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The Walt Disney Company: Ein Wirtschaftsporträt in drei Akten

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Märchenparks, Megablockbuster, Sportlerschweiß: Drei Geschäftssparten des Disney-Konzerns, drei Mal lässt der Status quo aufhorchen.

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Weniger Filme, mehr Kinoevents, gigantische Marken: Disneys Filmsparte lässt die Muskeln spielen


The Walt Disney Company: Ihre zehn erfolgreichsten Realfilme

  1. «Star Wars – Das Erwachen der Macht» (2015): 2,068 Milliarden Dollar
  2. «Marvel's The Avengers» (2012): 1,519 Milliarden Dollar
  3. «Avengers: Age of Ultron» (2015): 1,405 Milliarden Dollar
  4. «Iron Man 3» (2013): 1,215 Milliarden Dollar
  5. «The First Avenger – Civil War» (2016): 1,153 Milliarden Dollar
  6. «Pirates of the Caribbean – Fluch der Karibik 2» (2006): 1,066 Milliarden Dollar
  7. «Rogue One: A Star Wars Story» (2016): 1,055 Milliarden Dollar
  8. «Pirates of the Caribbean – Fremde Gezeiten» (2011): 1,045 Milliarden Dollar
  9. «Die Schöne und das Biest» (2017): 1,043 Milliarden Dollar
  10. «Alice im Wunderland» (2010): 1,025 Milliarden Dollar
Stand: 16. April 2017; Weltweite Einspielergebnisse ohne Berücksichtigung der Inflation
Wir blicken zurück auf das Jahr 2003: Dem Disney-Konzern drohte eine feindliche Übernahme durch den Kabelbetreiber Comcast. Wirtschaftliche Schachzüge dieser Größenordnung sind gemeinhin komplex und lassen sie sich nie einfach so herunterbrechen, trotzdem sind sich nicht wenige Branchenkenner einig: Zwei essentielle Ereignisse, die das Blatt für Disney gewendet und die Übernahme verhindert haben, waren die für viele Hollywood-Analysten unerwartet starken Einnahmen zweier Filme, die im zweiten Halbjahr 2003 anliefen. «Fluch der Karibik» segelte damals mit einem weltweiten Einspielergebnis von 654,3 Millionen Dollar auf Rang zwei der erfolgreichsten Realfilme aus dem Disney-Konzern – nur «The Sixth Sense» war wenige Jahre zuvor erfolgreicher. Pixars «Findet Nemo» stellte indes mit 940,3 Millionen Dollar ein regelrechtes Weltphänomen dar.

Die Studiostrategie der Disney-Filmsparte veränderte sich daraufhin sukzessive. Unter dem Label Walt Disney Pictures wurden schrittweise mehr Fantasy-, Action- und Abenteuerblockbuster wie «Das Vermächtnis der Tempelritter» oder «Die Chroniken von Narnia: Der König von Narnia» veröffentlicht, kleinere Familienproduktionen im Stile von «Sky High» traten nach und nach in den Hintergrund. Das Familienkinostigma, das dem Disney-Markennamen anhaftete, löste sich infolgedessen langsam auf. Währenddessen landete Disneys Erwachsenenlabel Touchstone Pictures im neuen Jahrtausend kaum noch Hits, leistete sich gleichwohl mit Filmen wie «Hidalgo – 3000 Meilen zum Ruhm» und «Alamo – Der Traum, das Schicksal, die Legende» kostspielige Misserfolge. Drohende Konsequenzen lagen Mitte der 2000er-Jahre in der Luft.

