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Boltens Baustellen und Bartls Aufgaben

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Am 01. Februar übernimmt German Free TV Group-Chef Andreas Bartl die Geschäftsführung des Senders Sat.1 – übergangsweise. Was auf ihn wartet und was er vermutlich kurzfristig nicht lösen kann.

409 Tage lang war Guido Bolten, früherer Mitarbeiter von ProSieben und kabel eins-Geschäftsführer, Chef des Privatsenders Sat.1. In seiner Zeit zog der Sender von Berlin nach München – fast die komplette Mannschaft wurde in diesem Zuge ausgewechselt. Es war wahrlich kein einfaches Jahr für den Sender Sat.1, der mit 10,8 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe aber immerhin ein achtbares Ergebnis einfuhr. Letztlich brachen wohl die Veränderungen im Herbst das Genick Boltens: Der neue Vorabend schlug nicht an, das Nachmittagsprogramm gab im Zuge des neuen RTL-Gegenprogramms deutlich nach und die Neuzugänge Oliver Pocher und Johannes B. Kerner holen mit ihren wöchentlichen Shows nur unterdurchschnittliche Quoten.

Wenn Andreas Bartl sich künftig hauptsächlich um Sat.1 kümmert, dann findet er im Programm eine ganze Reihe an Baustellen vor: Baustellen, die von Guido Bolten kommen, aber auch Baustellen, die er abgenickt hat. Warum Sat.1 freitags immer noch auf Shows setzt, versteht kein Medienexperte. Die German Free TV Group beharrt allerdings auf dieser Ausrichtung, glaubt noch immer an einen möglichen Erfolg. Den Rest der Primetime füllt man – mit Ausnahme des Sonntags – mangels Alternativen mit Spielfilmen, die zwar gut laufen, dem Sender aber kein Gesicht geben. Genau dies zu ändern wird eine längerfristige Aufgabe Bartls sein: Er muss den Stein anschieben, letztlich wird er aber wohl die Ernte nicht einfahren, geht man doch davon aus, dass er maximal ein Jahr die Stricke in der Hand haben wird, ehe er wieder komplett in den Konzernvorstand zurückwechselt.

Kurzfristigere Entscheidungen stehen hier schon bei Oliver Pocher und Johannes B. Kerner an: Während Kerners Magazin als nahezu sicher gilt – hier wird man vermutlich noch an Ausrichtung und möglicherweise am Sendeplatz arbeiten – könnte es für Oliver Pocher in den nächsten Wochen größere Veränderungen geben. Ein neuer Sendeplatz? Vielleicht am Montag? Gut möglich. Eine komplette Absetzung? Vorerst eher unwahrscheinlich. Jedenfalls – und das ist bereits zu hören – arbeitet man bei Sat.1 bereits an weiteren Formaten mit den beiden Moderatoren, die dem Sender endlich zu einem Profil verhelfen sollen. Das wird nun auch die Aufgabe des hochgelobten Ex-ProSieben-Unterhaltungschefs Jobst Benthues sein, der sich als Entertainment-Chef nun um Shows aller Free-TV-Sender der Gruppe kümmert.

Eine weitere Baustelle, der sich Andreas Bartl umgehend widmen muss, ist der Vorabend: Hier schlagen sich «K 11»-Wiederholungen aktuell deutlich suboptimal – es wäre zu empfehlen, den wichtigen Sendeplatz vor der Primetime mit deutlich mehr First Runs zu bespielen. Bei «Anna und die Liebe» muss man aufpassen, dass die Quoten nach der Hochzeit der Hauptfiguren nicht weiter in den Keller sinken und «Eine wie keine» benötigt eine Überholung, um überhaupt erfolgreich zu werden. «Eine wie keine» dürfte unter Bartl als gefährdet gelten, setzte er, als er als Boss neu zu ProSieben kam, auf «Lotta in love» - ein Projekt, das sein Vorgänger Dejan Jocic noch in die Wege leitete, beendete dieses aber nach nur knapp vier Monaten wieder. Die 18.00 Uhr-Soap sollte also in den kommenden Wochen in die richtige Spur finden.

Eher längerfristig wird Sat.1 in Sachen Nachmittag denken müssen: Aktuell zeigt man nur recht wenige Erstausstrahlungen der Richtershows, schneidet sich mit diesem Sparwahn auch ins eigene Fleisch. Fortgesetzt werden Salesch, Hold und Co. wohl auch in der kommenden Fernsehsaison – und dennoch muss ein Weg gefunden werden, wieder ein paar Prozentpunkte gut zu machen, die man seit September an RTL verloren hat.

Einfach wird es nicht, was Bartl mit Sat.1 vorhat – sein Tun wird sicherlich auch noch den ein oder anderen Aufschrei mit sich bringen. Denn eines darf man nicht vergessen: An wichtigen Entscheidungen war Bartl schon jetzt beteiligt. Als Sat.1-Geschäftsführer steht er nun aber unmittelbar im Rampenlicht – und auch im Kreuzfeuer der Presse. Deshalb müssen die neuen Ideen endlich zünden. Gut denkbar, dass Bartl deshalb so radikal wie kaum ein anderer vor ihm vorgeht.

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