Kino-Check

Neu im Kino: Von Marsmenschen und Machtspielen

von
Ein Disney-SciFi-Spektakel auf dem Mars und ein deutscher Thriller mit Moritz Bleibtreu kommen in die Kinos.

«John Carter – Zwischen zwei Welten»


John Carter (Taylor Kitsch) weiß nicht, wie ihm geschieht: Der Soldat schläft am Rande des amerikanischen Bürgerkriegs ein – und findet sich plötzlich auf dem Planet Mars wieder. Wie er dorthin gekommen ist? Weiß niemand, schon gar nicht er selbst. Was er dort soll? Findet er allmählich heraus: Denn auf dem Mars kämpfen verfeindete Stämme und Kulturen bis aufs Blut um die Vorherrschaft über ihren eigenen Planeten, den sie Barsoom nennen. Und John Carter könnte die entscheidende Waffe sein, den Konflikt zwischen den Völkern zu beenden – denn auf dem Mars entwickelt er ungeahnte Kräfte. Carter lernt auf seinem Abenteuer den Anführer Tars Tarkas (Willem Dafoe) und die schöne, kämpferische Prinzessin Dejah (Lynn Collins) kennen und versucht herauszufinden, warum es Krieg gibt auf Barsoom. Und wie dieser friedlich beendet werden kann.

Der Disney-Blockbuster «John Carter» verschlang ein immenses Budget von geschätzten 250 Millionen Dollar und sollte deswegen zum großen Kinohit werden, um die Kosten halbwegs einspielen zu können. Welchen Zweck ein den Journalisten auferlegtes Review-Embargo hatte, bleibt fraglich: Bis eine Woche vor Kinostart durften Rezensionen über «John Carter» nicht veröffentlicht werden. Dabei brauchte sich Disney nicht vor schlechter Presse zu fürchten: Die US-Kritiken sind durchweg positiv, wie beispielsweise bei Dave Golder vom «SFX»-Magazin, der die schauspielerische Klasse im Film hervorhebt: Zwar sei Taylor Kitsch ein „etwas farbloser Charakter“, der zur Klimax des Films aber „auflebt“. Und „Lynn Collins‘ resolute Dejah Thoris ist die beste kick-ass Sci-Fi-Prinzessin seit Leia (aus «Star Wars», Anm.).“ Stephen Lambrechts von IGN.com spricht von einem „nicht gänzlich perfekten Film“, der aber „wundersames, aufregendes und emotionales Entertainment ist, das am Ende genau den richtigen Ton trifft. Dies ist eines der seltenen Epen, die nicht nur visuell spektakulär sind, sondern auch voller Herz.“ Carsten Baumgardt von Filmstarts.de ist nicht ganz begeistert und kritisiert den Inhalt, denn „wer da warum gegen wen kämpft, ist über die gesamte Dauer des über zweistündigen Films nicht einfach zu durchschauen“. Außerdem könnten die Nebendarsteller „nicht ganz mithalten“. Dennoch nutze Regisseur Andrew Stanton „seine kreative Freiheit und die beachtlichen Mittel zu einem wüsten interplanetaren Schlachtengemälde, das trotz einiger Mängel eine Menge Spaß macht.“

OT: «John Carter» von Andrew Stanton. Mit Taylor Kitsch, Lynn Collins, Willem Dafoe, Samantha Morton, Dominic West und Mark Strong.

«Haywire»


Mallory Kane (Gina Carano) ist eine erfolgreiche Geheimagentin der Vereinigten Staaten von Amerika. Weil sie eine der besten ist, wird sie für die schwierigsten und geheimsten Aufträge herangezogen. So geheim, dass Mallorys Auftraggeber jegliche Verbindungen zu ihr leugnen müssen – und notfalls ihren Tod in Kauf nehmen, bevor die Sache auffliegt. Nach einer erfolgreichen Operation in Barcelona wird Mallory mit dem britischen Agenten Paul (Michael Fassbender) nach Dublin geschickt. Doch der dortige Auftrag geht schief – und Mallory findet sich plötzlich selbst als Zielscheibe von Killern wieder. Sie glaubt, dass sie hintergangen und verraten wurde. Aber von wem?

