SPORT1-Chefredakteur Alexander Rösner spricht im Exklusiv-Interview mit Quotenmeter.de über den Quotenrückgang bei Sport1, die erfolgreichen Formate «Bundesliga Aktuell» und «Doppelpass» und stellt sich der Frage, ob Fußball manchmal nicht zerredet wird.
Herr Rösner, DSF beziehungsweise SPORT1 hat in den vergangenen Jahren Quotenverluste hinnehmen müssen. 2007 kam man noch auf 1,1 Prozent bei den Zuschauern ab drei Jahre, 2010 kommt man noch auf 0,8 Prozent. Da kann man
nicht zufrieden sein, oder?
Wir sind im Rahmen der uns zur Verfügung stehenden Rechte zufrieden. Dieser Vergleich ist insofern schwierig, als dass wir 2007 ein anderes Portfolio hatten – denken Sie an unsere Champions League-Kooperation mit Premiere, wir hatten den Uefa Cup im Programm – und wir haben sonntags um 19.00 Uhr die Zusammenfassungen der Sonntags-Spiele der Bundesliga ausgestrahlt.
Aber weniger als 0,8 Prozent sollten es nun doch nicht werden?!
Nein, das wird in diesem Jahr auch nicht passieren. 2010 war ein Jahr mit Olympischen Winterspielen und Fußball-WM – zudem besitzen wir seit der Saison 2009/10 auch nicht mehr die Erstverwertungsrechte an den Sonntagsspielen der Fußball- Bundesliga. Unter diesen Rahmenbedingungen haben wir einen Marktanteil von 1,44 Prozent in unserer Kernzielgruppe Männer 14 bis 49 Jahre und 0,83 Prozent bei den Zuschauern ab drei Jahre geholt. Das bedeutet in beiden Fällen einen Verlust 0,06 Prozentpunkten im Vergleich zu 2009 – trotz der genannten Einflussfaktoren. Im Januar und Februar 2011 haben wir bei den Zuschauern ab drei Jahren 0,9 und 0,8 Prozent erreicht und in unserer Kernzielgruppe der 14- bis 49-jährigen Männer jeweils 1,5 Prozent Marktanteil – damit sind wir insgesamt besser ins Jahr gestartet als 2010.
Sie bieten seit Kurzem wieder mittags um 12.00 und 13.00 Uhr «SPORT1 News» an. Auch das DSF hatte morgens schon einmal Nachrichten – wieso versuchen Sie das jetzt noch einmal?
Das ist die konsequente Weiterentwicklung, die wir vor knapp einem Jahr zum Start von SPORT1 angekündigt haben. Der Ausbau der News-Strecken ist ein wichtiger Punkt für unseren Sender. Die Fußball-Nachrichten ab 18.30 Uhr in «Bundesliga Aktuell» sind bekannt und akzeptiert, von Montag bis Freitag senden wir seit einiger Zeit abends um 23.30 Uhr unsere «SPORT1 News». Seit Januar 2011 kommen die Nachrichten am Mittag dazu. Unsere Auswertungen der damaligen DSF-Nachrichtenformate haben ergeben, dass die Frühsendungen nicht so erfolgreich waren, deshalb senden wir jetzt mittags. Dies hat auch den Vorteil, dass sich die Themenlage im Laufe des Vormittags weiter ändert und wir diese Entwicklungen dann aufgreifen können. So halten wir unsere Zuschauer also den ganzen Tag über auf dem Laufenden: mittags, am Abend und kurz vor Mitternacht.
Sie haben kürzlich sogar von einer Pressekonferenz des FC Schalke 04 kurzfristig und live berichtet. Ist das auch ein Konzept des neuen SPORT1?
Das gehört auch dazu. News sind für unseren Sender ein bedeutender Faktor – und damit auch kurzfristige Übertragungen von Pressekonferenzen. Wir wollen verlässlich die aktuellen Informationen liefern und den Umfang solcher Formate nochmals ausbauen, in denen wir live oder zumindest zeitnah berichten – wie im Fall der Schalke-PK.
