360 Grad

Popstars: «DSDS» oder «The Voice»?

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«Popstars» wollte mit seiner neuen Staffel bei RTL II seriös werden. Inhaltlich ist das gelungen; die Zuschauer wollten es nicht sehen. Ein Kommentar.

Die Enttäuschung ist perfekt: Nach anhaltend desaströsen Zuschauerzahlen muss der vor dem Start viel gehypte «Popstars»-Reboot die Primetime von RTL II verlassen.

Ein herber Schlag für den Sender, der sich viel von diesem Projekt erhofft hatte, und für die Produktionsfirma Brainpool, die vom Raabschied ohnehin schon gebeutelt genug ist.

Und nicht zuletzt ist das Scheitern des Formats auch inhaltlich zu bedauern. Denn die aktuelle ist die erste Staffel, die eine Kategorisierung als „Musiksendung“ verdient und ihre Dramaturgie nicht wie die vorherigen hauptsächlich auf soap-ähnlich erzählten Geschichten um die Kandidaten aufbaute, die dann zu stomlinienförmigen Retortenbands gepresst wurden, deren auf Massenkompatibilität getrimmte Produkte im besten Fall „ganz nett“ (No Angels), im schlimmsten „schwer erträglich“ (LaVive) waren.

In den letzten Jahren sind Casting-Shows in zwei gegensätzliche Stoßrichtungen mit unvereinbaren Prinzipien zerfallen. Die mit dem primären Anspruch, hochwertige musikalische Darbietungen von (noch?) unbekannten Musikern zu zeigen und einen neuen Star zu finden, der dieser Bezeichnung zumindest halbwegs würdig ist («The Voice», «Unser Star für…»). Und jene, die musikalisch weit weniger talentierte Retortensänger in boulevardesken (Fortsetzungs-)Geschichten auftreten lassen und ihren Reiz nicht primär in musikalischer Hochwertigkeit, sondern vielmehr im soapigen Erzählen von Belanglosigkeiten und der Schaffung vermeintlicher Identifikationsmöglichkeiten sehen («DSDS»).

Nicht falsch verstehen: Auch «The Voice» und Stefan Raabs Eurovision-Castings eröffneten dem Zuschauer die Möglichkeit, Kandidaten jenseits ihrer Stimme „kennenzulernen“ und ihre dramaturgische Heldenreise zu verfolgen. Doch das geschah nicht so berechnend, so zielstrebig, ohne Rücksicht auf Verluste auf eine maximale Marktoptimierung ausgerichtet, und der Stellenwert dieser Elemente trat hinter den künstlerisch-musikalischen Ansprüchen meist in den Hintergrund.

«Popstars» war früher eine Show im Stil von «DSDS»: Musik war zweitrangig, aufgesetzte Geschichten waren alles. Drill-Instructor D sorgte für Spannungen, die Kandidatinnen für Zickereien, und wenn es endlich eskalierte, war man dramaturgisch am Ziel.

Die neue Staffel von «Popstars» schlug einen ganz anderen Weg ein. Das war bereits angesichts des Produzentenwechsels und der Auswahl der Juroren, die allesamt einen seriösen Hintergrund haben, zu erwarten gewesen – und die gelungene, nicht auf Krawall, sondern ernsthaft authentische Momente getrimmte Umsetzung bestätigte diese Erwartungshaltung.

«Popstars 2015» war auch der Versuch, das Franchise in die Seriosität zu führen, ihm einen künstlerisch-musikalischen Wert zu verleihen, es mehr als ernstzunehmende Musik-Show, denn als billige Reality-Soap mit leicht formbaren und meist naiven Protagonisten zu gestalten. Weg vom Schmuddelimage einer Casting-Show, deren Sieger froh sein konnten, wenn sie im Dschungelcamp unterkamen.

Inhaltlich wäre ihr dieser Schritt angesichts der bisher ausgestrahlten Ausgaben gelungen. Doch die Zuschauer wollten es nicht sehen.

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