Hingeschaut

Intelligenzquotient auf Zimmertemperatur?

von
Drei Stunden «Der große deutsche IQ-Test»: Marco Croner über Trash, Masochismus und Käfig-Kämpfe.

«Big Brother», «Die neue Hitparade» oder wahlweise die Übertragung von «The Dome». Weit vorgewagt auf das brüchige Parkett der Show(ähnlichen)formate hat sich RTL II in der Vergangenheit nicht. Im Falle von «Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit» hatte man im Vorfeld noch geglaubt, die Deutschen mit ihrem Drang nach Voyeurismus in Scharen anlocken zu können und obgleich die Bestellung einer zweiten Runde auf Grund des durchaus erfreulichen Durchschnitts ergfolgte, so zeigte der Trend doch nach unten. Das komödiantische Genre bediente man nun vor Kurzem mit dem «Fun Club», welcher Ingo Appelt als Host sowie eine Bühne für altes und frisches Comedy-Fleisch offeriert. Funtainment erster Güter also.

Anfang Februar wurde bekannt, dass eine Produktion des Muttersenders recyclet wird: «Der große deutsche ... Test». Intelligenzquotient, Einbürgerung, Sex, Führerschein und die die guten alten 80er, in denen man noch acht Kugeln Eis für zehn Pfennig bekam – dies sind die Themen der jeweils dreistündigen Sendungen, die dem schwächelnden Sonntagabend unter der Moderation Sonja Zietlows und Micky Beisenherz mehr Schwung verleihen sollen. Im Gegensatz zum nicht minder umfangreichen Vorbild wurden die Ausgaben allerdings bereits im März aufgezeichnet. Etwas Live-Feeling hätte dem großen deutschen «IQ-Test» womöglich nicht geschadet. Abgesehen vom ominösen Stromausfall sowie den spärlichen Lichtblicken der Sendung wie etwa der konstanten Abqualifizierung Kader Loths, hatte man als Zuschauer nur wenig zu lachen.

Das Konzept: Fünf Fraktionen (Bodybuilder, Landwirte, Sekretärinnen, Putzfrauen, Akademiker), fünf Prominente (Dirk Bach, Enie van de Meiklokjes, Wolfram Kons, Kader Loth, Jürgen Milski) und nicht zuletzt die etwa fünfköpfige Zuschauerschaft vor dem Fernsehschirm, messen ihren Intelligenzquotienten durch einen 'klassischen Test', der sich durch die vier Kategorien Sprache, Logik, Mathematik und Gedächtnis auszeichnet. Somit war man sich bereits zu Beginn der Show des Spannungsfaktors bewusst: Interessant ist a) der eigene und b) der Wert Kaders. Überrascht wurde man bezüglich dieser Erwartung nicht, fiel neben den zum Teil amüsanten Gästen doch pimär die implodierende Fremschämskala ins Gewicht. Das beste Beispiel ist hierfür bedauerlicherweise das Moderatorenduo selbst, wobei Baisenherz, der das Stammpublikum des Senders 2007 und 2008 durch die «Loveparade» führte, laut Sonja mehr Plüschtier-Blondine als Co-Moderator für sie ist (Zumindest wurde sein Weg ins Studio mit dem «Star Wars»-Theme untermalt, das sollte etwas wert sein). Die Scherze der beiden lassen sich recht deutlich durch ihren hinlänglich etablierten Running Gag kennzeichen: Mickey ist kleiner als Sonja. Konnte man von der Frau, mit dem “schärftsten Verstand und der schärfsten Zunge' Schärferes erwarten? Wohl kaum.

Im Rahmen der Prominenz sorgten eigentlich nur Bach und Milski für Stimmung. Kons gab die seriöse Figur, van de Meiklokjes die Grinsekatze. Loth war offensichtlich durch die Minderung ihres Selbstwersgefühl seitens der Nachbarn gereizt, weshalb ihr anfangs geäußertes Spaßmotiv schnell flöten ging. Das Problem der Show: Letztlich interessierte kaum, welcher Gast bzw. Fraktion in diesem oder jenen Teilbereich des Tests alle anderen überragte – nur das die eigene Person betreffende Ergebnis bewegte wenn überhaupt zum Dranbleiben. Da man derartige Tests bekanntermaßen allerdings auch im Internet bestreiten kann, war die Option, drei Stunden anderweitig zu verbringen durchaus gegeben. Doch nicht jeder Masochist möchte bekehrt werden. Apropos: Weitaus ansprechender wären Käfig-Kämpfe zwischen Bodybuildern und Landwirten gewesen.

Besondere Highlights des großen deutschen «IQ-Tests»: Johannes Hoppe, der sichtlich gelangweilte Experte, Sonjas Intelligenzquotient von 132, den sie zunächst nicht müde wurde, zu erwähnen sowie die Zwischensequenzen, in denen circa 3- bis 4-Jährige ihre Weisheiten zum Besten geben und last but not least Mickys ständig wechselnde Kopfbedeckungen. In Wahrheit stößt selbst eine Wiederholung von «Deutschlands klügste Kinder», das ebenfalls von Zietlow moderiert wurde, auf mehr Gegenliebe als diese lieblose Showdino-Neuauflage. 9,08 Millionen Zuschauer, die der große Bruder im Jahr 2001 mit der ersten Ausgabe erreichte, die Daniel Alm (11) gewann, sollten für RTL II und «Der große deutsche IQ-Test» aber selbstverständlich auch drin sein. Risiken müssen schließlich gewürdigt werden.

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