Lohnt sich das für SPORT1 auch, wenn zeitgleich beispielsweise auch ARD und ZDF oder die Nachrichtenkanäle live senden?
Das entscheiden wir von Fall zu Fall. Dabei spielen neben der Frage, welche anderen Sender übertragen, vor allen Dingen auch inhaltliche Aspekte eine Rolle – welche Relevanz hat die Sportart in Deutschland und welchen Nachrichtenwert besitzt das Thema. Wir müssen auch abwägen, ob wir in unserem Programm an der entsprechenden Stelle Platz schaffen können. Zudem ist es entscheidend, ob SPORT1 die jeweilige Sportart originär besetzt bzw. regelmäßig davon berichtet.
Wie wichtig ist denn die Konstanz bei Ihren Nachrichtenprogrammen? Die «SPORT1 News» starten ja, nicht zuletzt wegen der vielen Live-Rechte, nicht immer um 23.30 Uhr…
Natürlich ist es wichtig, dass wir grundsätzlich zu festen Zeiten auf Sendung gehen. Wie Sie schon sagen, ist das nicht immer möglich, wenn wir zu dieser Zeit noch Live-Sport im Programm haben. Da können wir dann nicht einfach aussteigen. Das macht aber natürlich auch den Reiz eines Sportsenders aus, der zahlreiche Live-Übertragungen ausstrahlt.
Wie zufrieden sind Sie mit dem eben schon angesprochenen «Bundesliga Aktuell»?
«Bundesliga Aktuell» ist eine sehr wichtige Sendung für uns: Die einzige Sendung im deutschen Fernsehen, die das Liga-Geschehen von Montag bis Freitag täglich aktuell beleuchtet – unsere «Tagesschau» der Bundesliga, jeden Tag um 18:30 Uhr. Diese Anfangszeit ist gesetzt und wir versuchen diese auch wann immer es geht einzuhalten. Kein anderer Sender liefert die aktuellen Bundesliga-News früher und ausführlicher als wir. Mit der Entwicklung dieses Formats sind wir sehr zufrieden: Am Tag der Entlassung von Felix Magath auf Schalke hatten wir bei einem Marktanteil von 4,1 Prozent in unserer Kernzielgruppe und insgesamt im Schnitt 450.000 Zuschauer – das ist die beste Reichweite in der laufenden und der vergangenen Saison.
«Bundesliga Aktuell» hat sich inhaltlich gewandelt. Eine richtige Nachrichtensendung war es zwar nie, dennoch wird heute darin mehr gesprochen als früher: Mit Experten, Kommentatoren oder auch Aktiven…
«Bundesliga Aktuell» war nie als eine reine Nachrichtensendung konzipiert. Wir sind der Meinung, dass wir mit unserer Mischung aus Interviews, Beiträgen und Nachrichten-Blöcken, aber auch Gesprächen mit Experten im Studio, das Interesse unserer Zuschauer sehr gut bedienen. Wir wollen die Meinungen der Experten vermitteln und somit auch Meinungsmacher sein – natürlich mit der gebotenen journalistischen Unabhängigkeit. Bei unserem Konzept kommt uns zugute, dass wir eine Meldung – selbst wenn noch kein aktuelles Bildmaterial zu dieser vorliegt – mit unseren Reportern vor Ort oder den Experten im Studio erörtern können. Unser Anspruch ist es, dass der Zuschauer nach «Bundesliga Aktuell» eigentlich keine offenen Fragen mehr zum Fußball-Geschehen haben sollte.
Wie planen Sie die Sendung? Es ist ja nicht davon auszugehen, dass Sie bei allen Vereinen jeden Tag Reporter vor Ort haben?
