Die Kino-Kritiker

«Safari – Match Me If You Can»: Der schnelle Digitalfix für RomCom-Suchende

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Liebessuche im Zeitalter der Dating-Apps: «Safari – Match Me If You Can» ist kein Horror-Rendezvous und auch kein großer Schwarm. Sondern eher der schnelle Fix für zwischendurch.

Filmfacts: «Safari – Match Me If You Can»

  • Regie: Rudi Gaul
  • Drehbuch: Rudi Gaul, Friederike Klingholz
  • Produktion: Christian Becker, Herbert L. Kloiber, Martin Richter
  • Darsteller: Justus von Dohnányi, Elisa Schlott, Sunnyi Melles, Juliane Köhler, Sebastian Bezzel, Friederike Kempter, Patrick Abozen, Max Mauff
  • Kamera: Yoliswa von Dallwitz
  • Schnitt: Carmen Kirchweger
  • Musik: Nicola Rost
  • Laufzeit: 108 Min
  • FSK: ab 12 Jahren
Exakt 20 Jahre, nachdem München in «Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Großstädter zur Paarungszeit» als Schauplatz eines komödiantischen Querschnitts aus der verrückten Dating-Welt herhielt, drängelt sich die bayerische Hauptstadt erneut für eine zeitgenössische Liebeskomödie an [url=http://www.quotenmeter.de/n/94312/popcorn-und-rollenwechsel-ach-leck-mich-berlin}der im deutschen Kino übermäßig präsenten Bundeshauptstadt Berlin[/url] vorbei. Wie Marc Rothemunds Publikumserfolg mischt auch «Safari – Match Me If You Can» mehrere halbwegs verbundene Episoden aneinander, um auf überspitzte Weise zu zeigen, wie bescheuert sich (nicht nur) Menschen aus der Großstadt aufführen, wenn sie nach Liebe, schnellem Sex oder irgendwas dazwischen suchen.

Ganz zeitgemäß ist es in «Safari – Match Me If You Can» aber nicht weiter König Zufall, der Paare zusammen- und auseinanderbringt, sondern die digitale Technologie. Statt Tinder, Lovoo und Co. steht die fiktive App Safari im Mittelpunkt, die den Datingtrubel gezielt zur Liebesjagd hochstilisiert. Die Eigenheiten der Safari-App werden von Regisseur/Autor Rudi Gaul und Autorin Friederike Klingholz allerdings an den Rand des Filmes gedrängt und dienen primär als Sprungbrett für ein musikalisches Leitmotiv:

«Safari – Match Me If You Can» kramt als Titelsong die Laing-Nummer "Safari" noch einmal hervor, der sich mit seinen Tier- und Jagdmetaphern hervorragend in den App-Dating-Reigen fügt. Zudem verleiht Laing-Frontsängerin und -Songschreiberin Nicola Rost in ihrer Funktion als Komponistin «Safari – Match Me If You Can» abseits des Songs eine flippige Klangkulisse, die wie aus demselben Guss scheint wie das poppig-verspielte Arrangement ihres Liedes aus dem Jahr 2014. Akustisch ist «Safari – Match Me If You Can» daher sehr rund. Die muntere musikalische Tonalität, die mit kessem Augenzwinkern Datingärger in Relation setzt, ist im restlichen Film jedoch nur sporadisch vorzufinden.



Mitunter schreitet «Safari – Match Me If You Can» ganz stur längst ausgetretene Pfade entlang. Da geht der schüchterne David (Max Mauff) in der Apotheke Kondome kaufen und wird durch die sich hinter ihm anstauende Kundenschlange immer nervöser, dort säuselt die Therapeutin Aurelie (Sunnyi Melles) absurde Beziehungstipps dahin. Dann gibt es zudem noch Life (Sebastian Bezzel), den dauernd genervten, alleinerziehenden Vater, der weder in Form ist noch was im Köpfchen hat, und sich dennoch nichts von Frauen sagen lassen will. Wenn sich Gaul und Klingholz an solchen Genrekonventionen abarbeiten, mangelt es den Situationen ebenso sehr an Esprit wie an Biss – nur Max Mauffs komödiantisches Timing weiß es, seine altgediente Kondomkaufnummer in den soliden Bereich zu retten.

