Schlüter sieht's

«Schlüter sieht's»: ARD-Talkshows – Die Abrechnung

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Unser Kolumnist hat gerechnet: Welche Talkshows im Ersten stehen nach der großen Programmreform besser da?

Gefühlt ist Günther Jauch noch nicht wirklich in der ARD angekommen; gefühlt ist Reinhold Beckmann der große Verlierer der Talkshow-Reform 2011 im Ersten; gefühlt hat Frank Plasberg mit seinem «Hart aber fair» viele Zuschauer auf dem neuen Sendeplatz verloren. Gut, dass es die Zahlen gibt, die solche Aussagen überprüfen: Wie erfolgreich sind die fünf Talkshows im Ersten wirklich nach der großen Reform, die im August 2011 stattfand?

In der folgenden Analyse werden die Einschaltquoten der ersten Sendungen 2012 mit jenen der ersten Sendungen 2011 verglichen. Dies ist insofern fair, weil die Talkshows nach der mehrwöchigen Winterpause schon ein paar Monate auf den neuen Sendeplätzen ausgestrahlt wurden – wenn die Zuschauer nach der Pause wiederkommen, sind die Zahlen umso fundierter. Verzerrt würde das Bild jedoch, wenn noch Zahlen aus 2011 in die Berechnung mit einfließen, denn ein wenig Anlaufzeit sollte man sowohl den Shows als auch den Zuschauern zugestehen, um sich mit dem neuen Programmschema anzufreunden.

Günther Jauch


Hat sich der pompöse Neuzugang Günther Jauch für die ARD gelohnt? In den ersten Ausgaben des Jahres 2011 lief es für seine Sonntags-Talkshow nicht viel besser als bei «Anne Will» im Vorjahreszeitraum. Ein paar Monate später sieht dies ganz anders aus: Die ersten sechs Ausgaben 2012 verfolgten im Schnitt 4,80 Millionen Zuschauer ab drei Jahren und damit 15,4 Prozent. Dagegen hatte «Anne Will» mit den ersten sechs Folgen im Vorjahr 2011 „nur“ 3,83 Millionen Zuschauer anlocken können. Der Marktanteil lag damals bei 12,3 Prozent. Damit hat Jauch auf dem Sonntags-Sendeplatz ungefähr eine Million Zuschauer hinzugewonnen.

Anne Will
Ihre Talkshow musste für Jauch auf den späten Mittwochabend weichen, wo «Anne Will» gegen 22.45 Uhr startet. Die bisherigen drei Folgen, die 2012 ausgestrahlt wurden, holten 11,1 Prozent Marktanteil beim Gesamtpublikum. Vor einem Jahr kamen die ersten Folgen 2011 auf leicht bessere 12,8 Prozent. Trotz dieser Verluste ist Anne Will zu beglückwünschen: Damals hatte sie mit dem «Tatort» ein deutlich stärkeres Vorprogramm, das automatisch einige Zuschauer brachte. Nun schafft sie es quasi aus eigener Kraft (das Vorprogramm sind nun die «Tagesthemen») auf zweistellige Marktanteile – Ende 2011 war dies übrigens oft anders. Anne Will ist damit zwar keine große Gewinnerin der Talkshow-Reform, zumindest aber eine kleine.

Hart aber fair


Frank Plasberg rutschte mit seinem Gesellschafts-Talk auf den Montag und darf nun schon um 21 Uhr starten. Sein vorheriger Sendeplatz war der Mittwoch ab 21.45 Uhr, wo er oftmals von den starken Quoten der eigenproduzierten Filme profitierte. Nun muss sich «Hart aber fair» gegen die stärkste Konkurrenz beweisen, beispielsweise gegen «Rach, der Restauranttester». Dennoch kann die ARD auch hier zufrieden sein: Die ersten fünf Folgen des Jahres sahen 4,14 Millionen Menschen gegenüber 3,62 Millionen im Vorjahreszeitraum. Die Reichweite stieg besonders aufgrund der früheren Sendezeit an – bei den Marktanteilen sieht es umgekehrt aus: Die ersten fünf Shows 2011 sahen 14,5 Prozent aller Fernsehzuschauer, im Jahr 2012 sind es bisher 12,6 Prozent. Gegenüber früheren Formaten auf diesem Montags-Sendeplatz, beispielsweise der Reihe «Legenden», sind Plasbergs Quoten eine deutliche Steigerung. Außerdem lief es vor der Winterpause mit einstelligen Marktanteilen noch deutlich schlechter.

Beckmann


Reinhold Beckmanns investigativer Talk gilt als der große Verlierer der Talkshow-Reform, hatte er doch auf dem neuen Donnerstags-Sendeplatz teils katastrophale Zuschauerzahlen. Im Jahr 2012 gestalten sich die Quoten etwas erträglicher: Die ersten fünf Folgen des Jahres sahen 1,27 Millionen Menschen und damit 7,9 Prozent aller Fernsehzuschauer. Im Vorjahreszeitraum hatte «Beckmann» 1,54 Millionen Zuschauer und 9,6 Prozent Marktanteil. Es stimmt also, dass der Talker einige Zuschauer verloren hat – aber gegenüber den Zahlen vor der Winterpause konnte man sich leicht steigern. Interessant ist auch die Parallele zu «Harald Schmidt», der vorher auf Beckmanns Donnerstags-Sendeplatz ausgestrahlt wurde. Die Comedy hatte im Vergleichszeitraum 2011 genau 1,27 Millionen Zuschauer – und damit exakt so viele, wie derzeit Beckmann. Dieser hat es zwar nicht geschafft, Schmidts Quote zu steigern, aber immerhin auch nichts verloren. Ein Flop sähe anders aus.

Menschen bei Maischberger


Sandra Maischbergers Talk ist der einzige, der von der Programmreform nicht betroffen war: Weiterhin geht das Format am Dienstag gegen 22.45 Uhr auf Sendung. Und hier zeigen die Vergleichszahlen am eindrucksvollsten, dass man den ARD-Talkshows Zeit geben muss: Mit 2,06 Millionen Zuschauern hielt «Menschen bei Maischberger» seine Reichweite gegenüber den ersten Ausgaben des Jahres 2011 nahezu konstant, denn damals sahen 2,00 Millionen zu. Der Marktanteil von 12,0 Prozent blieb exakt derselbe.

Das Beispiel Maischberger könnte nicht besser unter Beweis stellen, dass ein konstanter Sendeplatz Gold wert ist – und dann zu entsprechend guten Quoten führt. Daher braucht es weiter Zeit, bis sich die neuen Sendeplätze für die ARD-Talkshows wirklich auszahlen. Aber diese Analyse zeigt: So schlecht steht es gar nicht um die Plauderer im Ersten. Angesichts der Umstände schlagen sich alle Formate gut; einziges Problem bleibt «Beckmann», das bisher die schwächsten Quoten vorweist. Aber auch dies ist kein Flop angesichts des Vergleichs mit Harald Schmidt, der keine besseren Zuschauerzahlen hatte. Fest steht: Die ersten Sendungen im neuen Jahr haben die ARD-Talker gut überstanden. Sollte man sich im Laufe des Jahres weiter so steigern können, wie dies bisher auf den neuen Sendeplätzen geschehen ist, wäre die große Programmreform endgültig ein Erfolg.

Jan Schlüters Branchenkommentar gibt es jeden Mittwoch nur auf Quotenmeter.de.

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