Schlüter sieht's

«Schlüter sieht's»: Abgeschaltet

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In seiner letzten Kolumne wirft Jan Schlüter einen persönlichen Blick auf die Zukunft des Mediums Fernsehen.

Nach über vier Jahren und rund 200 Ausgaben ist dies die letzte Ausgabe meiner Fernsehkolumne. Wie beendet man eine solche Reihe? Mit einem normalen, aktuellen Thema? Mit einem generellen Rundumschlag auf die vielen schwachen Seiten dieses Mediums? Nein, ich habe mich für einen etwas persönlicheren Rück- und Ausblick entschieden, vor allem bezogen auf die allgemeine Lage des deutschen Fernsehens.

Zuletzt fiel es mir bisweilen schwer, die Kolumne mit relevanten, sinnhaften Inhalten zu füllen: Oft war die Suche nach einem geeigneten, nicht austauschbaren oder redundanten Thema zeitraubender als das eigentliche Recherchieren und Schreiben. Ich habe trotzdem das Gefühl, in meinen Texten am Ende oft mit den richtigen Themen den richtigen Ton getroffen zu haben – mit der nötigen Kritik, aber ohne konstruktivlose Nörgelei. Sicherlich habe ich einige Argumente und Gedanken, die ich mir im Laufe der Jahre zum Fernsehen gemacht und an dieser Stelle niedergeschrieben habe, nicht konsequent zu Ende gedacht und manchmal auch schlecht recherchiert. Ein großer Dank gilt daher vor allem auch allen kritischen Lesern, mit deren Meinungen ich mich auseinandersetzen konnte. Erst im Diskurs offenbaren sich die besten Einsichten.

Ich hoffe, dass – neben all den vorwiegend auf ein Thema zugeschnittenen Kolumnen – besonders jene hervorstachen, die auch aus einer Makro-Perspektive ein systemisches Bild des Fernsehgeschehens zeichnen sollten, oder anders gesagt: die konkreten aktuellen Entwicklungen in den ganzheitlichen Kontext setzten. Verwiesen sei dazu an dieser Stelle nochmals auf meine Thesen zur vermeintlichen Identitätskrise des klassischen Fernsehens aufgrund der Infragestellung als Leitmedium. Wie sich das Fernsehen inmitten neuer, interaktiver Medien als relevant beweisen kann, insbesondere als informativ, bildend, nicht rein unterhaltend: Dies wird eine Grundfrage der nächsten Jahre sein.

Gerade in der jüngsten Debatte um den verpflichtenden Rundfunkbeitrag möchte ich in diesem letzten Kommentar noch einmal klar herausstellen, dass ich ein vehementer Befürworter des dualen Rundfunksystems bin – bei aller Kritik, die berechtigt ist und die ich auch oftmals ausgeführt habe. Doch grundsätzlich sind die öffentlich-rechtlichen Sender (darunter explizit auch die Radioangebote!) jene Orte, an denen wir Zuschauer noch lernen können. Unseren Horizont erweitern. Relevantes Wissen und gut recherchierte Informationen aufsaugen. Und – vor allem in den letzten Jahren – innovatives Unterhaltungsfernsehen erleben.

Das Privatfernsehen hat hier in großen Teilen längst den Anschluss verloren. Und die oben genannte Relevanzfrage ist meiner Meinung nach zu großen Teilen nur durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkangebote anzugehen und zu lösen. Es ist geradezu deren Pflicht – denn anders als das Privatfernsehen haben ARD, ZDF und Deutschlandfunk aufgrund der Beiträge eine direkte Verantwortung gegenüber ihren Zuschauern. Diese Verantwortung kann aber nicht nur einseitig verstanden, sondern muss auch hier als duale Wechselbeziehung begriffen werden: Auch die Zuschauer haben eine gewisse Verantwortung gegenüber den Sendern – nämlich: die Programme nicht nur zu konsumieren, sondern sie kritisch zu hinterfragen, sich einzumischen, vielleicht die Zuschauerredaktionen bei den nächsten Sparmaßnahmen und Formatkürzungen mit Mails zu bombardieren, auf schlechtes Fernsehen aufmerksam zu machen, an inhaltlichen Debatten teilzunehmen. Die Programme wiederum müssen für diesen Diskurs weitere Kapazitäten und Plattformen schaffen, am besten in Sendungen selbst und nicht ausgelagert.

Das so wertvolle und wichtige duale Rundfunksystem kann nur funktionieren, wenn alle Beteiligten beim Fernsehen wirklich genau hinschauen. Ich hoffe, Ihnen mit dieser Kolumne dabei geholfen zu haben – und wünsche in diesem Sinne weiterhin erfolgreiches Entdecken und Einmischen.

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