Die Kritiker

«Die fremde Familie»

von

Inhalt:


Als ihr 80-jähriger Vater Robert nach einem Unfall zum Pflegefall wird, möchte Ira Wolfens ihn unbedingt zu Hause pflegen - und das trotz ihres schwierigen Verhältnisses zu ihm. Robert hatte sie und ihre Mutter verlassen, um eine zweite Familie zu gründen. Doch nun sieht Ira die Gelegenheit, sich ihrem Vater zu nähern. Angesichts der hohen Pflegekosten weiß sie sich jedoch nicht anders zu helfen, als die osteuropäische Pflegekraft Elisaveta einzustellen, die schwarz für sie arbeitet - sehr zum Missfallen ihres Mannes Marquard, der neben seiner Arbeit als Berufsberater auch Ambitionen als Lokalpolitiker hat und sich darüber hinaus noch nie mit Robert verstanden hat.

Und dann steht plötzlich Iras jüngerer Halbbruder Bernd vor der Tür. Bernd ist ein Lebenskünstler, der noch nie etwas auf die Beine gestellt hat, von Robert aber immer bevorzugt behandelt wurde. Als Bernd sich nun in die Pflegesituation einmischt und Iras Mann die neue Situation so unerträglich findet, droht Iras Leben aus den Fugen zu geraten.

Darsteller:


Katja Riemann («Ich bin die Andere») ist Ira Wolfens
Thomas Sarbacher («Der Elefant») ist Marquard Wolfens
Fritz Schediwy («Der achte Tag») ist Robert Stamm
Katharina Nesytowa («Im Angesicht des Verbrechens») ist Elisaveta Kolarova
Stephan Luca («Die Lawine») ist Bernd Stamm

Kritik:


Zwei Adolf-Grimme-Preise, ein Deutscher Fernsehpreis, ein Preis der deutschen Filmkritik sowie ein Goldener Gong: die Karriere des Dreamteams Daniel Nocke und Stefan Krohmer kann sich sehen lassen. Ersterer übernimmt dabei die Funktion des Drehbuchautoren, während letzterer die Worte anschließend in Szene setzt. Eine bewährte Vorgehensweise, die auch im Fall von «Die fremde Familie» wieder aufgegangen ist. Den Zuschauer erwartet der fantastisch gespielte und sehr realistische Einblick in die (Gefühls-)Welt einer zweigeteilten Familie – zeitweise wie ein vorgehaltener Spiegel, dessen Reflektion man so gar nicht wahrhaben möchte.

Damit auch zum ersten und einzigen Kritikpunkt: der Vorgehensweise beim Schnitt. Hier muss differenziert werden zwischen Arbeit und Methodik. Der Schnitt selbst ist ein sauberer, der nicht zu beanstanden ist. Man hat allerdings zu wenige Zwischenschnitte eingearbeitet und so das Potential mancher Szenen nicht vollständig ausgeschöpft. Schnelle und viele Schnitte sind bei deutschen Fernsehfilmen nicht die Regel und bei einem auf schonungslosen Realismus getrimmten wie «Die fremde Familie» schon gar nicht – ab und an wünscht man sich aber auch hier eine andere Perspektive, ein bisschen Abwechslung. Ein Wechsel in die Totale oder aber ein Schnitt auf die Hand, den Arbeitsvorgang, das hätte dem Film mit Sicherheit nicht geschadet. Insgesamt fällt das aber eher auf als ins Gewicht. «Die fremde Familie» bietet mit Katja Riemann, Thomas Sarbacher, Fritz Schediwy, Katharina Nesytowa und Stephen Luca ein Schauspielensemble der Extraklasse. Jedem Darsteller wurde der notwendige Raum gelassen, sich zu entfalten. So erhält jede Figur Tiefgang und Profil – nur Pflegekraft Elisaveta kommt vielleicht etwas zu kurz.

Erzählt wird der Film aus Iras Sicht. Aufgedrängt bekommt der Zuschauer aber weder ihre Meinung, noch ihre Motive. Nocke und Krohmer haben es geschafft, das Publikum einmal mehr zu fordern und dazu zu zwingen, selbst einen Favoriten zu küren. Dass es dann schlussendlich keinen “Gewinner” der Story gibt, macht «Die fremde Familie» umso besser. Der Film kommt mit viel Freizügigkeit und Konflikt-Potential daher. Ein Elternteil inmitten des eigenen Chaos-Alltags versorgen zu müssen, ist heute ein Dauerthema. Und da liegt der Knackpunkt: liest man die Inhaltsangabe zu «Die fremde Familie» denkt man an einen Themenfilm. Vielmehr handelt es sich jedoch um einen Film mit Thema. Altenpflege, ausländische Hilfskräfte, Eheleben im emazipierten Deutschland und Patchworkfamilien – alles kommt zusammen und wirkt nicht aufgesetzt. Nur zu empfehlen.

Das Erste zeigt «Die fremde Familie» am Mittwoch, den 12. Januar 2011, um 20:15 Uhr.

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