Im Fahrwasser des Kinostarts von «Pirates of the Caribbean – Fluch der Karibik 2» erfolgte im Juli 2006 letztlich die offizielle Ankündigung des damals noch recht neuen Disney-Geschäftsführers Bob Iger: Er werde angesichts der massiv gestiegenen Kosten in der Filmproduktion den Fokus der Disney-Studios verlegen. Der Disney-Konzern solle weniger Filme pro Jahr veröffentlichen, dafür mehr von ihnen zu Events verwandeln. Als Konsequenz wurde der Output an eigenproduzierten Filmen der Marke Touchstone Pictures massiv eingekürzt (wenngleich von 2011 bis 2016 ein Vertriebsdeal mit DreamWorks Pictures lief), Disneys anderes Erwachsenenlabel Hollywood Pictures wurde komplett eingemottet. Unter dem Disney-Markennamen wiederum wird, von kleinen Ausnahmeprojekten abgesehen, seither verstärkt auf Big-Budget-Spektakel gesetzt.

Diese Strategie hatte Ende der 2000er-Jahre mit leichten "growing pains" zu kämpfen, was zu allerlei Stühlerücken bis in die frühen 2010er-Jahre hinein resultierte. Parallel dazu begann Iger seine Shoppingtour: 2006 machte er aus dem jahrelangen Geschäftspartner Pixar ein Tochterunternehmen Disneys (Kostenpunkt der Übernahme: 7,4 Milliarden Dollar), 2009 folgte der Aufkauf von Marvel Entertainment (für vier Milliarden Dollar), 2012 verkaufte George Lucas zudem seine Produktionsschmiede Lucasfilm an Disney (für etwas mehr als vier Milliarden Dollar). Zum Opfer fiel unterdessen Miramax: Das Label, das Disney seit 1993 einen Stück vom Programmkinokuchen verschafft hatte, wurde 2010 veräußert – und fand unter seinen in hoher Frequenz wechselnden neuen Besitzern bislang nicht zu alter Größe zurück.

Igers Strategie machte sich für den Disney-Konzern allerdings überaus bezahlt – das Geschäft an den Kinokassen brummt und brummt und brummt. 2016 stellte Disney schlussendlich sogleich drei Industrierekorde auf: Mit drei Milliarden Dollar Einnahmen an den nordamerikanischen Kinokassen pulverisierte Disney den bisherigen Bestwert in seinem Heimatmarkt. Mit vier Milliarden Dollar im Rest der Welt wartete obendrein abseits der USA und Kanada ein neuer Rekord – und konsequenterweise wartete mit sieben Milliarden Dollar zudem ein globaler Bestwert. All dies nur ein Jahr, nachdem Disney (direkt auf den Fersen des Konkurrenten Universal Pictures) in den genannten Disziplinen neue studiointerne Bestmarken aufstellte.

Dadurch, dass Disney auf der großen Leinwand zu einer enormen Branchengröße wurde, hat der Konzern, der auf einer singenden, klingenden Maus begründet wurde, etwas geschafft, was Ende der 2000er in Hollywood als unmöglich galt: Disney hat das drastische Wegbrechen des DVD-Markts kompensiert. Noch bis 2008 waren DVDs und Blu-rays eine sehr einträchtige Stütze für die großen Hollywood-Studios – dann sind vor allem in den USA die Verkaufszahlen eingebrochen und drückten so die Einnahmen der Sparte Studio Entertainment.

Viele Hollywood-Konzerne planen, diese wirtschaftliche Delle durch Premium-Video-on-Demand-Modelle auszugleichen, die die Exklusivität der Kinoauswertung untergraben und selbst Blockbuster gegen hohe Gebühr kurz nach oder gar parallel zum Start in die heimischen vier Wände Zahlungswilliger bringen. Disney jedoch, dessen Kinoeinspielergebnisse emporschießen, verweigert sich diesen Überlegungen. Sehr zur Freude der unter dem Disney-Schirm arbeitenden Filmemacher. Marvel-Studios-Präsident Kevin Feige etwa kommentiert: "Die Filme, die wir machen, genießt man am Besten in einem vollen Saal und auf einer großen Leinwand . Ich hoffe, dass dieses Kollektivereignis noch lange erhalten bleibt."


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