Die Kritiker

«Mord am Höllengrund»

von

Aus dem packenden Drama über eine Mutter, die glaubt einen Mörder großgezogen zu haben, wird leider letztlich doch ein konventioneller, wenn auch spannender TV-Krimi.

Cast und Crew

Vor der Kamera

Katharina Wackernagel («Herbstkind») als Sabine, Hans-Jochen Wagner («Alles für meine Tochter») als Wenger, Eva Mattes («Sams im Glücl») als Margot, Vincent Redetzki («Die kommenden Tage») als Ilya, Aglaia Szyszkowitz («Almanya – Willkommen in Deutschland») als Barbara


Hinter der Kamera

Regie: Maris Pfeiffer, Produzent: Dr. Eberhard Jost, Drehbuch: Daniel Douglas Wissmann, Kamera: Gunnar Fuß, Schnitt: Monika Abspacher-Uhlmann
Krimi? Drama? Oder lieber Kriminaldrama? Dass Genrebezeichnungen eher als grobe Einschätzungen zu verstehen sind und nicht als klar abzugrenzende Schubladen, zeigt sich im Idealfall durch geistreiche Produktionen, die mit den Erwartungen spielen, um profunde Aussagen zu tätigen. Mitunter zeigt sich aber auch durch unentschlossene Geschichten, mit welcher Vorsicht Genreangaben zu genießen sind. Der ZDF-Fernsehfilm «Mord am Höllengrund» ist ein solches Beispiel – wenngleich die Stärken von Maris Pfeiffers Regiearbeit das Schlimmste zu verhindern wissen.

Im ersten Akt legen Pfeiffer und Drehbuchautor Daniel Douglas Wissmann noch die Grundlagen für ein packendes Charakterdrama, das durch einen ungeklärten Mordfall ausgelöst wird: Seit ihr Mann die freischaffende Künstlerin Sabine Sonntag (Katharina Wackernagel) urplötzlich verlassen hat, zieht sie mit wackerem Durchhaltevermögen ihren mittlerweile 18-jährigen Sohn Ilya (Vincent Redeztki) alleine auf. Am idyllischen Kochelsee in einer beschaulichen Waldgegend lassen sich die pubertätsbedingten Liebesverwicklungen des Jungen gut aushalten, zudem versorgt sie ihr Jugendfreund Markus Wenger (Hans-Jochen Wagner) regelmäßig mit Aufträgen und sichert somit ihr Einkommen. Als Ilya angibt, mit seiner Freundin Cora einen Italienurlaub machen zu wollen, sich einige Zeit nach dem Aufbruch aber nicht mehr meldet, macht sich die alleinerziehende Mutter Sorgen. Dann geschieht etwas Schreckliches: Im anliegenden Wald stößt sie auf Coras Leiche.

Da die Beziehung zwischen dem mitunter recht bockigen, im Herzen aber zutiefst romantischen Sohnemann und Cora aufgrund ihres Interesse an anderen Jungs nicht immer astrein verlief, beschleicht Sabine ein grausiger Verdacht: Hat Ilya seine Freundin etwa aus Eifersucht getötet? Da Sabine diese Vermutung nicht wahrhaben will, sucht sie nach Indizien, dass jemand anderes die Tat verbrochen hat. Der Spitzenverdächtige ist der Sohn von Apothekerin Barbara Haller (Aglaia Szyszkowitz), welche Sabine bei einer Aussprache aber tüchtig den Kopf wäscht …

Dieser Stoff hätte großes Potential, zumal Katharina Wackernagel formidabel aufspielt und die innere Zerrissenheit ihrer Figur berührend zur Schau stellt, während Pfeiffer und Kameramann Gunnar Fuß mittels stimmiger Bilder den bayerischen Wald zu einem kühlen, beengenden Schauplatz formen. Da Sabine die potentiellen Spuren ihres eventuell schuldigen Sohnes verwischt und so die Ermittlungen behindert, ist zudem für die nötige Spannung gesorgt. «Mord am Höllengrund» hätte also gut und gerne diesen Weg weiter verfolgen können. Stattdessen nähert sich die Geschichte im mittleren Akt dem üblichen Kriminalstoff an.

Die Ängste Sabines treten in den Hintergrund, dafür rücken die polizeilichen Ermittlungen in den Vordergrund. Mit dem kernigen Dorfpolizisten Asam (Barnaby Metschurat), den Sabine seit vielen Jahren kennt, holt sie sich dann fragwürdige Hilfe ins Boot, denn obwohl sich Asam redlich bemüht, kann die verzweifelte Mutter nicht einschätzen, ob er tatsächlich zu ihr hält. Und so verschiebt sich der Spannungsschwerpunkt von «Mord am Höllengrund» auf die konventionelle Frage: Wer ist Freund, wer ist Feind? Eine Viertelstunde vor Schluss werden dann sämtliche Fragen rund um den Mord geklärt und das zwar zügig inszenierte, aber mechanisch geschriebene Finale handelt dann nur noch allein davon, wie sich die Story auch für Sabine und die restlichen Dorfbewohner auflöst.

Im Hinblick auf den vielversprechenden Anfang mag diese Entwicklung enttäuschen. Da jedoch die Inszenierung und die schauspielerischen Darbietungen auch bis zum Schluss stimmig sind, bleibt der Neunzigminüter dennoch bis zum Schluss reizvoll. Denn: Lieber ein TV-Krimi, der ein wenig aus dem Rahmen fällt, als ein völlig mutloser TV-Krimi.

«Mord am Höllengrund» ist am 8. September 2014 ab 20.15 Uhr im ZDF zu sehen.

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