Liv (gespielt von Melissa Barrera) ist eine taffe, arbeitssüchtige New Yorker Anwältin mit Hang zum Alkoholismus. Eines Tages beschließt sie, sich auf die Suche nach ihrer Mutter zu begeben, von der sie als Kind im Stich gelassen worden ist. Liv will mit einem Passagierflugzeug nach Kanada reisen. Dort vermutet sie die Frau, die sie ablehnte. Doch ihr Flug wird gestrichen. Verzweifelt erörtert sie Alternativen. Schließlich ergibt sich nach einigen Überredungskünsten und einem Bestechungsgeld für sie die Option, mit zwei dubiosen Männern in einer Cessna nach Kanada zu fliegen. Diese Entscheidung verändert Livs gesamtes Leben. Kurz vor der kanadischen Grenze stürzt die Maschine ab und kracht in einen See. Der Pilot stirbt sofort. Der andere Passagier ist schwer verwundet. Liv ist plötzlich auf sich alleine gestellt. Der Überlebenskampf in der Wildnis beginnt und wird begleitet von traumatischen Erinnerungen aus ihrer Vergangenheit.
Im Netz bekam die sechsteilige Serie harsche Kritiken. Viele Nutzer bezeichnen das Format als langweilig, doof und entbehrlich, aber sind diese Kritiken wirklich gerechtfertigt? Das Konzept "Alleine in der Wildnis" ist nicht neu und wurde schon in vielen Formaten porträtiert. Das Besondere von «Keep Breathing» sind die regelmäßigen Wechsel zwischen Überlebenskampf und dem persönlichen Drama der Protagonistin. Der Zuschauer bekommt Livs Vergangenheit und dem damit verbundenen Trauma in kleinen Rückblenden serviert. Hervorzuheben ist hierbei die darstellerische Leistung von Melissa Barrera. Sie verleiht ihre Figur sowohl in den Rückblenden als auch im Abenteuer eine authentische Note. Bekannt ist die Schauspielerin unter anderen aus den Filmen «Scream 5» und «In The Heights». Schnell wird deutlich, dass Liv keine Superheldin ist. Sie ist eine enttäuschte junge Frau, die sich plötzlich den Gefahren der Natur stellen muss. Sie kann nur überleben, wenn sie ihre Vergangenheit überwindet. Im Labyrinth des Waldes kämpft sie gegen ihr Lebenstrauma.
Trotz der spannenden Survivalaction bleibt das Erzähltempo an einigen Stellen auf der Strecke. Die Serie kann sich dem Gefühl eines auf die doppelte Länge gestreckten Films nicht entziehen. Das Abenteuer wird regelmäßig durch teilweise langweilige Erinnerungen gebremst. Glücklicherweise sind die Episoden mit einer Spielzeit von je 30 Minuten relativ kurz. Produziert wurde die Serie von Martin Gero und Brendan Gall, die an «Blindspot» mitgearbeitet haben. Auch in diesem Format geht es um eine Protagonistin, die sich ihrer dunklen Vergangenheit stellen muss. Livs Bemühungen in der Wildnis zu überleben sind an vielen Stellen von Irrsinn und Absurdität geprägt. In die Top Five der besten Survival-Ratschläge schafft sie es definitiv nicht. Allerdings punktet die Serie mit schönen Landschaften und bildgewaltigen Effekten. Bereits die erste Folge beginnt spannend und weckt Neugier auf den weiteren Verlauf. Da die Episoden relativ kurz sind, ist die Serie für Fans des Genres trotzdem eine Empfehlung wert.
Es gibt aber auch Positives: Die Auswirkungen eines unbewältigten Kindheitstrauma in Form einer Überlebensgeschichte bringt positive Vibes in die Serie. Unter anderen kann die emotionale, visuelle und schöne Erzählweise der Serie gelobt werden. Die Regisseurinnen Maggie Kiley und Rebecca Rodriguez haben eine schöne Geschichte erschaffen, die in Erinnerung bleibt und Lust auf eine Fortsetzung weckt. Wer drei Stunden Lebenszeit entbehren kann und keine hohen Ansprüche an das Genre hat, sollte der Serie eine Chance geben.
Fazit: «Keep Breathing» gehört definitiv nicht zu den besten Produktionen im Hause Netflix. Die spannende Kombination aus Survival und Kindheitstrauma bietet allerdings einen gewissen Unterhaltungswert. Keep Breathing spricht insbesondere diejenigen an, die ein Herz für tiefgreifende Geschichten haben. Wer auf eine actionreiche One-Woman-Show steht, ist mit anderen Formaten vermutlich besser bedient.
«Keep Breathing» ist bei Netflix verfügbar.
Dieser Artikel ist in ähnlicher Form schon bei Quotenmeter erschienen.
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