Die Kritiker

«Komissarin Lucas – Kettenreaktion»

von

Crystal Meth und Familiendramen: Dies ist der neue Fall von «Komissarin Lucas».

Cast und Crew

Vor der Kamera:

Ulrike Kriener («Im Innern des Wals») als Ellen Lucas, Michael Roll («Der König») als Boris Noethen, Peter Schneider («Heimat 3 - Chronik einer Zeitenwende») als Robert Kienle, Anna Brüggemann («3 Zimmer/Küche/Bad») als Alex Eggert, Lasse Myhr («Bergblut») als Tom Brauer


Hinter der Kamera:

Regie: Tim Trageser, Produzentin: Arbia-Magdalene Said, Drehbuch: Johannes W. Betz, Kamera: Eckhard Jansen, Musik: Andreas Weidinger
Jubiläum bei «Komissarin Lucas»: Die 2003 gestartete, unregelmäßig ausgestrahlte ZDF-Kriminalreihe erreicht mit der Folge „Kettenreaktion“ ihre nunmehr 20. Ausgabe. Und diese beginnt sogleich mit einem großen Knall: Am helllichten Tag wird in Regensburg eine Garage in die Luft gesprengt, was einem Menschen das Leben kostet. Wie Ellen Lucas und ihre Kollegen erkennen müssen, diente die Garage als Drogenlabor, in dem Crystal Meth hergestellt wurde. Doch damit nicht genug: In der verkohlten Garage werden Geldnoten aufgefunden, die von einem Banküberfall stammen, der sich erst kürzlich ereignete. Darüber hinaus wird bald darauf in einem Wald bei Regensburg eine blutverschmierte Sporttasche entdeckt, die entgegen anfänglicher Vermutung mit all dem in Verbindung steht.

Für Kommissarin Lucas, deren Darstellerin Ulrike Kriener für ihre Arbeit an der ZDF-Reihe unter anderem mit dem Bayerischen Fernsehpreis prämiert wurde, gilt es somit, die Zusammenhänge zwischen diesen Vorkommnissen zu entdecken. Alsbald kommt sie einer Familientragödie auf die Spur: Indizien zeigen, dass es sich bei der Leiche in der explodierten Garage um den vom Erdboden verschluckten Ehemann und Vater Robert Kienle handelt. Roberts Sohn Max ist wiederum der Besitzer der blutverschmierten Tasche, die im Wald aufgefunden wurde und gilt als vermisst gilt. Alle Hinweise deuten auf eine Entführung, doch wer ist der Täter?

Fernsehzuschauer, die regelmäßig Branchenberichte verfolgen, werden möglicherweise darüber schmunzeln, dass es in einem ZDF-Krimi um Crystal Meth geht. Immerhin sprachen Vertreter des Mainzer Senders mehrfach davon, „ein deutsches «Breaking Bad»“ erschaffen zu wollen. Doch die Parallelen zwischen «Komissarin Lucas – Kettenreaktion» und den Sehnsüchten nach einer deutschen Dramaserie mit dem Kaliber des internationalen Kritikererfolgs über einen Crystal Meth kochenden, krebskranken Vater und Chemielehrer bleiben gering. Dieser Neunzigminüter verfolgt zweifelsohne sein eigenes Ziel. Der Schwerpunkt des Krimis, geschrieben vom «Die Spiegel-Affäre»-Autor Johannes Betz, teilt sich auf zwei Aspekte der ZDF-Produktion auf: Einerseits geht es um die zunehmende narrative Verschränkung eingangs unterschiedlicher Fälle. Aus den drei offenen Ermittlungen, die Lucas zu Beginn der Story anpackt, werden drei zusammenhängende Fälle und schlussendlich zeigt sich, dass die Kommissarin die ganze Zeit über einer einzelnen Kettenreaktion von sich steigernden kriminellen Taten folgte.

Dank einer klaren Struktur und einem konstant steigenden Spannungsbogen funktioniert diese erzählerische Übung, weshalb auch der andere Schwerpunkt dieses Kriminalfilms überzeugt: Inhaltlich referiert «Komissarin Lucas – Kettenreaktion» darüber, wie harte chemische Drogen eine ganze Reihe von Ereignissen in Gang setzen können, die ein einstiges Familienidyll zerstören. Trotz der Verweise auf eine schwache finanzielle Lage gerät die Illustration dieser Zusammenhänge gerade im Mittelteil arg moralisierend und mit dem erhobenen Zeigefinger. Doch wenn gen Schluss wieder stärker an der Spannungsschraube gedreht wird, verliert sich dieser üble Nachgeschmack weitgehend. Außerdem spielen die Darsteller der zerfallenden Familie Kienle ihre Rollen so gut, dass auch einzelne dick aufgetragene Dialogzeilen lebensnah erscheinen. Heimlicher Star dieses ZDF-Krimis ist daher Peter Schneider als überforderter, von der Drogenmafia ausgenutzter Familienvater. Verzweiflung, Wut, kriminelle Energie und ehrliche Liebe zu seiner Familie: Der Mime vereint all dies zu einem runden, schwer berechenbaren, doch stets glaubhaften Charakter.

Auch Hauptdarstellerin Ulrike Kriener bekommt in diesem Fall wieder mehr zu tun als in den vergangenen Ausgaben der Reihe und muss insbesondere in den Verhörszenen eine Vielzahl an Emotionen unter einen Hut bringen – eine Herausforderung, die sie kühn meistert. Leider basiert die Auflösung des spannenden und dramatischen Kriminalstücks sehr auf dem Zufall, zudem geriet die Darstellung der osteuropäischen Drogenbosse nicht gerade mit feinem Pinselstrich. Davon abgesehen ist «Komissarin Lucas – Kettenreaktion» aber ein überaus würdiges Jubiläum für eine der ernstesten Kriminalreihen beim Sender vom Lerchenberg.

«Komissarin Lucas – Kettenreaktion» ist am 10. Mai ab 20.15 Uhr im ZDF zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/70582
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