Die Kritiker

«Tod einer Brieftaube»

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Ein neuer Fall für Finn Zehender: Der Privatdetektiv hat sich häuslich im norddeutschen Dorf Aschberg eingerichtet. Auch die beiden Dorfpolizisten sind nicht mehr seine Konkurrenten, sondern fast Freunde geworden. Bei einer spielerischen Schießerei trifft Dorfpolizist Mühlfellner eine Brieftaube tödlich. An deren Fuß findet sich ein Brief, mit dem ein entführter Mann um Hilfe bittet. Finn sucht mit den Dorfpolizisten Anna Wippermann und Gerd Mühlfellner den örtlichen Kleintierzüchterverein auf, wo es eine große Brieftaubenvoliere gibt.

Zur Überraschung aller ist dort die Polizei in Gestalt der Hamburger Kommissarin Christiane Garde schon vor Ort. Der Sohn des Fabrikanten Döbbelin, Lars Döbbelin, ist entführt worden. Die Lösegeldforderung der Entführer beläuft sich auf drei Millionen Euro. Mit einer weiteren Brieftaubennachricht werden die Geokoordinaten des Ortes geschickt, wo die Geldübergabe erfolgen soll. Gerd Mühlfellner erklärt sich bereit, den Geldkoffer zu übergeben. In Zivil natürlich, denn die Polizei darf von Döbbelin senior nicht eingeschaltet werden. Die Geldübergabe geht prompt schief, und Mühlfellner ist nun schon die zweite Geisel. Eine neue Geldforderung beläuft sich auf fünf Millionen Euro. Mit knapper Not und einem Banküberfall gelingt es Finn, das Geld zu beschaffen.

Fabrikant Döbbelin traut der Polizei inzwischen nicht mehr über den Weg und beauftragt Finn, das verlorene Geld und die Geiselnehmer zu finden. Dafür stellt er ihm eine halbe Million in Aussicht. Mit seinen Fähigkeiten als Eidetiker gelingt es Privatdetektiv Finn, den Fall zu lösen. Dabei gerät er in Lebensgefahr, denn Kommissarin Christiane Garde steckt mit den Kidnappern unter einer Decke. Mit Hilfe der Dorfpolizistin Wippermann und seiner Freundin Agnes, die zwar noch Jura studiert, sich aber als Staatsanwältin ausgibt, gelingt es Zehender, Kommissarin Garde und die Kidnapper zu stellen.

Darsteller
Hinnerk Schönemann («Neue Vahr Süd») als Finn Zehender
Thomas Thieme («Rosa Roth») als Gerhard Mühlfellner
Daniela Schulz («Die Auflehnung») als Anna Wippermann
Katja Danowski («Heiter bis tödlich – Nordisch herb») als Agnes Sonntag
Stephanie Eidt («Die Bertinis») als Karin Herzog
Karoline Eichhorn («Der kleine Mann») als Christiane Garde
Jan-Gregor Kremp («23 – Nichts ist so wie es scheint») als Karl-Heinz Turn

Kritik
Der sehr gelungene Vorgängerfilm «Mörderisches Wespennest» legt die Messlatte natürlich hoch. Doch «Tod einer Brieftaube» kann die starke Vorlage noch einmal toppen. Das liegt unter Anderem daran, dass man den erzählerischen Fokus deutlich verschoben hat. War «Mörderisches Wespennest» wohl am ehesten noch als eine Allegorie auf die menschenverachtenden und korrupten Zustände in der deutschen Provinz zu lesen, fällt die Zurschaustellung dieser Bernhardschen Abgründe in «Tod einer Brieftaube» vollkommen weg. Denn diesmal muss Finn Zehender nicht einen örtlichen Polit- und Wirtschaftsskandal aufdecken, womit die gesellschaftliche Relevanz thematisch wegfällt, sondern er rutscht selbst in eine Intrige, aus der er vielleicht nicht mehr lebend herauskommt.

Das Hauptaugenmerk liegt diesmal bei den komödiantischen Elementen. Da stört es – anders als dies in «Mörderisches Wespennest» der Fall war – nicht im geringsten, dass hier insgesamt wenig glaubwürdig ist. Natürlich bekommt man niemanden so mir nichts, dir nichts aus dem Knast, wie das Agnes Sonntag hier gelingt. Und natürlich erhält man nicht so einfach Zugang zu polizeilichen Computersystemen, wie Finn das immer wieder schafft. Hoffentlich zumindest. Doch in einer Komödie liegt der Schlüssel eher in der Nachvollziehbarkeit der Handlungsweisen der einzelnen Charaktere. Man kann und muss es sich in diesem Genre des öfteren erlauben, an den konkreten Verhältnissen der Realität vorbeizuerzählen. Holger Karsten Schmidt hat hier ein sehr gutes Maß gefunden und in sich völlig stimmige Figuren entworfen.

Auch stilistisch können dieses Drehbuch und die szenische Inszenierung von Regisseur Markus Imboden voll überzeugen. Vieles ist hier zum Schreien komisch. Die Punchlines fallen gewissermaßen im Vorbeigehen, das Absurde wird gezeigt, ohne ständig die Absurdheit zu betonen. All das Skurrile wirkt hier fast schon natürlich. Schmidt erzählt die Geschichten seiner zwar künstlichen aber nach klaren Regeln funktionierenden Welt äußerst trocken und mit großem Feingefühl.

Es ist jedoch nicht nur die hochwertig geschriebene dramaturgische Grundlage, die hier äußerst positiv auffallen kann. Auch das Schauspielerensemble trägt einen großen Teil zum Gelingen dieses Films bei. Mit Hinnerk Schönemann und Thomas Thieme kann man ohnehin so ziemlich alles erzählen. Besonders Thieme hat seinen Ruf als versierter und vor allem vielseitiger Charakterdarsteller nicht umsonst. Schön auch, dass man die Rolle der Anna Wippermann im Vergleich zum Vorgängerfilm deutlich ausgebaut hat und Daniela Schulz die Gelegenheit zu mehr Screen-Time bietet. Diese Gelegenheit nutzt sie auch.

In «Tod einer Brieftaube» mögen die gesellschaftskritischen Untertöne und damit auch die politisch-gesellschaftliche Relevanz weggefallen sein. Durch das Verschieben des Fokus auf die Aberwitzigkeiten der Charaktere fährt man im Endeffekt jedoch besser, da Schmidt nun deutlich mehr Raum für allerhand narrative Skurrilitäten hat, die zuvor das Thema manchmal unangenehm verwässerten.

Das ZDF zeigt «Tod einer Brieftaube» am Montag, 16. April 2012, um 20.15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/56104
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