Hingeschaut

«Schicksale»: Kein Oscar für Laiendarsteller

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Zwar sind die Schauspieler von «Schicksale - und plötzlich ist alles anders» richtig übel, die Stilmittel hingegen überzeugen.

Die Programmmacher tischten den Fernsehzuschauern in den vergangenen Jahren neben ganz guten Ideen auch viel Schrott auf. Manche Ideen würden dem heimischen Zuschauer noch nicht einmal im Vollrausch einfallen, RTL, ProSieben & Co. haben mit ihrer Trash-Offensive neue Zeichen gesetzt. 2009 tobte sich Radio Television Luxembourg mit seinen Formaten «Mitten im Leben», «Verdachtsfälle», «Familien im Brennpunkt» und zu guter Letzt auch noch «Die Schulermittler» aus. Wobei festzuhalten ist, dass das Niveau von «Mitten im Leben» mit Laiendarstellern gegenüber echten Personen gestiegen ist – die Quoten allerdings auch.

Nicht nur ProSieben veranstaltet in diesen Wochen fünftägige Tests für womöglich neue Formate, auch Sat.1 zeigt «Schicksale – und plötzlich ist alles anders». Dieses Projekt läuft allerdings nur im digitalen Kabel, via Satellit und im Osten der Republik. Dennoch waren die Einschaltquoten am Montag zwischen halb und kurz vor sechs sehr gut, was vor allem an der Machart der gefakten Constantin Entertainment Doku-Soap liegt.

Die Macher haben sich die Echtzeitserie «24» mit Kiefer Sutherland zum Vorbild genommen. Auf der einen Seite sieht man eine Mutter mit ihrer Schwester, die ihr entführtes Kind sucht, auf der anderen Seite sind die Gegenspieler und ihre Machenschaften im Spiel. Natürlich fehlt nicht die beliebte Uhr, die am linken Bildschirmrand eingeblendet wird, wenn zwischen Gut und Böse geschalten wird. Auch ein weiteres Stilmittel wird verwendet: Der Zuschauer darf sich erst den vermeindlichen Ausgang ansehen, erst dann folgt die gesamte Episode mit einem überraschenden Ende.

Die Ideen der Umsetzung sind sehr erfrischend, wenn auch nicht selbst entwickelt. Dennoch unterscheidet sich «Schicksale – und plötzlich ist alles anders» deutlich von anderen gestellten Formaten. Vor allem läuft das Format nicht am Nachmittag, sondern am Vorabend und dauert nur 30 statt 60 Minuten an. Einen Preis für gute Laiendarsteller gibt es allerdings nicht, denn hier wurde erneut die Crème de la Crème von einer Münchener Bushaltestelle gecastet. Völlig unglaubwürdig bringen die Darsteller ihre Texte herüber, der Protagonist des Vaters kann nicht einmal die einfachsten Sätze überzeugend aussprechen.

Die Schauspielerin der Mutter, deren Rolle aufgrund eines kleinen Nervenzusammenbruchs schon komplizierter zu spielen ist, versagt kläglich. Nach wenigen Sekunden ist sich die Frau schon sicher: „Sie haben mein Kind entführt!“, ehe sie dann fast herumschreit: „Das haben sie eiskalt geplant“ und die Kindergärtnerin anfällt. Den Vogel schlägt aber das Ende aus: Der Vater haut mit der von ihm entführten Tochter nach Tunesien ab, bereits nach der Landung hat er Mitgefühl und kommt zurück. Die Mutter verzichtet – Stockholmsyndrom sei Dank – auf eine Anzeige und ist nun mit dem Kindesentführer, der eben auch der Vater von Nadja ist, befreundet.

Die Moral von der Geschichte: Egal welche schlimmen Dinge man tut, beispielsweise ein Kind zu entführen, es wird dir verziehen. Danke, Sat.1!

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