Weißt du noch?

Weißt du noch? Als erstmals Promi-Fäuste flogen

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Das Promi-Boxen kehrt ins Fernsehen zurück – und zu seiner heimlichen Geburtsstätte ProSieben.

Wenn auf ProSieben «taff»-Moderator Daniel Aminati im Boxring gegen Männermodel Nico Schwanz antritt und der Münchener Sender mit dem Kampf zwischen den einstigen Dschungelcamp-Insassen Micaela Schäfer und Indira Weis die so genannte „Silikon-Klasse“ einführt, dann findet das Promi-Boxen nicht nur ins Fernsehen zurück, sondern auch zu seinem Geburtsort. Denn noch bevor die Kölner Konkurrenz das «RTL Promi-Boxen» über den Sender brachte, erprügelte sich die selbst ernannte Killerplauze Stefan Raab über die Hälfte des werberelevanten Fernsehmarktes.

Doch auch der legendäre Boxkampf Raab vs. Halmich hatte eine nennenswerte Vorgeschichte, selbst wenn diese von der Fernseh-Geschichtsschreibung oftmals vergessen wird. Am 8. Februar 2001 begrüßte Stefan Raab die Box-Weltmeisterin Regina Halmich in einer regulären Ausgabe von «TV total», deren Höhepunkt ein Sparringskampf über die Dauer einer Runde darstellte. Dieses improvisierte Duell endete laut Kampfrichter „fast unentschieden“, obwohl der verblüffte Raab sogar von einer sich stark zurücknehmenden Halmich regelrecht in die Ecke gedrängt wurde. Kurz darauf kündigten die Junior-Fliegengewichtlerin und der Entertainer ein ausgewachsenes Rematch nach Profiregeln an, bei deren Inszenierung sich erstmals Raabs megalomanisches Verständnis von Fernsehunterhaltung zeigte.

Die Box-Sondersendung von Raabs Unterhaltungsshow eröffnete mit dem von Pyrotechnik begleiteten Entrollen des Kampfplakats, darüber hinaus gab es eine Musikeinlage und einen ironisch zelebrierten, ellenlangen Showeinlauf Raabs. Außerdem gingen dem «TV total Boxen Extra» vom 22. März 2001 eine wochenlange Vorberichterstattung über Raabs Training sowie ein medientauglich aufgebauschtes Wortgefecht zwischen den beiden Kontrahenten voraus. Dieser Vorlauf brachte nicht nur Zitate wie „Wenn ich Regina treffe, können sie die mit der Flex aus dem Ringboden holen!“ oder „Stefan soll wissen, was Schmerzen sind!“ hervor, sondern dürfte wohl auch das Publikumsinteresse ordentlich angefacht haben. Im umgebauten «TV total»-Studio tümmelten sich zahlreiche prominente Gäste, die den Kampf zwischen Boxerin und Lästermaul nicht abwarten konnten, und auch die Medien blickten neugierig auf das versprochene Spektakel, welches Halmich als Siegerin nach Punkten für sich entschied.

Am Tag darauf durften Raab und ProSieben über Quoten staunen, die man sich wohl selbst in den kühnsten Träumen nicht erhoffte: Im Schnitt verfolgten 7,37 Millionen Menschen das ungewöhnliche Sport-Ereignis, in der Spitze wurden sogar 9,03 Millionen gemessen. In der werberelevanten Zielgruppe wurden bei durchschnittlich 5,46 Millionen Zuschauern sogar unglaubliche 55,6 Prozent generiert, bei den 14- bis 29-Jährigen sprach ProSieben von sensationellen 73,5 Prozent Marktanteil. Der Nasenbruch, den sich Raab beim Kampf zuzog, machte sich demnach mehr als bezahlt und das «TV total»-Event war geboren. Die meisten Zutaten waren schließlich schon vorhanden: „Isch liebe Deutscheland“ als Nationalhymne, Feuerwerk, der zunehmend verrückter werdende Einmarsch Stefan Raabs und auch Moderator Oliver Welke sollte Jahre später zum raab'schen Sport-Event zurückfinden.

Wenn man ein Haar in der Suppe finden will, dann ist es Raabs gescheiteter Versuch, seine sportliche Herausforderung dazu zu nutzen, einen von ihm produzierten Song zum Chartstürmer hoch zu züchten: Der „offizielle Song zum Kampf“ vom Schweizer Geschwisterpaar Dankner und Gastrapper Tyron Ricketts stieg in den deutschen Charts bloß auf Platz 35 ein und konnte sich danach nicht weiter nach oben kämpfen. Die von Raab mitverfasste Single „Ce qu'on sait (Baby, do you wanna get down with me)“ wurde bald darauf vom Mantel des Vergessens umhüllt.

