Sonntagsfragen

Sonntagsfragen an Sascha Schwingel

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Am Mittwoch drückt die deutsche Fernsehbranche ProSieben die Daumen. Die Münchener starten dann die deutsche Serie «Unschuldig» - ein Erfolg wäre nach den vielen Flops sehr wichtig. «Unschuldig»-Produzent Sascha Schwingel sprach im Quotenmeter.de-Interview über die Entstehung der Serie und beantwortete die Frage, ob eine deutsche Serie die Zuschauer abschreckt.

Herr Schwingel, in wenigen Tagen geht es los - für alle, die noch nichts von der neuen Serie gehört haben: Worum geht es in «Unschuldig»?
Es geht um Gerechtigkeit und um menschliche Schicksale. Alexandra Neldel spielt die junge Anwältin Dr. Anna Winter. Gemeinsam mit dem Ex-Polizisten Marco Lorenz (Clemens Schick) und dem Krebsforscher Dr. Sebastian Krüger (Erhan Emre) deckt sie Justizirrtümer auf. Anna Winter kämpft so leidenschaftlich, weil ihr Vater zu Unrecht verurteilt wurde und sich im Gefängnis das Leben nahm. In der vierten Episode stößt dann Isabella (Loretta Stern) zum Team hinzu. Sie ist selbst ein Justizopfer.

Klingt wie eine Anwaltsserie gepaart mit vielen Krimielementen. Wird Ihnen mulmig, wenn Sie an die Quoten der diversen Anwaltsserien im deutschen Fernsehen denken?
Nein, da wird mir nicht mulmig, weil ich nicht finde, dass «Unschuldig» eine klassische Anwaltsserie ist. Es heißt zum Beispiel auch, dass unser Dr. Krüger ein Pathologe sei und wir das von «CSI» übernommen hätten. Dabei ist er ein Krebsforscher, der unter Schlafstörung leidet. In «Unschuldig» konzentrieren wir uns vorwiegend auf die Ermittlungsarbeit unserer Hauptfiguren, rein juristische Szenen sind eher die Ausnahme. Wir verfolgen einen originären Ansatz und haben keine Kopie einer bereits existierenden Serie angefertigt.

Wie sind Sie denn auf die Idee zur Serie gekommen?
Eine Kollegin hat mir von dem “Innocent Project” in den USA erzählt - ein Projekt von Studenten, das sich ebenfalls mit Justizirrtümern befasst. In den USA geht das dabei ja mitunter um Leben und Tod. Bei diesem Projekt ist es schon mehrfach gelungen, Menschen aus der Todeszelle zu holen, weil deren Unschuld bewiesen werden konnte. Dann habe ich mich mit Justizirrtümern weltweit beschäftigt und bin auch auf deutsche Fälle wie zum Beispiel den von Donald Stellwag gestoßen. Wegen eines im Dezember 1991 in Nürnberg stattgefundenen Bankraubes mit Geiselnahme, der ihm angelastet wurde, saß Stellwag acht Jahre unschuldig im Gefängnis.

Es ist sozusagen die erste neue deutsche Serie im Privatfernsehen, deren Grundidee nicht aus einem anderen Land kommt…
Das finde ich sehr wichtig. Wir schaffen es hier in Deutschland wahnsinnig tolle Fernsehspiele zu produzieren, die zudem auch noch beim jungen Publikum erfolgreich sind. Warum schaffen wir das nicht auch bei seriellen Stoffen? Ich glaube, dass «Unschuldig» im besten Sinne originell und unverwechselbar ist und hier einen Schritt in die richtige Richtung macht. Eine Kopie ist zwangsläufig immer schwächer als das Original. Und von den Originalen gab es einfach zu wenige in vergangener Zeit. Positive Ausnahmen sind da zum Beispiel «Berlin, Berlin», «Abschnitt 40» oder «KDD».

Wie deutsch darf eine deutsche Serie denn heutzutage aussehen?
Sehr deutsch. Wir haben bei «Unschuldig» darauf geachtet, dass durch Motive und Kostüme klar wird, dass die Serie in Deutschland beheimatet ist. Das verleiht dem Format zusätzliche Glaubwürdigkeit.

Jetzt hat man aber manchmal das Gefühl, dass die Zuschauer deutsche Serien im Privatfernsehen schon vor dem Start abschreiben…
Ich bin überzeugt davon, dass immer mehrere Faktoren zusammenspielen. Das Thema ist ebenso wichtig wie die Besetzung und die dramaturgische sowie die filmische Machart. Ich glaube, dass der Zuschauer nicht vor der deutschen Serie an sich zurückschreckt. Und deswegen hat «Unschuldig» auch Chancen auf Erfolg. Wenn ich mir unser fertiges Produkt ansehe, dann bin ich darauf sehr stolz.

«Deadline», «Die Anwälte» und wie Sie alle hießen. Gut produziert, gut besetzt - und dennoch ein Flop. Schreckt eine deutsche Serie also wirklich nicht ab?
Nein, glaube ich nicht. Vor einigen Jahren gab es diese Diskussion im Bereich der Kinoproduktionen. Da hatte man das Gefühl, dass es Kinofilme aus Hollywood sein müssen. Dann kamen einige Highlights aus Deutschland und schon hat sich die Stimmung wieder geändert. Ein solches Highlight braucht die deutsche Serie jetzt auch. «Unschuldig» soll diese Reihe an Flops endlich durchbrechen. Und wenn es «Unschuldig» nicht gelingt, dann gelingt es dem Nachfolgeformat. Oder dem Nachfolgeformat des Nachfolgeformats. Die deutsche Serie ist aber auf keinen Fall tot, so wie manche es gebetsmühlenartig sagen. Wir als Produzenten haben die Aufgabe, dem Publikum das zu liefern, was ihnen Spaß macht. Ich beispielsweise glaube, dass der Schlüssel in den Figuren liegt. Denken Sie einmal an Schimanski zurück: Der Fall hat mich eigentlich nie vordergründig interessiert, aber der Kommissar war spannend. Wo gab es das denn damals, dass der Polizist sich prügelt und rumvögelt?

Sind Ihnen im Vorfeld Menschen begegnet, die «Unschuldig» schon zu einem Flop verurteilt haben?
Nein, keinem Einzigen. Auch während der Produktion und vor allem beim Sender ProSieben war die Stimmung zu jeder Zeit gut. Es ist eigentlich sogar das Gegenteil eingetroffen: Alle wünschen uns und ProSieben mit «Unschuldig» Erfolg und das freut mich sehr.

Am Mittwoch spricht Sascha Schwingel über die Presse-Reaktionen zur Serie und darüber, wie das Format bei den Verantwortlichen des Senders ProSieben ankam.

Kurz-URL: qmde.de/26753
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