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Happy Birthday, Florian Henckel von Donnersmarck

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Der Oscar-prämierte Regisseur und Drehbuchautor, dem die Filmwelt das Drama «Das Leben der Anderen» zu verdanken hat, feiert seinen 42. Geburtstag. Quotenmeter.de gratuliert!

Die großen, glanzvollen Weltfluchtfilme wie «Über den Dächern von Nizza» haben mir vielleicht mehr gebracht als die politischen Filme von Costa-Gavras. Oder wenn ich zum Beispiel Spielbergs Werk ansehe – ich weiß nicht, ob mir «Der Weiße Hai» weniger wichtig ist als «Schindlers Liste». Oder bei den Schriftstellern, die ich bewundere, Thomas Mann etwa: Vielleicht denkt man zuerst an die 'Buddenbrooks' und den 'Zauberberg', ja. Möchte ich deshalb 'Königliche Hoheit' und 'Felix Krull' missen? Nein, auf keinen Fall. Ich brauche beides!
Wir schreiben das Jahr 1977 und befinden uns in New York City. Es kommt zu einer folgenschweren Verwechslung. Ein Vater glaubt, mit seinem vierjährigen Sohn in eine Vorführung von Richard Fleischers Filmmusical «Doktor Dolittle» zu gehen. Stattdessen wird aber das deutsche Stummfilmdrama «Varieté» gezeigt, eine im Zirkusmilieu angesiedelte Eifersuchtsgeschichte voller Intrigen, Mord und Erotik. Der Vierjährige ist wie gebannt von diesem zu jener Zeit 52 Jahre alten Filmklassiker – und entdeckt somit seine Liebe zum Kino in all seinen Facetten. Als Berufswunsch hatte der Junge dennoch jahrelang 'Schriftsteller' angegeben, dann aber holte ihn die Faszination fürs Kino wieder ein: Er gewinnt bei einem Wettbewerb eine Stelle als Lehrling von «A Chorus Line»-Regisseur Richard Attenborough und verliebt sich in den Vorgang des Filmedrehens. Etwas später beginnt er ein Studium an der Hochschule für Fernsehen und Film München – und geht mit seinem Abschlussfilm letztlich in die Filmgeschichte ein.

Der Film: «Das Leben der Anderen», die dritte deutsche Kinoproduktion, die einen Academy Award als bester fremdsprachiger Film erhielt. Der zum Erwachsenen herangereifte Junge: Florian Henckel von Donnersmarck. Ein Erfolg, den der Cousin von Karl-Theodor zu Guttenberg nicht hätte erahnen können. Immerhin sollte «Das Leben der Anderen» auf Wunsch der Produzenten auf der Berinale 2006 seine Weltpremiere feiern, scheiterte aber an der Festspielleitung, die ihn ablehnte. Es folgten allerdings die Pressevorführungen, auf denen das mit Thrillerelementen versehene Geschichtsdrama hervorragend ankam. Ab März 2006 entwickelte sich der Film dann dank großartiger Mundpropaganda und großer Werbe- und PR-Bemühungen des Verleihs Buena Vista International (mittlerweile umbenannt in Walt Disney Studios Motion Pictures) zu einem Langläufer. Fast 2,4 Millionen Besucher wurden in den deutschen Kinos gezählt, außerdem hagelte es diverse Auszeichnungen wie etwa sechs Awards beim Deutschen Filmpreis, drei Statuetten beim Europäischen Filmpreis und den französischen Filmpreis César für den besten ausländischen Film.

Bekanntlich folgte auf «Das Leben der Anderen» der Lockruf Hollywoods. Noch vor der Oscar-Nominierung versuchten Agenten, Donnersmarck in die Filmfabrik zu holen, nach dem Oscar-Rummel folgte er diesem Ruf. Und tat sich zunächst schwer, seinen nächsten Karriereschritt zu unternehmen. Unzählige Drehbücher wurden ihm angeboten, die ihm aber allesamt nicht zusagten. Donnersmarcks Aussieb-Anweisung, die er seinem Agenten gegeben hatte, lautete: „Filme, die mit dem Zweiten Weltkrieg zu tun haben, interessieren mich nicht. Genauso wenig wie Horrorfilme und Filme mit extremer Gewalt. Kitsch ist auch nicht mein Ding“, so der Regisseur gegenüber 'Playboy'.

