
Im Mittelpunkt dieser Überlegung steht eine Person, die in Berichterstattung und Öffentlichkeit immer wieder genannt wird: Serdar Bortekin, Gründer der Berliner Tanzschule Lunatics und laut Aussagen in einem aktuellen Feature des Deutschlandfunks auch Zah1des Manager. Er war es, der Zah1des erste Tanzvideos mitbetreute und ihre Social-Media-Aktivitäten förderte – noch bevor Musik überhaupt eine Rolle spielte. Inzwischen hat Bortekin nach Recherchen mehrere unternehmerische Bereiche aufgebaut: Management, Labelbetrieb und Plattformen mit Fokus auf TikTok- und Tanzinhalte.
Dabei geht es nicht um die bloße Nennung eines Managers im Kleingedruckten. Vielmehr fällt auf, dass Bortekin in nahezu jedem Musikvideo Zah1des präsent ist, teilweise namentlich in den Songtexten erwähnt wird („Serdar Abi“) und auf sozialen Kanälen eine prominente Rolle einnimmt. Die Abgrenzung zwischen künstlerischer Marke und geschäftlicher Einflussnahme wirkt in dieser Konstellation zumindest aus medienethischer Sicht verwischt.

Der Deutschlandfunk-Beitrag deutet außerdem an, dass es in der Vergangenheit zu Unstimmigkeiten mit weiteren Tanzschülerinnen und Schülern von Lunatics gekommen sei. Die Rede ist von Vertragsverhältnissen, über deren Fairness öffentlich diskutiert wurde – unter anderem in sozialen Netzwerken. Details sind öffentlich nicht vollständig belegt, doch allein die Tatsache, dass es überhaupt Diskussionen um Transparenz, Kontrolle und Einflussnahme gibt, zeigt, wie sensibel das Verhältnis zwischen Förderung und Verantwortung im Umfeld junger Künstlerinnen ist.
Was bedeutet das für Zah1de? Rein musikalisch ist sie ein Talent mit Gespür für Sprache, Selbstinszenierung und Zielgruppenerreichung. Sie nutzt die Plattformen, auf denen ihre Generation aktiv ist, und kontert digitale Kritik mit Humor und Selbstbehauptung. Songs wie „Ballert auf lautlos“ greifen Kommentare aus sozialen Medien auf und verwandeln sie in virale Ohrwürmer – eine Strategie, die nicht nur kreativ ist, sondern auch klug.
Doch auch solche scheinbar empowernden Strategien sind oft Ergebnis professioneller Kommunikationsarbeit – insbesondere, wenn sie Teil einer umfassenden Medienplanung sind. Der Übergang zwischen Selbstermächtigung und Selbstvermarktung ist dabei fließend. Zah1des Songs wirken oft wie Statements gegen Hate, aber auch wie glänzend kalkulierte Positionierungen im digitalen Raum. Dazu passt auch die jüngste Veröffentlichung „Cotti d’Azur“, die in Kooperation mit einer Kaugummimarke entstand. Der Song ist durchkomponiert, einprägsam – und wurde von offizieller Seite als „Back-to-School“-Kampagne beworben. Die Frage, ob es sich dabei noch um klassische Popmusik oder bereits um Markenkommunikation handelt, ist durchaus berechtigt.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass Zah1de erst 15 Jahre alt ist. Bei allem Talent bleibt sie eine Minderjährige, deren Karriere sich in einem kommerziellen und medialen Hochdruckkessel abspielt. In solchen Konstellationen ist es Aufgabe der betreuenden Erwachsenen, Strukturen zu schaffen, die Sicherheit, Transparenz und gesunde Entwicklung ermöglichen. Der Eindruck, dass ein Manager sich in die künstlerische Außenwirkung einer Jugendlichen besonders stark einbringt, sollte daher Anlass für eine grundsätzliche Diskussion sein – nicht unbedingt über Schuld oder Unrecht, sondern über Machtverhältnisse im Musikgeschäft.
Das Popgeschäft war nie ein sanfter Ort – und gerade im Bereich Jugendmarketing und Plattformverwertung ist die Versuchung groß, Reichweite in Produktlogik zu übersetzen. Dass TikTok, Spotify und Co. längst eng mit Marken und Plattformstrategien verwoben sind, ist kein Geheimnis. Doch wo junge Talente im Zentrum dieser Strategien stehen, braucht es einen verantwortungsvollen Umgang – mit Zeit, mit Öffentlichkeit, mit Persönlichkeitsrechten.
Zah1de hat das Potenzial, eine bedeutende Stimme ihrer Generation zu werden. Dafür braucht es nicht nur musikalisches Gespür und Plattformkompetenz, sondern auch ein professionelles Umfeld, das hinter den Kulissen Schutz bietet, statt sich selbst in Szene zu setzen. Insofern ist es legitim – ja notwendig – genau hinzusehen. Nicht um jemanden zu verurteilen, sondern um ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Popkultur auch Verantwortung bedeutet.
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