Hingeschaut

«The Masked Singer»: I hope you're ready for action

von

Wenn rosa Plüschmonster und Grashüpfer im grünen Nadelstreifenanzug die grauen Zellen rauchen lassen …

Will man gemein sein, könnte man es als Show bezeichnen, die so auch in Panem laufen würde: Zehn Prominente treten zum irrsten Gesangswettbewerb der TV-Welt an. In aufwändige, exzentrische Ganzkörperkostüme gehüllt, verbergen sie ihre Identität und schmettern (oder fiepsen) Popsongs ins Mikro. Eine Jury bemüht sich, anhand Stimme, Gestus und einem Video mit groben Hinweisen die Identität der Maskierten zu erraten. Und wer in den Augen des TV-Publikums am schlechtesten performt, muss sein Kostüm ablegen und seine wahre Identität enthüllen.

Okay, okay: Für eine Fernsehshow aus der Welt von «Die Tribute von Panem» ist «The Masked Singer» vielleicht doch zu harmlos – am Ende des Abends müsste dort sicher eine Hinrichtung her. Dessen ungeachtet wären Strahlemann-Moderator Caesar Flickerman und Rebellen-Kostümschneider Cinna gewiss äußerst begeistert von den komplexen, stylischen, ausladenden Kostümen, die in dieser Show präsentiert werden.

Aber wir wollen nicht gemein sein. Dies ist keine Panem-Show. Statt Grinsebacke Caesar hat sich ProSieben für seine Adaption des internationalen Showerfolgs Matthias Opdenhövel geangelt. Und statt diese Exzentrik als alltäglich zu verkaufen, ist sich «The Masked Singer» seiner Schrägheit bewusst. "Ich moderiere am Donnerstagabend einen singenden Grashüpfer an – deshalb bin ich zum Fernsehen gegangen", scherzt Opdenhövel, der auch im weiteren Verlauf der Show mehrmals den Aufwand hinter den Kostümen bewundert, um im selben Atemzug die Schrulligkeit zu unterstreichen, dass wir uns zur Primetime einen Kostümwettbewerb mit Gesangseinlagen anschauen. Und: Gute Güte, macht das Spaß.

Nicht zuletzt, weil Alexandra Brander, die «The Masked Singer»-Gewandmeisterin, und ihr elfköpfiges Team, wirklich ganze Arbeit geleistet haben: Brander, die bereits für Madame Tussauds tätig war, hatte pro Kostüm ein Budget von 15.000 bis 20.000 Euro und passte diese exzentrischen Kunstwerke passgenau auf die Promis an. Jedes einzelne Kostüm hat ein bis zwei Wochen Herstellungszeit benötigt, wichtig war neben der kompletten Verhüllung der Promis, dass die Kostüme nicht die Stimme verzerren dürfen. Eine zusätzliche Herausforderung war, dass der Sommer-Sendetermin der Liveshow sehr leichte, atmungsaktive Stoffe notwendig gemacht hat – obendrein war es wichtig, dass die Kostüme, egal wie kompliziert sie aussehen mögen, schnell an- und ausziehbar sein müssen. (Auch wenn am Ende des Staffelauftakts die erste Demaskierung doch so ihre Zeit gebraucht hat. Live is live!) Und all diesen Hürden zum Trotz sehen die Kostüme klasse aus.

«The Masked Singer» ist sicher eine Show, auf die das Etikett "Acquired taste" zutrifft. Aber es hat einfach etwas an sich, knallige Kostüme auf einer hochmodernen Hochglanzbühne in edlem Lila mit Goldelementen zu sehen, die nach vagen Hinweisvideos aus vollem Halse singen (teils gut, teils annehmbar), woraufhin es heißt: So, jetzt ratet mal. Das weckt den inneren Detektiv, zumal die Hinweisvideos randvoll sind mit Indizien. Was hat das London-Buch zu bedeuten, das der Schmetterling in der Hand hatte? Wieso saß das Superhelden-Eichhörnchen mit dem absurd engen Anzug (durch den sich sein Gemächt abzeichnete) auf einem Regiestuhl? Was meint das Monster, wenn es sagt, dass es eine Zeitlang wo war, wo es gefährlich ist?

Hinzu kommen offensichtliche Hinweise wie die Gestik und Statur (der Kakadu ist rundlich gebaut und geht tapsig, der Kudu hat breite Schultern und laut Opdenhövel einen heftigen Händedruck) – und natürlich die Gesangskünste und die Stimme. Darüber hinaus verriet Opdenhövel, dass sich über die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Goldene Kamera, ein Bambi, ein Weltmeistertitel und zehn Platinplatten verteilen – sowie ein Verdienstorden.

In der Umsetzung kann ProSieben, dem herrlichen Konzept zum Trotz, noch kleinere Lektionen für die kommenden Ausgaben lernen. So wurde in der Auftaktfolge während der Gesangseinlagen penetrant oft auf die betont begeistert/erstaunt dreinblickende Jury geschnitten – als wolle man uns mit aller Macht dazu bringen, von den Gesangskünsten beeindruckt zu sein, selbst wenn Opdenhövel immer wieder betont, man solle das Gesamtpaket bewerten, also auch das Spielen der Rolle, statt nur den Gesang.

Die Kostüme

  • Engel
  • Monster
  • Herr Grashüpfer
  • Panther
  • Schmetterling
  • Kubu
  • Kakadu
  • Astronaut
  • Eichhörnchen
  • Oktopus (enthüllt als: Lucy Diakovska)
Die Jury hat trotzdem ihren Unterhaltungswert: Während Ruth Moschner sehr ambitioniert Hinweise kombiniert (und ab und zu Offensichtlichkeiten ausspricht), haut Collien Ulmen-Fernandes halblaut vor sich hinflüsternd trockene Sprüche raus. Gastjuror Rea Garvey schien bei seinem einmaligen Einsatz erst während der Liveshow so richtig das Format zu verstehen – und seine wachsende Begeisterung im Laufe der Show hatte etwas Ansteckendes an sich. Nur Max Giesinger blieb, von seinem weiten Ausschnitt abgesehen, unauffällig.

Nun müssen Fans des exzentrischen Showspaßes hoffen, dass die «The Masked Singer»-Quoten nicht zu sehr vom «Let's Dance»-Special bei RTL torpediert wurden und die Identitäten der restlichen Teilnehmer weiter geheim bleiben. Dann steht dem schrägen Rätseln für die nächsten Wochen nichts im Wege.

«The Masked Singer» ist donnerstags ab 20.15 Uhr bei ProSieben zu sehen.
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