Hingeschaut

«Miss Wildcard»: Verrückte Welten

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Sky1 schickt seine inzwischen fünfte Eigenproduktion ins Rennen. Bei «Miss Wildcard» handelt es sich um ein liebevoll gemachtes, jedoch kleines Pflänzchen.

Sieben Monate alt wird der jüngste Sky-Sender in Deutschland, Sky1 dieser Tage. Sieben Monate, fünf Eigenproduktionen im Unterhaltungsbereich – das könnte man verkürzt als Bilanz gelten lassen. Gestartet mit 14 Abenden voller Kocherlebnisse in «Masterchef», 16 Folgen der Comedy «Mitfahrrandale», bis dato zwei musikalische Abende mit Xavier Naidoo und zehn reguläre Folgen von «Eine Liga für sich» mit Skys neuem Star-Moderator Frank Buschmann. Für den Sommer hält es Sky nun etwas Kleiner – der Humor darf aber auch in «Miss Wildcard» nicht fehlen. Insofern folgt man also dem Prinzip, das sich durch viele andere Sky1-Formate zieht. Allzu bierernst darf es nicht zugehen.

Bei «Miss Wildcard» kommt es für Sky-Kunden auch zum Wiedersehen mit der aus «Mitfahr-Randale» bekannten Karolin Oesterling – zudem machen Joyce Ilg, Evelyn Weigert und Lena Liebkind mit. In verdeckter Mission nehmen die Protagonistinnen an diversen Misswahlen im In- und Ausland teil – etwa bei der „Miss Allgäuer Schwäbischer Musikbund“ in Memmingen und „Miss Bonbon“ in Wien und müssen währenddessen diverse Aufgaben bewältigen. Ziel der Reality-Show, na klar – dem Zuschauer Erstaunen und ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.

Warum das klappt, hat mehrere Gründe. Zum einen darf man es als durchaus positiv ansehen, dass diesmal nur vier Folgen bestellt wurde. Das ist eine kleine, aber feine Ration. Bei «Mitfahrrandale» ging Sky im vergangenen Jahr noch anders vor. Hier umfasste die erste und nach jetzigem Stand auch einzige Staffel gleich 16 Ausgaben. Pro Ausgabe gab es drei Filmchen zu sehen – das machte 48 skurrile Mitfahr-Situationen – aber eben auch 48 Mal eine ähnliche Ausgangslage. Grob geschätzt lag die Quote der wirklich gelungenen Streiche hier bei gut 50 Prozent, was eine recht erfreuliche Ausbeute ist.

«Miss Wildcard» hat also eine kürzere Stecke zu bestreiten. Das tut dem Format gut.

In Folge eins sieht man Karolin Oesterling bei Vorbereitungen zur „Miss Bollywood“-Wahl – also beim Bauchtanz-Kurs, beim Üben von Kamelrollen und Choreos. Und Lena Liebkind, die sich um die „Miss Kirschblüte“ (ja, sowas gibt’s!) bewirbt. Liebkind muss sich nicht ganz so sportlich betätigen, sondern vor allem eins leisten: Lernen. Viel lernen. Über Kirschbäume und anderes. Karolin wird derweil schnell klar, wie unmöglich ihre Aufgabe ist: Sie ist die einzige Blondine unter Brünetten für die Wahl der „Miss Bollywood“ – und so brauchte die Komikerin schon ziemlich gute Argumente, die für sie sprachen, oder um es mit Oesterlins Worten zu sagen: Sie musste sich gehörig um Kopf und Kragen reden. Währenddessen bekommt Lena Besuch von der einstigen Kirschblüten-Königin. Wie schwer Lena die Aufgabe fiel, war nicht zuletzt daran zu sehen, dass sie von sich selbst sagt, keinen grünen, sondern einen schwarzen Daumen zu haben. Bei ihr zu Hause sterbe alles, sogar Kakteen. Ja, es ist herrlich anzusehen, wie diese Lena Liebkind, die Frau mit dem schwarzen Daumen, sich schwer tut zwischen lauter Mädels, die sogar in ihrem Garten einen eigenen Kirschbaum besitzen. Wenn Stadtkinder auf Dorfmädchen treffen – herrlich.

Gefühlt war die Geschichte mit Oesterling in Bollywood aber stärker – wohl auch, weil es mit den Themen Tanz schlicht mehr zu sehen gab, als in Deutschland, wo es ja eher um das Wissen ging. Ob die Moderatorin auf der großen Bühne in Übersee die Tücher mit Erfolg geschwungen hat, soll an dieser Stelle freilich nicht verraten werden. Kein Geheimnis hingegen ist, dass Sky mit „Karli“, also Frau Oesterling, ein frisches Gesicht gefunden hat, das nicht nur viel Potential hat, sondern auch schon eine kleine Fanbase, wie immerhin ihre mehr als 3000 Facebook-Follower zeigen.

Grundsätzlich ist «Miss Wildcard» eher als kleines Pflänzchen in dem Beet, das Sky1 derzeit bestellt, zu sehen. Das macht es aber nicht weniger hübsch. Als Must-See-TV ist die Produktion von wige_ zwar nicht zu bezeichnen, wer aber zufällig reinschaltet, wird sicherlich vergnügliche Minuten vor dem Fernseher verbringen. Und somit passt die humorige Reality-Show auch wirklich ganz gut in die warmen Sommermonate. Freilich ist es aber so, dass sich Sky1 an Shows anderer Größenordnung wird messen lassen müssen. Da hatte man ja schon gut vorgelegt. «Masterchef» wurde vom Sender für gut befunden und in Staffel zwei geschickt, bei «Xaviers Wunschkonzert» jubeln sowie alle und «Eine Liga für sich» überzeugt trotz eher negativer Kritiker-Stimmen im Quotenpanel. Spannender als die Frage, wie lustig die am Montag startende Reality-Comedy ist, ist aber: In welchen Genres wird Sky1 noch experimentieren? Traut man sich vielleicht doch mal, wie die englischen Kollegen, HBOs John Oliver nach Deutschland zu bringen? Kommt ein (anspruchsvoller) Talk oder etwas noch Außergewöhnlicheres?

Es scheinen spannende kommende Monate beim Entertainment-Sender zu werden. Und bis dahin sind die vier Folgen der Show rund um verrückte Misswahlen ein ziemlich guter Zeitvertreib. Ein vielleicht unwichtiges Detail zu neuen Produktion soll nicht unerwähnt bleiben: Der geniale und mit viel Mühe erstellte Vorspann, in dem die Mädeks kostümiert als Kartenfiguren tänzeln. Sollte es irgendwann Preise für kreative und hübsch anzusehende Vorspänne geben, «Miss Wildcard» dürfte dabei sein.

Sky1 startet «Miss Wildcard» am Montag, 5. Juni um 20.15 Uhr. Die Episoden sind danach natürlich auch zeitlich flexibel abrufbar.

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