Fernsehfriedhof

Der Fernsehfriedhof: „Nett sein allein reicht nicht“

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Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 172: Der erste Primetime-Flop von Johannes B. Kerner.

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir des Absturzes eines vermeintlichen Aufsteigers.

«Kein Geld der Welt» wurde am 19. April 1998 im ZDF geboren und entstand kurz nachdem der Moderator Johannes B. Kerner aufsehenerregend vom Privatsender Sat.1 zum ZDF wechselte. Der damalige Intendant Dieter Stolte glaubte in ihm ein Gesicht für den Kanal gefunden zu haben, das für dringend notwendige „sportive Frische“ sorgen konnte. Passend zu seiner Rolle als Retter des ZDF wurde Kerners Wechsel mit aufwendigen Trailern beworben, in denen seine Initialen JBK mit dem Kürzel des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy verbunden wurden. In einem Spot montierte man Kerner sogar in das Originalmaterial von Kennedys legendärer Berlin-Rede, wo er laut verkündete: „Ich bin... jetzt auch beim ZDF.“ Kurz, die Hoffnungen, die in ihn gesetzt wurden, waren immens groß. Ausfüllen sollte er diese durch die Moderation des Klassikers «Das aktuelle Sportstudio» sowie des Jahresrückblicks «Menschen». Zusätzlich erhielt er eine vorerst wöchentliche Talksendung am späten Donnerstagabend sowie jene hier betrachtete Spielshow «Kein Geld der Welt».

Darin wurden den Kandidaten, wie in der englischen Vorlage «Whatever You Want», keine Geld- oder Sachpreise versprochen, sondern die Erfüllung eines Wunsches, der nicht käuflich war. Dies konnte unter anderem ein Job auf dem ZDF-«Traumschiff» MS Deutschland, der Auftritt in einer Bühnenshow in Las Vegas oder der alleinige nächtliche Aufenthalt in einem bekannten Kaufhaus sein. Pro Runde kämpften im Studio jeweils drei Kandidaten, die der jeweils gleiche „Traum“ einte, in einem dazu passenden Spiel. So traten in einer Ausgabe Viertklässler im Elfmeterschießen gegen Torwart Toni Schumacher an. Der Sieger des meist actionbetonten Spiels bekam dann den zuvor angekündigten Wunsch erfüllt.

Das Konzept der Show war somit recht simpel. Vielleicht sogar zu simpel, denn es fehlte ihm an einer inneren Dramaturgie. Weil nacheinander um verschiedene Träume gespielt wurde, vermisste man stets ein Finale, auf welches die Aktionen hinarbeiteten. Stattdessen bestanden die 90minütigen Ausgaben aus einzelnen Blöcken, die miteinander nicht in Verbindung standen und eher verloren wirkten. Darin lag am Tag nach der Premiere auch ein wesentlicher Kritikpunkt der kommentierenden Journalisten. Sie bezeichneten jedoch auch Kerners anbiedernden Stil als aufgesetzt, unauthentisch und sogar „scheinheilig“.

Obwohl der Moderator zur neuen Galionsfigur des Senders auserkoren wurde, stapelten die Verantwortlichen vor dem Start der neuen Show eher tief. Der damalige Unterhaltungschef Axel Beyer wünschte sich beispielsweise lediglich vier Millionen Zuschauer zum Start, was für ein ZDF-Programm am Sonntagabend und auch angesichts der, damaligen Presseberichten zufolge, Gage von 60.000 DM pro Ausgabe erstaunlich war. Doch offenbar wusste Beyer bereits um die konzeptionelle Schwäche des Formats und lag mit seiner zurückhaltenden Einschätzung richtig, denn die Sendung wurde von den Zuschauern nicht angenommen. Die Quoten waren bereits nach den ersten Ausgaben derart enttäuschend, dass bereits öffentlich über das Ende nachgedacht wurde. Angeblich hielt man die Produktion sogar senderintern für „zu diffus“ und Kerners Moderation zu wenig markant. „Nett sein allein reicht nicht“, zitierte damals der FOCUS interne Quellen des ZDF. Letztlich sollte Kerner zwar noch einige Monate durchhalten, doch dann verschwand das Format tatsächlich.

«Kein Geld der Welt» wurde am 28. Juni 1999 beerdigt und erreichte ein Alter von fünf Ausgaben. Die Show hinterließ den Moderator Johannes B. Kerner, der sich anschließend vor allem auf seine Talksendung konzentrierte, die dank der Zuwendung zu boulevardesken Themen (man erinnere sich an Verona Feldbuschs Tränenausbruch) immer erfolgreicher und ab 2002 sogar viermal wöchentlich ausgestrahlt wurde. Parallel führte er weiter durch Fußball-Übertragungen und den Jahresrückblick «Menschen». Ein eigenes Format für die Primetime bekam er erst ab 2003 mit der Rankingshow «Unsere Besten» wieder. Im Jahr 2009 überraschte er ein weiteres Mal die Branche mit seinem Wechsel zurück zu Sat.1, wo er ein wöchentliches Magazin und einige Events präsentieren sollte, die jedoch meist ebenfalls nicht überzeugen konnten.

Möge die Show in Frieden ruhen!

Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann dem Ausverkauf von «Der Große Preis».

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