Wann immer Melles' völlig überzeichnete Therapeutin und der charakterlose Life, den das Skript nicht so richtig zu dekonstruieren weiß, aus dem Fokus verschwinden, mausert sich «Safari – Match Me If You Can» jedoch. An Stelle der witzlosen Figuren und ihren verkrampften Textzeilen treten allerdings auch nur holzschnittartige Persönlichkeiten und nicht etwa denkwürdigen Typen. Die Datingkomödie beschränkt sich weitestgehend auf den Kniff "Leute sind nicht das, als was sie sich verkaufen". Der Blumenverkäufer Arif (Patrick Abozen) führt ein Doppelleben als Web-Fitnessguru und -Datingexperte, der mit prahlerischem Vokabular und arrogantem Tonfall seinen Fans sagt, wie Liebe geht – und tappst bei seinen eigenen Dates von lächerlicher Klischee-Masche zur nächsten. Abozen hat hier den schmierigen Charme und die ironische Coolness, um diese Rolle unterhaltsam zu gestalten, auch wenn der letzte satirische Biss fehlt.

Ähnliches gilt für Friederike Kempter als Fanny: Vegetarierin, Yoga-Freak und Single mit fettem Dialekt, den sie mühelos ablegt, sobald sie sich für eine Wohnung bewirbt oder einen Mann schnuckelig findet. Kempter macht mit ihrem komödiantischen Gespür das Beste aus dem teils sehr dünnen Material, mit dem sie für einen Großteil des Films zu tun hat – und wenn sie im letzten Drittel die schelmische Seite ihrer Rolle aufdrehen darf, gewinnt «Safari – Match Me If You Can» ausnahmsweise an der Spritzigkeit, die dieser Komödie weitestgehend fehlt. Auch Juliane Köhler weiß als 48-jährige Singlemutter Mona zu gefallen:

Mit einer stimmigen Mischung aus Grazie und Scham spielt sie die wohl einzige Figur im Film, die die Dating-App gezielt einzusetzen versteht und sich sogar einen Moment nimmt, um mit verschmitztem Grinsen Life in ein anspruchsvolles Gespräch zu verwickeln – wohl wissend, dass er ihr nicht folgen kann. Wie brüllend komisch es denn nun ist, dass ausgerechnet eine 48-Jährige am besten App-Technologie verwenden kann und sich bei aller Suche nach Selbstverständlichkeit dennoch in Ultraleicht-SM-Spielchen dominieren lässt, steht wiederum auf einem anderen Blatt. Nahezu verschenkt sind derweil Justus von Dohnányi (der in seinen wenigen Szenen aber gefällt) und die Storyline um Elisa Schlott als Lara – Social-Media-Influencerin für Enthaltsamkeit und Make-up am Tag, Sexhungrige bei Nacht. Laras Story hätte das Potential, «Safari – Match Me If You Can» über längeren Zeitraum aus der Parade leidlich aktualisierter RomCom-Konventionen herauszuführen, ist aber schlussendlich bloß eine sanft angerissene, erzählerische Klammer.

Gesellschaftliche Seitenhiebe sind in «Safari – Match Me If You Can» kaum zu entdecken, und auch die Erkenntnisse über Dating-Apps sind hier eher oberflächlich. Die vereinzelten Pointen, die es auf Social-Media-Sprache und absurde Dating-Spezifikationen abzielen, sitzen aber, und der Großteil des Ensembles versteht es, das wenig inspirierte Material mittels Spielfreude aufzuwerten. Die Bremsklötze Life und Aurelie stören allerdings ungemein und streuen einigen Leerlauf in die fast 110 Minuten Laufzeit. Wer einen mutigen, einfallsreichen komödiantischen Angriff auf das moderne Datingleben sehen will, greift lieber zu «Einsamkeit und Sex und Mitleid», und wem es schlicht nach einer quirligen, deutschen RomCom mit Top-Ensemble dürstet, sollte dem unterschätzten «SMS für Dich» endlich eine Chance geben.

Fazit: «Safari – Match Me If You Can» ist zu arm an neuen Ideen und zu reich an Leerlauf, um als Traumdate durchzugehen, aber es gibt genug Schmunzler, um ihn nicht als völligen Fehlgriff zu sehen. Das nennt man dann wohl den schnellen RomCom-Not-Fix für zwischendurch. Wer drauf steht ...

«Safari – Match Me If You Can» ist ab sofort in vielen deutschen Kinos zu sehen.

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