Der Agenten-Thriller «Haywire» ist der neueste Streich des Regisseurs Steven Sonderbergh, der 2011 mit dem verstörenden Virus-Film «Contagion» viel Lob ernten konnte. Auch sein neuer Streifen kommt bei der Presse größtenteils gut an. David Assmann vom Tagesspiegel vergleicht Sonderberghs letzten beiden Filme, da «Haywire» „mit seiner elliptischen Erzählweise und dem kühlen Look stilistisch an den erst im vergangenen Herbst angelaufenen Pandemie-Thriller «Contagion»“ anknüpfe. Zudem lobt Assmann die Actionsequenzen: Der „Höhepunkt, eine zehnminütige Verfolgungsjagd über die Dächer von Dublin, ist perfekt inszeniertes Spannungskino.“ Auch Todd McCarthy vom Hollywood Reporter sieht die Actionszenen „als das Argument des Films“ an, während das Drehbuch „sich nicht bemüht, seiner Plausibilität und dem Realismus Geltung zu verschaffen; stattdessen steht es erfrischend offen dazu, was es ist: ein einfaches, funktionsfähiges Gerüst für die Nahkämpfe und das Chaos.“ Thomas Groh von perlentaucher.de ist ebenfalls begeistert von den Kampfszenen, die durch Gina Caranos Hintergrund als Martial-Arts-Kämpferin an Klasse gewinnen: „Sowas hat das Körper- und Bewegungskino, das der Actionfilm für lange Zeit mal war und zu dem «Haywire» in reinster Form zurückkehrt, noch nicht gesehen.“ Die Hauptdarstellerin sei ein „ungeheurer Gewinn: Kaum eine Viertelstunde vergeht, ohne dass Carano atemberaubend die Fäuste schwingt und noch ganz andere Stunts vollführt, um ihre Häscher zu erlegen.“

OT: «Haywire» von Steven Sonderbergh. Mit Gina Carano, Michael Fassbender, Channing Tatum und Ewan McGregor.

«Die vierte Macht»


Der Szenejournalist Paul Jensen (Moritz Bleibtreu) will seinem langweiligen Leben entkommen sucht nach einer neuen beruflichen Herausforderung: Von Berlin macht er sich auf nach Moskau und heuert als Autor bei der Zeitschrift seines früheren Mentors Alexej Onjegin (Rade Serbedzija) an. Dort verliebt er sich in die schöne Katja (Kasia Smutniak) und veröffentlicht ihr zuliebe einen politisch motivierten Nachruf, der eigentlich nicht erscheinen sollte. Schnell wird Paul klar, dass er in ein gefährliches Spiel um Macht und Politik hineingeraten ist: Nicht nur kommt Katja bald bei einem Bombenanschlag ums Leben, sondern auch er gerät in die Schusslinie und wird wegen Terrorismusverdachts hinter Gitter gesperrt. Die Auslieferung durch seinen Freund Alexej bringt Paul zurück in die Freiheit – aber seine wahren Feinde sind ihm nun noch dichter auf den Fersen.

Der deutsche Thriller «Die vierte Macht» stammt von Regisseur Dennis Gansel, der schon 2008 mit der Verfilmung des Romans «Die Welle» Erfolge feiern konnte. Melanie Lauer von Filmstarts.de bescheinigt Gansels neuem Streifen „über weite Strecken spannungsgeladene Unterhaltung“ und eine Qualität, die „den internationalen Vergleich produktionstechnisch nicht scheuen“ müsse. Der Film zeichnet ein kritisches Bild von Russland, denn „Spione, Agenten und Strippenzieher verbreiten in «Die vierte Macht» noch immer genauso viel Schrecken und Terror wie zu schlimmsten KGB-Zeiten.“ Leider „verfängt sich Gansel im Verlauf der Handlung im Wechselspiel aus realen Bezügen und fiktiver Erzählung“ und biete eine „nicht ganz überzeugende Schlusswendung“. Ähnlich sieht es Kim Reichard von gamona.de: «Die vierte Macht» ist ein Politthriller, der sich zu Beginn „unheimlich gut“ schlage, dem aber „auf der Zielgeraden nahezu asthmatisch die Luft ausgeht.“ Bei der „gefühlt 100. Wendung zweifelt der Zuschauer an der Glaubwürdigkeit des Films.“ Die Schauspieler überzeugen dagegen, so verleihe Bleibtreu „der Figur des Paul Jensen viel Ausdrucksstärke“ und seine Kollegen „liefern eine sehenswerte Perfomance ab.“ Laut Hanswerner Kruse von Suite101 verkörpere Bleibtreu seine Figur „authentisch“, am Ende aber „wird das Pathos doch ein wenig dick aufgetragen.“ Insgesamt sei «Die vierte Macht» „ein erstaunlich aufregender Polit-Thriller” und „von erschreckender Aktualität“.

