Die Kritiker

«Salami Aleikum»

von
Inhalt
Der schmächtige Deutsch-Iraner ist bereits Ende 20 und lebt immer noch bei seinen Eltern. Sein Vater hält ihn für einen Versager. Mohsen hat für sich zwei Wege gefunden, damit fertig zu werden. Entweder rettet er sich in Tagträumereien oder - wenn es ganz dick kommt - strickt er, um zu entspannen. Mohsen strickt viel.

Beim Versuch, mit billigen Schafen aus Polen die elterliche Schlachterei zu retten, strandet er mit seinem Kleinlaster ausgerechnet in der tiefsten ostdeutschen Provinz: in einem verstaubten kleinen Dorf, dessen Bewohner alles Neue und Fremde nach der Wende 1989 misstrauisch beäugen. Ausländer werden dort gar nicht gern gesehen. Doch das ist Mohsen egal. Denn er findet seine Traumfrau: Ana, die Automechanikerin, groß, stark und blond.

Aber dann verstrickt sich Mohsen in die größte Lüge seines Lebens: Um der Vegetarierin Ana zu gefallen, gibt er sich als Textilhändler aus. Und schon wittert ganz Oberniederwalde den fetten Coup, allen voran Anas Vater: Der reiche Sohn soll den stillgelegten VEB "Textile Freuden" kaufen und zu neuem Aufschwung verhelfen! Aus einer kleinen Notlüge entsteht bald eine gewaltige, bunte Blase voller Hoffnung, Zuversicht und Irrtümern. Das alles würde Mohsen vielleicht noch irgendwie deichseln können, doch eines Tages steht der väterliche Wagen vor der Tür und das Lügengebäude droht einzustürzen.

Darsteller
Navid Akhavan («König von Kreuzberg») ist Mohsen
Anna Böger («Shoppen») ist Ana
Michael Niavarani («Ex - Eine romantische Komödie») ist Vater Taheri
Wolfgang Stumph («Stubbe - Von Fall zu Fall») ist Vater Bergheim
Proschat Madani («Der letzte Bulle») ist Mutter Taheri
Eva-Maria Radoy («Mama macht's möglich») ist Mutter Bergheim
u.a.

Kritik
Märchenhaft, zum Teil sogar völlig unwirklich wirkt das, was man als Zuschauer von «Salami Aleikum» im Laufe des Filmes zu sehen bekommt. Ähnlich den Traumwelten, die einst durch die Serie «Pushing Daisies» und den Kinofilm «The Fall» auf die Mattscheiben bzw. Kinoleinwände gebracht wurden, entfaltet sich gerade am Anfang der Komödie eine verstörende Fantasiewelt aus Trickfilm-Animation, Stopmotion-Sequenzen und vielen anderen Einfällen. Das sieht zwar gut aus und setzt sich optisch angenehm von dem Einheitsbrei vieler sonstiger Produktionen ab, ein homogenes und liebevolles Filmwerk wird dadurch aber nicht erreicht.

Des Weiteren muss bemängelt werden, dass das Spielfilmdebüt von Dokumentarfilmer Ali Samadi Ahadi («Lost Children») für eine Komödie nicht die nötige Schlagzahl an komischen Momenten bietet. Stellenweise ist der Humor zwar vorhanden, wirkliche Lacher gibt es aber nicht. Da hilft es auch nicht, dass der Film mit zahlreichen Komödianten aufwarten kann. Neben dem bekannten Wolfgang Stumph sind so z.B. der österreichische Kabarettist Michael Niavarani als Vater Taheri und Anna Böger als Ana zu sehen. Keine der genannten schafft auch nur annähernd, seiner bzw. ihrer Rolle Leben einzuhauchen. Auch Hauptdarsteller Navid Akhavan scheitert an diesem Vorhaben. Er spielt die Rolle des gutmütigen Mohsen zwar sehr anschaulich, seiner ständig tageträumende Rolle fehlt es aber an der gewünschten und erforderlichen Komik. Zu tragisch, zu zerbrechlich ist sie geraten.

Vom Storytelling her muss ebenfalls konstatiert werden, das die Autoren Arne Nolting («Alarm für Cobra 11») und Ali Samadi Ahadi ihr Ziel einer unterhaltsamen Komödie mit kulturübergreifendem Kontext im Großen und Ganzen verfehlt haben. Harmlos, witzlos und zu großen Teilen zu statisch ist die Geschichte geraten. Da hilft es dann auch wenig, dass gerade die als innovativ anzusehenden Stilmittel der Tagträume in die Geschichte eingebaut wurden. Sie stechen zu autark aus dem Kontext heraus, wirken zu übertrieben. Und auch die Bollywood-esken Tanz- und Gesangseinlagen wirken deplatziert.

Am Ende muss man einfach sagen, dass das Projekt an seinem eigenen, zu hohen Anspruch gescheitert zu sein scheint. Gute Ideen machen noch lange keine gute Geschichte. Und gute Geschichten noch lange keinen guten Film. Alles in Allem eher eine mittelprächtige Enttäuschung mit überzeugender und aufwendiger Optik. Nicht mehr, nicht weniger.

Das ZDF zeigt «Salami Aleikum» am Montag, den 18. Juli 2011, um 20:15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/50805
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