Die Kritiker

«The Big C»

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Inhalt:


Nachdem bei ihr eine unheilbare Krebsform diagnostiziert wurde, beschließt Lehrerin Cathy Jamison, den kurzen Rest ihres Lebens nach Herzenslust auszukosten. Und sie macht gleich Nägel mit Knöpfen: Ihren leicht infantilen Ehemann Paul setzt sie kurzerhand vor die Tür und lässt endlich den lang ersehnten Pool im Hinterhof bauen - sehr zum Verdruss ihrer griesgrämigen Nachbarin Marlene. Auch in der Schule stehen Veränderungen an: Cathy macht es zu ihrer Mission, die stark übergewichtige Schülerin Andrea mit einem ausgefeilten Diätplan zu beglücken

Darsteller:


Laura Linney («Die Geschwister Savage», «Truman Show») ist Cathy
Phyllis Somerville («Der seltsame Fall des Benjamin Button») ist Marlene
Gabourey Sidibe («Precious») ist Andrea
John Benjamin Hickey («Der Knochenjäger») ist Sean
Reid Scott («All My Children») ist Dr. Todd
Gabriel Basso («Meet Bill») ist Adam
Oliver Platt ist («Ein unmoralisches Angebot») ist Paul

Kritik:


Eine Krebserkrankung als zentrales Thema einer Dramedy. So recht kann man sich das eigentlich nicht vorstellen. Und so ist «The Big C», die in den USA gefeierte neue Serie des Pay-TV-Senders Showtime, ganz anders als man es erwartet. Vorne weg: Den Gästen des exklusiven FOX-Screenings in München gefiel, was sie sahen. Gierig fragten manche nach der kompletten Staffel. Die alles verändernde Krebsnachricht für Hauptfigur Cathy ist das zentrale Thema; der Zuschauer wird sozusagen ins kalte Wasser geschmissen, als er bereits nach knapp zwei Minuten damit konfrontiert wird. „Die Idee kam mir als ich mein Neugeborenes erstmals gesehen habe. Man wird in diesem Moment sehr deutlich mit der Sterblichkeit konfrontiert“, sagt Serienerfinderin Jenny Bicks. Schließlich sei es für jede Mutter das Schlimmste, wenn ihr Kind vor ihr stirbt. Ergo sollte sie im Normalfall eher ableben.

Bicks darf über den Tod so sprechen wie sie es tut – und sie darf auch eine solche Geschichte erzählen. Vor zehn Jahren war sie selbst daran erkrankt, sie lebt aber immer noch. „Man darf das Thema Krebs und die Erkrankten nicht mit Samthandschuhen anfassen“, sagte sie in einem Interview mit dem Fernsehsender Sky. Das passiert in «The Big C» auch nicht. Hauptfigur, hervorragend gespielt von Laura Linney, beginnt nach der Diagnose erst so richtig zu leben.

Die Lehrerin kauft sich erst einmal Zigaretten, will im Vorgarten einen Pool ausheben lassen und trennt sich von ihrem Ehemann. Künftig darf sie so viele Zwiebeln essen wie sie will, im Restaurant bestellt sie nur Nachtisch und Schnaps und schüttet auch einmal Rotwein über das teure, aber ungeliebte Sofa im Wohnzimmer. «The Big C» liefert vor allem weiblichen Humor, der so manchen Mann zunächst einmal stutzen lässt. Werden in mancher «Two and a Half Men»- oder «Californication»-Folge Männerträume erzählt, so gilt das im Fall von «The Big C» für Frauenwünsche.

«The Big C» stellt indirekt auch die Frage, wieso Menschen erst nach der Diagnose einer Krankheit unbeschwert und ohne ganz lange über Dinge nachzudenken, leben. Wie viel Egoismus ist gut für eine Gesellschaft? Die Serie schafft es den Blick auf die wesentlichen Dinge zu schärfen; das wird vor allem ersichtlich, wenn Mutter Laura darum kämpft, dass ihr pubertierender Sohn den Sommer über nicht ins Fußball-Camp fährt. Sie schafft dies auf ungewöhnliche Art und Weise und mit Hilfe ihrer stark übergewichtigen Schülerin Andrea, der von der großartigen Gabourey Sidibe verkörpert wird.

Anfangs aufmüpfig und übergewichtig, werden Cathy und Andrea bald Freundinnen. Cathy unterstützt das dicke Mädchen beim Abnehmen, hat dabei aber meist wenig Erfolg. Sidibe bekam für ihr Kinodebüt «Precious» kürzlich eine Oscar-Nominierung und auch in «The Big C» beweist sie, dass sie die Chancen auf eine ganz große Karriere hat. Vor allem im Zusammenspiel der beiden kommen die starken Dialoge zu Tage, die «The Big C» so unverwechselbar machen. „Du kannst nicht gemein UND fett sein. Du kannst sein fetter Witzbold sein oder ein schlankes Miststück“, sagt Cathy beispielsweise gleich zu Beginn der Serie zu Andrea.

Es sind ohnehin die vielen Nebenfiguren, die allesamt im Zusammenspiel mit Laura Linney (die übrigens in jeder einzelnen Szene der Serie auftaucht) prima harmonieren. Zu nennen sei hier stellvertretend auch noch Phyllis Somerville, die die kratzbürstige ältere Nachbarin Marlene gibt. Mit der Zeit lernen sich Cathy und Marlene schätzen – und Marlene ist es auch, die als Erste heraus findet, dass Cathy krank ist. Marlenes Mann verstarb Jahre zuvor; ebenfalls an Krebs – wo das Format wieder bei der schwierigen Gratwanderung angekommen ist, die es aber prima meistert.

Drei Folgen wurden ausgewähltem Publikum bisher gezeigt, die rund 25-minütigen Episoden machten viel Lust auf mehr. Die Zeit verging wie im Fluge – und auch die Männer im Saal kamen von Minute zu Minute mehr auf den Geschmack. «The Big C» könnte das gelingen, was «Sex & The City» nie so komplett schaffte: Männer und Frauen gleichermaßen anzuziehen. Die neue Showtime-Serie ist wesentlich lustiger als «Californication» und birgt ein ähnlich hohes Suchtpotential.

zdfneo zeigt «The Big C» ab Mittwoch, 12. Oktober 2011, immer um 23.15 Uhr.

Dieser Artikel erschien erstmals im April 2011 zur deutschen TV-Erstausstrahlung beim Pay-TV-Sender FOX.

Kurz-URL: qmde.de/48801
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