Die Kritiker

«Ein Dorf schweigt»

von

Story


Im Frühjahr 1945 strandet Johanna mit ihren beiden Kindern Ulrike und Fritzchen, sowie mit dem Jugendlichen Heinz in einem abgeschiedenen nordhessischen Dorf, in dem sie von den Einwohnern in Obhut genommen werden soll. Zum Leiden der Flüchtlinge, begegnen die Einwohner diesen mit Argwohn und Misstrauen. Johanna fühlt sich sichtlich unwohl und unwillkommen.

Die fürsorgliche soll mit ihrer Familie schließlich beim Pfarrer unterkommen - ein Glückslos, wie die anderen Flüchtlinge finden. Merkwürdigerweise verweigert dieser die Aufnahme und schickt sie zurück zum Bürgermeister, der sie notgedrungen bei seiner Schwester Gisela unterbringt. Auch diese ist nicht gerade glücklich darüber, quartiert die hungrige Familie jedoch missmutig in ihrem kleinen Friseursalon ein.

Gisela hat durch eine Landmine kurz zuvor ihren einzigen Sohn verloren und wartet seit einigen Jahren auf ihren Mann, der in den Krieg gezogen ist. Langsam aber sicher freunden sich die beiden Frauen an und Johanna unterstützt Gisela sogar in ihrem Friseursalon. Doch als dann ihr Mann Paul plötzlich wieder nach Hause zurückkehrt, ändert sich ihre Beziehung schlagartig. Gisela entwickelt eine starke Eifersucht, da Paul seine erschütternden Kriegserfahrungen besser mit dem ehemaligen Flüchtling Johanna teilen kann. Schließlich droht das wohlbehütete Geheimnis von Gisela aufzufliegen und sie entschließt sich dazu, Johanna bei den Alleierten zu denunzieren.

Darsteller


Katharina Böhm («Rendevouz mit einem Millionär») ist Johanna
Uwe Kockisch («Eine Stadt wird erpresst») ist der Pfarrer
Inka Friedrich («Im Winter ein Jahr») ist Gisela
Frederick Lau («Die Welle») ist Heinz
Stephan Kampwirth («Die Jagd nach dem Schatz der Nibelungen») ist Paul
Kara McSorely («Manatu - Nur die Wahrheit rettet Dich») ist Ulrike
Amon Wendel («Treuepunkte») ist Fritzchen

Kritik


Trotz des niedrigen Budgets, das nur am etwas einseitigen Set deutlich wird, hat Regisseur Martin Enlen mit «Ein Dorf schweigt» ein interessantes und hinterfragendes Geschichtsdrama geschaffen. Hinter dem eigentlich irreführenden Titel versteckt sich ein vielseitiger, detailgenauer und historischer Nachkriegsfilm aus der Feder von Henriette Piper, der mit kleinen aber feinen Mitteln die Geschichte einer Flüchtlingsfamilie erzählt, die verzweifelt versucht endlich ein neues Zuhause zu finden.

Der Titel verleitet eher zu einem Mordkomplott auf dem Lande, als zu einem Flüchtlingsdrama nach dem zweiten Weltkrieg. Besonders durch den schockierenden Anfang des Filmes, bei dem mehrere Kinder durch eine noch intakte Landmine getötet werden, wird der Zuschauer jedoch schnell und direkt ins Thema hineingeführt. Die Details wie Original-Kostüme oder alte amerikanische Autos ermöglichen es dem Zuschauer, sich noch mehr in die erschütternde Situation von Johanna und ihrer Familie hineinzuversetzen. Das sogar der Dorfpfarrer es ablehnt, die Flüchtlingsfamilie bei sich aufzunehmen, treibt den Zuschauer gerade zu in noch mehr Mitgefühl für die Familie.

Sehr ausgewogen ist zudem auch die Besetzung: Jeder Darsteller spielt seinen Charakter so, dass man als Zuschauer schnell in dessen Seele blicken kann. Auch das geheim halten der Geheimisse von Gisela und dem Pfarrer gelingt Uwe Kockisch und Inka Friedrich überzeugend. Katharina Böhm glänzt in ihrer Rolle als besorgte Mutter und gleichzeitig als selbstbewusste Frau, die ihre Rechte ohne ein Blatt vor dem Mund in Anspruch nimmt. Jungschauspieler Frederick Lau, der bereits in «Die Welle» einen beeindruckenden Auftritt hatte, verkörpert seine Rolle als Beschützer der Familie genau so gut, wie er als Händler am Schwarzmarkt agiert.

Letzteres ist erneut ein bemerkenswertes historisches Detail, das die Autorin in das Drehbuch implementiert hat. Der Schwarzmarkt stellt ohne gültige Geschäftslizenz die einzige Einnahme- und Nahrungsquelle für die Familie dar. Sehr hervorgehoben werden zudem auch die Amerikaner, die einerseits versuchen die Menschen in der Nachkriegszeit zu unterstützen, aber andererseits untätig danebenstehen, wie ehemalige Nationalsozialisten unbestraft davon kommen.

Trotz der vielen Perspektiven, die der Zuschauer in «Ein Dorf schweigt» zu Gesicht bekommt, urteilt der Film nicht über Täter, Mitläufer oder andere Beteiligte, sondern bleibt möglichst authentisch und genau an den historischen Fakten. Die Konzentration liegt dabei auf die, für diese Zeit bekannten, feministischen Handlungen seitens Johanna und Gisela.

Das ZDF strahlt «Ein Dorf schweigt» am Donnerstag, dem 9. April 2009, um 21.00 Uhr aus.

Kurz-URL: qmde.de/34164
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