Die Kritiker

«Nord Nord Mord - Clüver und die wilde Nacht»

von

Ein Tod mit einem skurrilen, sexuellen Hintergrund. Der richtige Fall für das Ermittler-Team um Kommissar Clüver, die sich nicht todernst nehmen, sondern sich mit Spaß einem toten Clubbesitzer widmen.

Cast & Crew «Nord Nord Mord»

  • Anno Saul
  • Darsteller: Robert Alzorn, Oliver Wnuk, Julia Brendner, Waldemar Kobus, Carolina Vera, Amelie Plaas-Link, Luise Weiß, Karoline Teska, Fanny Krausz, Sebastian Ströbel
  • Drehbuch: Stefan Cantz, Jan Hinter
  • Kamera: Moritz Anton
  • Szenenbild: Thorsten Lau
  • Redaktion: Peter Jännert
Eine unbekannte Frau schleicht sich aus einem Haus, in ihrem Fernseher läuft ein Pornofilm und ein Mann liegt tot am Fuß der Haustreppe. Zunächst weiß der ermittelnde Kommissar Theo Clüver (Robert Atzorn) noch nicht, ob es sich um einen Mord oder um eine verunglückte Sexeskapade handelt. Das Opfer / der Verunglückte ist Clubbesitzer Ronny. Klöcker feierte in der Nacht zuvor ausgiebig mit vier jungen Damen, von denen sich allerdings keine mehr genau an die Party erinnern kann. Auch Clüvers Kollege Hinnerk (Oliver Wnuk) findet sich mit Gedächtnisschwund in einem Bett der Partymädchen wieder.

Erst später soll sich herausstellen, dass Klücker K.O.-Tropfen im Blut hatte. Clüver und seine Partnerin Ina (Julia Brendler) müssen also nur die Erinnerung ihres verwirrten Kollegen Hinnerk wieder anstoßen, um die Party-Vorgänge zu rekonstruieren. Leider ist auch noch sein Handy kaputt, auf dem sich weitere Beweise befinden, die für die Tatnacht wichtig sein könnten. Hinzu kommen noch ein eifersüchtiger und stalkender Ex-Freund, der eine der vier Frauen verfolgt und die aus Syrien geflüchtete Putzfrau, für die Kommissar Clüver möglicherweise etwas mehr empfindet, aber deren Sohn in den Mordfall verwickelt zu sein scheint.

Über die etwas zu sehr gewollte Aktualität der syrischen Flüchtlingsgeschichte kann man natürlich die Nase rümpfen, der Krimi tut allerdings sein Bestes, um das Ganze einigermaßen organisch in seinem Plot zu verarbeiten. Richtig angepackt, kann daraus eine durchaus reizvolle, spannende und aktuelle Geschichte werden. Falsch verarbeitet, kann der Schuss allerdings nach hinten losgehen und eine solche Storyline bestenfalls ungeschickt wirken. «Nord Nord Mord» wählt den Mittelweg und stolpert nur gelegentlich über seinen eigenen guten Willen. Das ist nicht besonders schlimm, denn im Mittelpunkt stehen letztendlich andere Vorgänge und zumindest dieser Kritiker verzeiht es diesem Krimi gerne, denn man nimmt sich dabei nicht allzu ernst oder wedelt allzu enthusiastisch mit dem moralischen Zeigefinger.

Generell legt der Sylter Krimi eine entspannte Attitüde an den Tag und dafür kann man dankbar sein. Robert Atzorn spaziert mit müder Gestalt, aber dafür viel lakonischem Humor durch den Tatort und seine diversen Zeugenbefragungen. Er ist einer dieser Schauspieler, dem das Leben, die Erfahrung und die Müdigkeit, aber auch Empathie und Verständnis in die Gesichtszüge geschrieben sind. Mit seiner Kollegin Ina Behrendsen liefert er sich kleine, nette Wortgefechte, in denen auch «Sromberg»-Star Oliver Wnuk ein gern gesehener Gast ist, der später in den entspannten, aber dennoch scharfzüngigen Dialog mit einsteigt. Ihn mit der Genialität z.B. eines Martin Freemans zu vergleichen, wäre etwas zu hoch gegriffen, aber anscheinend ist dies eine Attitüde, nach der Wnuk zu greifen scheint: ein wenig verwirrt, ein bisschen stammelnd, aber dafür mit hoher Intelligenz ausgestattet, die niemals arrogant wirkt. Julia Brendler kann hier ohne Probleme mithalten. Zwischen den Dreien stimmt die Chemie und es stellt sich ein gediegener Spaß ein, wenn man ihnen bei der Arbeit zusieht.

Entschleunigung hat sich auch die Inszenierung des Regisseurs Anno Saul auf die Fahne geschrieben. Das liegt natürlich zum einem am idyllischen Setting der nordischen Insel, zum anderem an seiner ruhigen Inszenierungsweise, die sich hier äußerst passend gestaltet. Keine harten Schnitte, sondern lange gemütliche Kamera-Einstellungen, die abgesehen vom Mordgeschehen zum melancholischen Inseltraum einladen. Die Atmosphäre bleibt dennoch einnehmend. Ansonsten nimmt man sich zurück und lässt die Darsteller agieren, so dass sich der Kriminalfall entfalten kann. Daran ist nichts spektakulär und «Nord Nord Mord» erfindet das Krimi-Rad ganz sicher nicht neu. Allerdings passt das zum generell laxen, gemütlichen und sich selbst nicht zu ernst nehmenden Ton der Reihe. Nicht mehr und nicht weniger.

Keine großen Verschwörungen, keine korrupten Polizeibeamten und keine Maulwürfe in der eigenen Einheit. Das kommt bei einem üblicherweise recht deprimierenden Blick anderer deutscher Krimis auf die Polizei geradezu erfrischend daher. Der Fall und die sympathischen Ermittler stehen hier im Mittelpunkt. Diese werden wiederum durch humorvolle und talentierte Schauspieler dargestellt, die ein angemessenes komödiantisches Timing besitzen, was auch nicht immer im deutschen Fernsehen selbstverständlich ist. Darüber hinaus besitzen die Figuren ein gesundes Maß an Individualität und jeder hat eine spezifische Aufgabe zu erfüllen. In einer Krimi-Landschaft, in der sich Ermittler oftmals nur durch Frisur, Kleidung und Geschlecht unterscheiden, kann man eine solche Figurenzeichnung gar nicht genug zu schätzen wissen.

Fazit: Mit leisem Humor und einer entspannten Attitüde begibt sich das Team von «Nord Nord Mord» auf Verbrecherjagd. Spektakulär ist das nicht, allerdings reicht es auch für einen unterhaltsamen Fernsehabend, wenn der Zuschauer bei einem gut aufgelegten Team bei der Spurensuche dabei sein darf. Auch wenn man es mit dem harmonischen Schluss etwas zu gut gemeint hat.

«Nord Nord Mord - Clüver und die wilde Nacht» ist am Dienstag, dem 03.01. um 20.15 Uhr im ZDF zu sehen.

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