama
Anfangs fühlt man sich noch wie in einer gewöhnlichen Teenie-Komödie, in der es ganz normal dazu gehört, wie Mädels über sexuelle Zweideutigkeiten sinnieren und sich kichernd über obszöne Kraftausdrücke aus dem Sexjargon hinwegretten. Da hatte schließlich jede Generation von «Eis am Stiel» in den 1970ern über «American Pie» in den 2000ern bis hin zu «Fack ju Göhte» in jüngster Zeit ihre eigenen Filmerfahrungen. Aber «Yes, God, Yes: Böse Mädchen beichten nicht» geht trotz des spaßig anmutenden Zweittitel aus Deutschland dann doch in eine andere Richtung.

Der Spaß hört schnell bald auf, wenn die Teenager im Klassenzimmer vom erzkatholischen Aufklärer unterrichtet werden, der ihnen eigentlich alles verbietet, was Spaß macht und zu einer normalen Entwicklung dazugehören würde. So freundlich und emotional nüchtern diese Augenblicke auch inszeniert sein mögen, um gewiss klarzustellen, dass es genauso abläuft, bleibt einem beim Zuschauen das Lachen im Halse stecken.



Letztlich kommt mehr das Drama als die Komödie zum Vorschein, was nicht unbedingt im Interesse der Regisseurin war, die bereits 2017 das gleiche Thema unter dem gleichen Titel mit der gleichen Hauptdarstellerin (Natalia Dyer liefert eine absolut glaubwürdige Performance ab und hat hoffentlich noch eine großartige Karriere vor sich) als Kurzfilm realisierte.

Das heuchlerische System der Katholischen Kirche wirkt in der Langfassung aber oft zu sehr wie angenommen und geduldet anstatt es stärker anzuprangern wie jüngst in Filmen wie «Der verlorene Sohn» oder «Gelobt sei Gott» geschehen. Karen Maine hat mit ihren Spielfilmdebüt gewiss eine andere Intension gehabt. Womöglich um wirklich Betroffenen eine sanftere Blickveränderung zu gewähren, was dann absolut nachvollziehbar wäre.

Fazit: Ein leichter Film über die schwere katholischer Sexualerziehung, zu dem sich wohl jeder selbst positionieren muss.

«Yes, God, Yes: Böse Mädchen beichten nicht» ist bei Amazon zu sehen und wird auch in diversen Stores verkauft.

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