Die Kritiker

«Mordkommission Istanbul: Transit»

von  |  Quelle: Inhalt: ARD

Die neue Folge "Transit" zeigt, was in der Reihe «Mordkommission Istanbul» stecken kann - auch wenn das Format weiter kein Hochglanzfernsehen ist.

Inhalt:


Aus dem netten Abend, den Mehmet Özakin mit seiner Frau Sevim verbringen will, wird wieder einmal nichts. Der Kommissar muss zu einem Tatort, an dem der Schriftsteller und nebenberufliche Taxifahrer Tarik Önal erschossen wurde. Seinen letzten Fahrgast holte dieser von einem schummrigen Hotel ab, in dem Özakin und sein Kollege Mustafa Tombul einige Überraschungen erleben. Das Etablissement dient als Umschlagplatz für eine Schlepperbande, sein Besitzer ist kein anderer als Tarik Önals reicher Bruder Erdogan - der von diesen kriminellen Machenschaften angeblich nichts weiß.

Auf dem Überwachungsvideo des Hotels entdeckt der Kommissar eine unbekannte Frau, die zu Tarik Önal ins Taxi stieg: Sie ist die Letzte, die ihn lebend sah, doch von ihr fehlt jede Spur. Umso überraschter ist der Kommissar, als er ihr Gesicht im Schaufenster einer Buchhandlung entdeckt. Es ist die iranische Schriftstellerin Nesrin Bahrami, die in ihrem Heimatland wegen regimekritischer Äußerungen verfolgt wird. Offenbar ist sie geflohen und in Erdogans Hotel untergetaucht. Auf der Suche nach ihr kommt Özakin einem iranischen Geheimagenten in die Quere, der nicht sehr zimperlich ist. Schlimmer ist jedoch, dass Sevims beste Freundin Buket sich nach einem Wasserschaden bei den Özakins einquartiert hat. Und die blockiert morgens eine Stunde lang das Badezimmer.

Darsteller
Erol Sander («Sinan Toprak ist der Unbestechliche») als Mehmet Özakin
Idil Üner («KDD – Kriminaldauerdienst») als Sevim Özakin
Oscar Ortega Sánchez («Unser Mann im Süden») als Mustafa Tombul
Carolina Vera («Die Anwälte») als Nesrin
Tim Seyfi («Vincent will Meer») als Erdogan Önal
Metin Büktel («Köpek») als Haydar Ucar
Liane Forestieri («Die Verbrechen des Professor Capellari») als Aischa Önal

Kritik
Die Überraschung ist recht groß, denn die bisherige Entwicklung von «Mordkommission Istanbul» ließ es nicht vermuten. Umso positiver fällt es auf, dass die neue Folge „Transit“ zeigen kann, was möglich ist – trotz Degeto und trotz Regina Ziegler als Produzentin.

Natürlich erzählt das Drehbuch von Clemens Murath, das auf Figuren von Hülya Ozkan basiert, ohne jegliche narrative Ambition, natürlich fehlt es an Differenziertheit, natürlich gibt es keine Grauzonen zwischen den Guten und den Bösen, natürlich ist das alles klischeehaft und sentimental. Doch wenigstens umschifft man die größten Probleme, die die Degeto-Filme häufig zu den grässlichsten Schmonzetten des deutschen Fernsehens werden lassen, erzählt zwar sentimental, aber immerhin stimmig und lässt sich auch nicht vom Irrglauben leiten, dass sich der Spannungsaufbau „durch Gefühle“ schon geben wird.

«Mordkommission Istanbul – Transit» ist in sich logisch entworfen, die einzelnen Plot-Rädchen greifen ineinander, ohne dass es zumindest zum Himmel schreiend unglaubwürdig wird, die Handlungsmotive der Charaktere sind nachvollziehbar. Angesichts dessen, was man auf diesen Sendeplätzen sonst so ausstrahlt, sind das wirkliche Pluspunkte.

Sogar ein bisschen politische Relevanz konnte Murath in seinem Drehbuch noch unterbringen. Und das nicht einmal nur als bloßen Randaspekt ganz außerhalb des dramaturgischen Fokus, sondern als tragenden Plot-Pfeiler. Zwar wäre es sicherlich noch löblicher gewesen, sich hier noch mehr in die Tiefe zu wagen und ein differenzierteres Bild der menschenverachtenden Zustände im Iran zu entwerfen – doch wenn man weiß, wo man hier ist, ist das wohl das Maximum dessen, was bei der Degeto noch nicht als zu intellektuell verschrien ist.

«Mordkommission Istanbul – Transit» ist kein Hochglanzfernsehen. Bei Weitem nicht. Aber all das furchtbar Aufgesetzte, das Übersteigerte, dieses hemmungslose Emotionalisieren, diese ausschließliche Fokussierung auf alles Banale und Triviale, dieses vollständige Ausklammern jeglicher Themen, die eine gesellschaftliche oder politische Relevanz haben könnten, ist wenigstens in der neuen Ausgabe der Reihe vorbei. Hoffentlich eher ein Paradigmenwechsel als ein Ausrutscher. Man wird ja noch hoffen dürfen.

Das Erste zeigt «Mordkommission Istanbul: Transit» am Donnerstag, 20. September 2012, um 20.15 Uhr.

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