«Die vierte Macht» von Dennis Gansel. Mit Moritz Bleibtreu, Rade Serbedzija, Kasia Smutniak und Max Riemelt.

«Barbara»


Die DDR in den 80er Jahren: Die Ärztin Barbara (Nina Hoss) stellt einen Ausreiseantrag, will weg aus ihrem Land, hinein in die Freiheit. Ihr Geliebter Jörg (Mark Waschke) aus dem Westen hat schon alle Vorbereitungen getroffen, sollte sie über die Grenze dürfen – doch sie darf nicht. Stattdessen versetzt der Staat sie in ein Provinzkrankenhaus. Dort spricht sich herum, dass Barbara ausreisen wollte – von nun an fürchtet sie, ständig beschattet und von Stasi-Spitzeln verfolgt zu werden. Nur der Arzt André (Ronald Zehrfeld) scheint freundlich, fürsorglich, Vertrauen erweckend. Aber ist er vielleicht auch einer der Spitzel? Barbara verliert die klare Sicht, kann Gefühle nicht mehr einschätzen. Das zerstörerische DDR-System scheint seine Wirkung zu zeigen…

Das leise DDR-Drama «Barbara» war schon zur diesjährigen Berlinale ein viel gelobter Beitrag. Kai-Oliver Derks von der teleschau schreibt aufgrund des Presseechos: „Wäre die Berlinale 2012 nach sechs Tagen zu Ende gewesen, der deutsche Wettbewerbsbeitrag Barbara wäre vermutlich mit dem Goldenen Bären als bester Film ausgezeichnet worden.“ Immerhin erhielt Christian Petzold («Yella», «Dreileben») am Schluss den Silbernen Bären für die beste Regie. Laut Derks ist «Barbara» „zuvorderst ein Beziehungsfilm und bezieht daraus seine besondere Spannung.“ Leider fokussiere sich der Film später zu sehr auf die männliche Hauptrolle des André und nicht auf Barbara, denn „wie am Ende deren Weg aussieht, ahnt der aufmerksame Zuschauer leider schon viel zu früh.“ Überraschungen biete das Drama daher später nicht mehr. Nino Klinger von critic.de betont den Interessenskonflikt, den eine Ärztin in der DDR durchmacht: „Der hippokratische Eid und die Vaterlandstreue kommen da schnell in Konflikt. (…)Wem wird geholfen, dem Genossen oder der Privatperson?” Dabei wolle der Film nicht „mit dem ‚Unrechtsstaat‘ DDR abrechnen”, sondern begegne ihm „mit einer unaufgeregten Selbstverständlichkeit, ohne Verzerrungen, ohne Beschönigungen.“ Verena Lueken von der FAZ hat die Tonkulisse von «Barbara» begeistert: „Es gibt einen konstanten Pegel von Lärm in der Stille des Landes, den aber niemand wahrzunehmen scheint. Es ist der DDR-Soundtrack aus Originaltönen, der einen auf die Stuhlkante zwingt wie in einem Thriller.“ Regisseur Petzold „zeigt in großen Kinobildern mit der großen Geste, wie wir sie aus amerikanischen Filmen kennen: Dies ist unser Land.“ Gegen seinen Film „sieht «Das Leben der anderen» wie ein Boheme-Märchen aus“, so Kritikerin Verena Lueken.

OT: «Barbara» von Christian Petzold. Mit Nina Hoss, Ronald Zehrfeld, Mark Waschke und Jasna Fritzi Bauer.

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