Die Kino-Kritiker

«Side Effects»

von

Kurz vor seiner Regie-Auszeit sorgt Steven Soderbergh noch einmal für wendungsreiche Hochspannung.

Filmfacts «Side Effects»

  • Kinostart: 25. April 2013
  • Genre: Thriller
  • Laufzeit: 106 Min.
  • FSK: 16
  • Kamera: Steven Soderbergh
  • Musik: Thomas Newman
  • Autor: Scott Z. Burns
  • Regie: Steven Soderbergh
  • Darsteller: Rooney Mara, Carmen Pelaez, Channing Tatum, Jude Law
  • OT: Side Effects (US, 2013)
Nicht viele Filmemacher legen ein solch vielseitiges Talent an den Tag wie Steven Soderbergh. Im Laufe seiner Karriere hat der Regisseur schon zahlreiche verschiedene Genres bedient, mal Großproduktionen gestemmt, mal kleinere Indie-Werke realisiert, mit einem Film Hollywood-Mainstream, mit dem nächsten wieder waschechtes Arthouse-Kino (oder auch mal eine Mischung aus beidem) abgeliefert. Auch wenn er dabei längst nicht immer ins Schwarze getroffen hat, lassen sich in seiner beachtlichen Filmografie zweifellos solche Perlen wie «Traffic», «Erin Brockovich» (beide 2000) und natürlich die «Ocean’s»-Reihe (2001, 2004, 2007) finden.

Nachdem er sich mit dem beklemmenden und ebenfalls äußerst sehenswerten Virus-Drama «Contagion» (2011), dem trotz Starbesetzung allenfalls mittelprächtigen Action-Thriller «Haywire» und dem recht zwiespältig aufgenommenen Stripper-Film «Magic Mike» (beide 2012) zuletzt sehr produktiv zeigte, kündigte er nun an, sich auf unbestimmte Zeit aus dem Filmgeschäft zurückziehen zu wollen. Bevor er mit dem im Mai bei den Filmfestspielen von Cannes und im US-amerikanischen Fernsehen zu sehenden Biopic «Behind the Candelabra» seinen vorerst letzten Film vorstellt, liefert er mit dem Thriller «Side Effects», seinem diesjährigen Berlinale-Beitrag, aber noch einmal ein großes Stück Spannungskino, das schon jetzt ein schnelles Ende seiner Auszeit herbeisehnen lässt.

Im Mittelpunkt des Films steht die junge Grafik-Designerin Emily (Rooney Mara), die überglücklich scheint, als ihr Ehemann Martin (Channing Tatum) nach vierjähriger Freiheitsstrafe wegen Insiderhandels endlich wieder aus dem Gefängnis entlassen wird. Während sich Martin fortan darum bemüht, ihre einst so luxuriöse Existenz irgendwie wieder aufzubauen, ist Emilys anfängliche Euphorie ob der Rückkehr ihres Mannes schon bald verflogen und weicht einer tieferen Depression angesichts ihrer derzeit ungewissen Zukunftsperspektiven. Als dies gar in einem nicht erfolgreichen Selbstmordversuch mündet, begibt sie sich schließlich beim Psychiater Dr. Banks (Jude Law) in Behandlung. Dieser verschreibt ihr nach kurzer Zeit ein neues Medikament, um ihre Gefühlswelt wieder in Ordnung zu bringen, doch scheinen damit auch ungeahnte Nebenwirkungen einher zu gehen, welche nicht ohne Folgen bleiben.

Es sind in erster Linie vier einfache Dinge, die «Side Effects» zu dem sehenswerten Film werden ließen, der in dieser Woche nun endlich auch die deutschen Kinos erreicht. Da wäre zunächst die talentierte Rooney Mara («A Nightmare on Elm Street», «The Social Network»), die nach ihrem oscarnominierten Auftritt als Lisbeth Salander in David Finchers «Verblendung»-Remake (2011) erneut ihr überaus facettenreiches Spiel unter Beweis stellt. Sie weiß den depressiven Zustand ihrer Figur und deren verzweifeltes Bemühen um Ausbruch aus diesem besonders greifbar zu vermitteln. So kann auch die anfangs in ihren Szenen ständig mitschwingende Gefahr eines erneuten Selbstmordversuchs ihre volle beklemmende Wirkung entfalten und damit entscheidend zu der von der Vorahnung eines jeden Moment drohenden Unglücks geprägten Stimmung beitragen.

Doch auch Maras männlicher Gegenpart ist mit Jude Law («Sherlock Holmes», «Contagion») erstklassig besetzt. Der sympathische Brite erzeugt durch die fesselnde Verkörperung seiner im Laufe der Handlung in eine äußerst bedrückende und verzwickte Lage gebrachten Figur einerseits spielend Empathie, lässt aber durch subtile Anklänge in seiner Darstellung, vor allem im Zusammenspiel mit der Enthüllung eines Ereignisses aus der Vergangenheit seines Charakters, auch hin und wieder leichte Zweifel an dessen Gesinnung zu.

Als weiterer bedeutender Glücksgriff erweist sich das hervorragende Skript aus der Feder von Scott Z. Burns, der nach seiner Mitarbeit an «Das Bourne Ultimatum» (2007) bereits die Drehbücher für die Soderbergh-Filme «Der Informant» (2009) und «Contagion» verfasste. Mit «Side Effects» hat er ein recht komplexes Handlungsgeflecht ersonnen, bei dem nur sehr wenig so ist, wie es zunächst scheint. Zusätzlich dazu gelingt es ihm quasi im Vorbeigehen einen intelligenten und aktuellen Blick auf die teils äußerst fragwürdige Politik hinter dem Einsatz bestimmter Medikamente zur Behandlung psychischer Erkrankungen zu werfen.

Zu guter Letzt, wenn auch nicht an letzter Stelle, ist es wiederum die Regie von Steven Soderbergh, die alles zu einem stimmigen Ganzen verbindet. Gerade im Vergleich zu einigen seiner bisherigen Werke fällt auf, dass er in «Side Effects» weitestgehend auf ausgefallene optische Spielereien verzichtet und sich vielmehr auf eine relativ klassische spannungsgeladene Inszenierung in kühlen Bildern verlässt, die er jedoch hin und wieder mit einigen ungewöhnlichen Kamera- und Tiefenschärfeeinstellungen garniert und somit trotzdem mit seinem ganz eigenen Stil versehen kann.

«Side Effects» bietet mit einer packenden Mischung aus Krimi- und Psychothriller feinste Kinounterhaltung, die sowohl inhaltlich als auch darstellerisch überzeugt. Das verdankt die Produktion nicht zuletzt ihrem ausgezeichneten doppelbödigen Skript, welches zahlreiche Wendungen parat hält, diese aber stets schlüssig und niemals überkonstruiert auflöst. Auch wenn der Film sein hohes Spannungsniveau nicht ganz bis zum Ende halten kann, fordert er nach der recht schwankenden Qualität der jüngeren Arbeiten Steven Soderberghs nur einmal mehr dazu auf, die Hoffnung zu betonen, der Regisseur möge schneller als geplant eine Auszeit von seiner baldigen Auszeit nehmen.

«Side Effects» ist ab dem 26. April in vielen deutschen Kinos zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/63430
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