Wir arbeiten mit regionalen, mobilen Teams und haben eine umfassende Terminplanung, damit wir alle Stories auch wirklich abdecken können. Unsere SPORT1-Reporter sind an allen Bundesliga-Standorten vertreten. Jeden Morgen schalten wir uns telefonisch zur Themenkonferenz zusammen und legen fest, welche Themen wir in welcher Form aufarbeiten und wohin wir welches Team schicken. Wir sind zwar nicht jeden Tag bei jedem einzelnen Bundesligisten, können aber jederzeit schnell vor Ort sein, falls dies die aktuelle Entwicklung erfordert. Diese Präsenz vor Ort spiegelt sich auch in den zahlreichen Exklusiv-Meldungen von SPORT1 wider – wie zum Beispiel der Ribéry-Sperre für das Champions League-Finale, die wir als erstes Medium überhaupt vermeldeten.
Ihre Teams machen ihre Berichte dann ja nicht nur für «Bundesliga Aktuell»…
Das ist richtig – gerade in dieser Hinsicht ist «Bundesliga Aktuell» ein wichtiges Format. SPORT1 ist inzwischen eine Multimedia-Dachmarke und wir haben im Zuge dessen auch unsere Online- und Fernsehredaktionen zusammengelegt. Wenn ein Team uns also Video-Material anliefert, dann wird es zum einen für unsere TV-Sendungen verwendet, ist aber vorher oftmals auch schon – zumindest in Ausschnitten – im Internet bei SPORT1.de abrufbar. Zusätzlich wird für SPORT1.de mit den Infos der Reporter vor Ort ein Online-Artikel erstellt.
Die Bundesliga und der Fußball haben sich verändert. Man meint, die Fans bekommen immer größere Macht. Schauen Sie nach Gelsenkirchen. Welche Rolle spielen bei dieser Entwicklung Formate wie «Bundesliga Aktuell» oder der «Doppelpass»?
Das ist eine recht weit greifende Frage. Ich glaube nicht, dass Talk-Formate die Macht der Fans erhöhen. Fakt ist aber: Es besteht ein Interesse an Informationen und Hintergründen sowie Diskussionen und Meinungen zum Bundesliga-Geschehen., Wir versuchen in jeder «Doppelpass»-Sendung eine Art «Behind the Scenes» zu machen, wir wollen Insider-Wissen vermitteln. Das heißt nicht, dass wir rücksichtslos nachbohren – unsere Gäste erzählen das, was sie erzählen wollen. Dafür haben wir immer eine Mischung aus Journalisten, Experten, Trainern und Funktionären, die in sachlicher Atmosphäre diskutieren. Es freut mich, dass das Konzept so gut ankommt.
Es wird aber schon sehr viel über den Fußball geredet: Im «Doppelpass», der «Spieltaganalyse», bei «Sky 90»…
Diese Formate haben Erfolg, weil das Bedürfnis auf Zuschauerseite da ist. Das sehen wir beim «Doppelpass», der wirklich ein Erfolgsformat ist. Aktuelles Beispiel: Nach der Bayern-Niederlage in Hannover hatten wir insgesamt 1,35 Millionen Zuschauer im Schnitt – das war die beste Reichweite seit dem Sendestart des Formats 1995. Der Marktanteil bei den Zuschauern ab drei Jahren lag bei fast 10 Prozent und bei den 14- bis 49-jährigen Männern waren es 12,5 Prozent. Das ist gigantisch.
Bleiben wir beim Beispiel Schalke: Welche Rolle spielen da die Sportmedien?
Jeder Zuschauer sollte sich seine eigene Meinung bilden können Als Sportmedium ist es unsere Aufgabe, die dafür nötigen Informationen zu liefern: vor allem durch Filmbeiträge, Interviews und Gespräche mit Experten – im Fernsehen und Online. Dabei lassen wir natürlich möglichst alle Seiten zu Wort kommen.
Ärgern Sie sich eigentlich, wenn Jens Lehmann in «Sky 90» in Bezug auf den «Doppelpass» von Stammtisch-Niveau spricht?
Nein, ich weiß nicht, was er damit meint. Ich glaube, dass unsere Sendung eine sehr gelungene Mischung aus Information, Diskussion und Unterhaltung ist. Jens Lehmann ist dabei übrigens jederzeit herzlich willkommen.
Den zweiten Teil des großen Exklusiv-Interviews lesen Sie in der kommenden Woche. Nur bei Quotenmeter.de