Hingeschaut

«Babyalarm!»: Moralische Verrohung des Privatfernsehens

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Das Privatfernsehen hat die Teeniemütter wiederentdeckt – auch Sat.1 zieht mit einem neuen Format nach.

RTL tut es, ProSieben tut es immer mal wieder und RTL II tut es sowieso: Ob «Die Super Nanny» oder «Erwachsen auf Probe», Formate wie «Entscheidung am Nachmittag» oder «U20» und das zuletzt recht erfolgreiche «Teenie-Mütter» – all diese Sendungen portraitieren und helfen mal mehr, mal weniger ausführlich Minderjährigen, die gewollt oder ungewollt Mutter werden. Nun hat offensichtlich auch Sat.1 Gewissensbisse bekommen, denn seit knapp einem Monat hat sich der Berliner Sender der zweifelhaften Aufgabe angenommen, «Teeniemüttern in Not» beratend zur Seite zu stehen. Die Programmierung eines derartigen Formats ist nur konsequent, feiern doch fast alle größeren Privatsender gute Erfolge mit entsprechenden Thematiken.

Doch was erfolgreich ist, korreliert im Falle des deutschen Fernsehens nicht zwangsläufig mit qualitativen Maßstäben. Der Vorabendschund «Babyalarm! Teeniemütter in Not» darf sich da nur als ein weiteres Beispiel in der schier endlosen Reihe trauriger Ideenlosigkeit und billiger Realityproduktionen einreihen. Wie schon der reißerische Titel suggeriert, hat Sat.1 sich mit dem Format kein pädagogisches Lebenswerk aufgebürdet, sondern profitiert von der existenziellen und immer verfügbaren Not Einzelner, die wie so oft mit dem vorwurfsvollen Voyeurismus erhoffter Zuschauermassen kokettiert. Dafür sorgen die obligatorischen und ob der Omnipräsenz in ähnlichen Formaten mittlerweile bis in die Lächerlichkeit verzerrten Schwarz-Weiß-Aufnahmen mit unterlegter Horrorfilmmusik, gierige Nahaufnahmen auf von Rechtschreibfehlern gespickte Einkaufszettel oder Listen und eine immerzu präsente unterschwellige Bevormundung.

Für den vermeintlichen pädagogischen Aspekt sorgt Diplom-Sozialpädagogin Simone Tabke, die wenig konsequent, dafür aber mit vielen, vielen klugen Ratschlägen die eh schon überforderten jungen Eltern bombardiert. Alte Traumata, ob Vergewaltigung oder der Verlust von Verwandten, werden in tränenreicher Fülle ausgiebig vor der Kamera besprochen, als nette Geste danach das verdreckte Wohnzimmer aufgeräumt und nach zwei Wochen nochmals nach dem Rechten geschaut. Dass viel tiefergehende Probleme hinter einem staubigen Badezimmerboden oder sich in der Ecke stapelnder Dreckwäsche stehen, wird zwar nicht verschwiegen, allerdings auch nicht in den Vordergrund gestellt. Und damit bleibt «Babyalarm! Teeniemütter in Not» wie so viele andere Formate seiner Art eine verallgemeinernde Skandalisierung, die die Protagonisten langfristig weiterhin perspektivlos am langen Arm verhungern lässt. Hier gewinnt nur Sat.1 – wenn überhaupt.

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