Es war Angelina Jolie, die ihn schlussendlich für seinen nächsten Film gewann: «The Tourist», ein Problemprojekt, das durch ihn gerettet werden sollte. Vor Jolie war Charlize Theron im Gespräch für die Hauptrolle und es war Lasse Hallström, der als Regisseur angeheuert wurde. Dieser sagte jedoch aufgrund von Terminproblemen ab – es folgte eine Absage Therons und eine Zusage Jolies, die mit dem Werk eine Geschichte über eine starke Frau erzählen wollte. Das Drehbuch entwickelte sich aber nicht zur vollen Zufriedenheiten der Beteiligten, der als Jolie Co-Star gecastete Sam Worthington sprang ab, genauso wie Donnersmarck. Dieser änderte seine Meinung allerdings später und willigte ein, Regie zu führen, sofern das Drehbuch von «The Tourist» umgeschrieben wird: Der Film sollte im Stile einiger 50er-Klassiker Thriller- und Romantikelemente vereinen und bräuchte daher eine Jolies Figur ebenbürtige Männerrolle.

Ab dann kam alles Schlag auf Schlag: Donnersmarck überarbeitete das Drehbuch innerhalb von zwei Wochen, Depp wurde in der männlichen Hauptrolle gecastet und im Laufe von nur 58 Tagen fand der gesamte Dreh statt. Keine neun Monate später feierte «The Tourist» Weltpemiere – dieses Mal aber nicht begleitet von lautem Kritikerjubel. Die US-Kritik fiel größtenteils ablehnend aus, im deutschen Feuilleton derweil durchwachsen mit klarer Tendenz zum Negativen. In der Presse stand Donnersmarck dennoch zu seinem Film – einen Wechsel in seinem Vorgehen gab es nach diesem Rückschlag trotzdem zu beobachten: Donnersmarcks nächster Film, so lauten die Gerüchte, soll wieder ein selbst verfasstes Drehbuch zu Grunde liegen. Und als Autor lässt sich Donnersmarck so seine Zeit: «Das Leben der Anderen» verschlang seinerzeit 1,5 Jahre Recherchearbeit und 1,5 Jahre Arbeit am Drehbuch, in denen er nach eigenen Aussagen fünf Mal das Skript auseinandernahm und neu zusammensetzte.

Worum es im neuen Film geht, ist derweil unbekannt. Vor Kinostart von «The Tourist» sprach der Kosmopolit, der unter anderem schon in New York, Berlin, Brüssel, Sankt Petersburg und Los Angeles lebte, noch von einer Geschichte über Selbstmord, aber diese scheint er verworfen zu haben. Gegenüber 'Bild' wiegelte Donnersmarck neulich noch ab: „Es bringt ja Unglück, über Filmprojekte zu sprechen, ehe man wirklich tatsächlich am Set ist und dreht.“ Bedenkt man, wie unterschiedlich der vorab wenig besprochene «Das Leben der Anderen» und der vorab viel diskutierte «The Tourist» ankamen, scheint etwas Wahres dran zu sein.

Quotenmeter.de zumindest hofft, dass Donnersmarcks nächster Film bald Gestalt annimmt. Nicht zuletzt, da der 42-Jährige mit seiner Essaysammlung „Kino!“ bewies, welch großer Filmliebhaber er ist. Darin verdeutlicht er auch, dass man, typisch deutsch, vielleicht zwischen Hochkultur und Unterhaltungskunst differenzieren kann, sie aber nicht auf verschiedene Ebenen stellen sollte. Donnersmarck bekennt sich sowohl als Verehrer anspruchsvoller Geschichten als auch als großer Freund mühevoll orchestrierter, kurzweiliger Weltfluchtepen. Und jeder Filmemacher, der weiß, dass beide Formen der Kinokunst wertvoll sind, hat sich unsere ehrlichen Glückwünsche verdient. In diesem Sinne: Happy Birthday, Florian Henckel von Donnersmarck!

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