Knapp ein Jahr später, am 13. März 2002, flimmerte auf der anderen Seite des großen Teichs dank dem Sender FOX das große «Celebrity Boxing» über die Schirme. Dort traten (Ex-)Promis wie Vanilla Ice und Paula Jones in den Ring. Das rechtfertigte zwar zwei Monate später eine weitere Ausgabe, daraufhin fand das von Magazinen wie dem TV Guide als eine der schlechtesten Fernsehsendungen aller Zeiten bezeichnete Format allerdings ein jähes Ende. Hierzulande hinderte das RTL und die Produktionsfirma Brainpool nicht daran, die Promiklopperei fürs deutsche Fernsehen zu adaptieren. Ein nachvollziehbarer Entschluss, nachdem die Köln-Mühlheimer TV-Produzenten schon mit Raabs Boxkampf jegliche Konkurrenz in Grund und Boden stampften.

Mit von der Partie waren unter anderem Joey Kelly, damals noch nicht als Raabs ewiger Konkurrent bekannt, MTV-Moderator Pierre Geisensetter und Ex-Pornodarstellerin (sowie «TV total Boxen Extra»-Nummernmädchen) Michaela Schaffrath. Das «RTL Promi-Boxen» fand am 26. Oktober 2002 vor durchschnittlich 5,28 Millionen Fernsehenden ab drei Jahren und 27,3 Prozent der Werberelevanten statt – auch in der Spitze (bis zu sieben Millionen Gesamtzuschauer) nicht ganz so gefragt wie Raabs Kampf gegen Halmich, dennoch mehr als genug für eine Fortsetzung. Diese erfolgte im März des Folgejahres, in der sich der damalige «DSDS»-Moderator Carsten Spengemann gegen Detlef „D!“ Soost geschlagen geben musste. Die Reichweite stieg auf durchschnittlich 5,33 Millionen Neugierige ab drei Jahren und 28,8 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen. Ein Jahr später verlor das dritte «RTL Promi-Boxen» an Zugkraft, doch es waren nicht die Quoten, sondern der von RTL befürchtete Imageschaden, der dem Format das Genick brach.

Bei Brainpool hatte man derweil offenbar Blut geleckt und produzierte ab Februar 2007 erneut Boxsendungen, dieses Mal aber in Form der «ProSieben Fight Night», in der Profiwettkämpfe von Newcomern übertragen werden sollten. Als Expertin und Co-Moderatorin wurde Regina Halmich angekündigt, die wenige Tage vor der ersten Ausgabe als Moderationspartner Stefan Raab zur Seite gestellt bekam. Während der Sendung lehnte die Boxerin Raabs wiederholte Forderungen einer Revanche noch streng ab, allerdings wurde schon kurz darauf „The Return of the Killerplauze“ öffentlich angekündigt – ein Schelm, der Absprachen dahinter vermutet. Oder gar Bemühungen, dem nur mittelprächtigen Sendestart eine Sensation nachzureichen.

Wie weit die Revanche Raabs gegen Halmich auch vorausgeplant wurde (schon im Dezember 2006 gab Halmich dem Entertainer einen Korb – zumindest öffentlich), bleibt wohl ein Geheimnis der Beteiligten. Jedenfalls fand sie bereits am 30. März 2007 statt und konnte sogar die Gesamtreichweite des sechs Jahre zuvor abgehaltenen Duells überbieten: Durchschnittlich 7,74 Millionen Zuschauer, in der Spitze sogar 9,47 Millionen, verfolgten den in die ProSieben-Boxnacht eingebetteten Kampf. In der Zielgruppe ließen die Werte im Vergleich zum Vorbild aller Raab-Events etwas nach, trotzdem dürfte wohl kaum jemand ob phänomenaler 43,5 Prozent Marktanteil und einer Reichweite von im Schnitt 4,32 Millionen 14- bis 49-Jährigen eine Träne vergossen haben.

Nahezu auf den Tag genau fünf Jahre später tauscht ProSieben das Umfeld des Profi-Boxens wieder gegen reines (B-)Promi-Spektakel aus. Fast hätte Brainpool diese Neuauflage bei Sat.1 untergebracht, aber innerhalb der ProSiebenSat.1-Gruppe scheint man rechtzeitig erkannt zu haben, dass das überhaupt nicht zur Programmfarbe des so genannten „Kuschelsenders“ passt. ProSieben ist da definitiv die logischere Wahl, denn dort kommen durch die Raab-Events eh regelmäßig (B-)Promis ins Schwitzen und brechen sich ab und an auch ein paar Knochen. Sollte am Sonntagmorgen Evil Jared und Co. mit ihren Verletzungen der Sprung ins Feuilleton gelingen, dann hat sich der Kreis des Promi-Boxens also fast geschlossen. Für den makellosen Kreisschluss fehlt bloß noch ein Cameo von Stefan Raab.

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