Die Kritiker

«Die Samenhändlerin»

von

Handlung


Mitte des 19. Jahrhunderts verlässt die schwangere Wirtstochter Hannah Brettschneider ihre Heimatstadt München und reist in die beschauliche Kleinstadt Gönningen auf der Schwäbischen Alb, um ihre große Liebe Helmut Kerner die frohe Botschaft der Schwangerschaft mitzuteilen. Doch Hannah gerät zwischen die Fronten der konservativen Bevölkerung: Der werdende Vater ihres Kindes gehört nicht nur zur Familie eines der angesehensten Samenhändler Europas, sondern steht auch kurz vor der Hochzeit mit seiner Verlobten Seraphine Schwarz, einer Schneiderstochter aus armen Verhältnissen.

Ihre Nebenbuhlerin wird Seraphine zum Verhängnis, denn Helmut löst gegen den Willen seiner Mutter die Verlobung zugunsten seiner schwangeren Bekanntschaft. Seraphines Hoffnungen auf Geld und Ansehen scheinen damit verloren, denn als verschmähte Liebe eines der begehrtesten Junggesellen der Stadt ist sie in ihrer Heimat als Braut außen vor. Sie schmiedet einen perfiden Plan und verführt in der Hochzeitsnacht von Helmut und Hannah seinen Bruder Valentin, um anschließend die Hochzeit mit ihrem Schwager in spe zu erzwingen.

Das Vorhaben geht auf, denn der Ruf der Familie Kerner stünde auf dem Spiel, würde die Affäre bekanntwerden. Fortan leben die schwangere Hannah und die verflossene Liebe Helmuts gemeinsam auf dem Anwesen der Kerners. Doch gesicherte finanzielle Verhältnisse reichen Seraphine nicht, denn sie will ihren ehemaligen Verlobten Helmut zurückgewinnen. Ein intrigantes Spiel zwischen Seraphine, Hannah und der Familie Kerner beginnt, bei dem Leben, Geld und Ansehen auf dem Spiel stehen.

Darsteller


Henriette Richter-Röhl («Wilde Wellen») ist Hannah Brettschneider
Nico Rogner («Séraphine») ist Helmut Kerner
Peter Sattmann («Unser Charlie») ist Gottlieb Kerner
Gundi Ellert («Maria, ihm schmeckt‘s nicht») ist Wilhelmine Kerner
Constantin von Jascheroff («Leroy») ist Valentin Kerner
Katharina Heyer («Die kluge Bauerntochter») ist Seraphine Schwarz
Tatjana Blacher («Eine außergewöhnliche Affäre») ist Else Schwarz

Kritik


Die Schriftstellerin Petra Durst-Benning hat sich mit Historienromanen einen Namen gemacht, in denen sie starke Frauen in heute antiquierten Berufen eine Stimme gibt: «Die Glasbläserin», «Die Salzbaronin» und «Die Zuckerbäckerin» gehören zu ihren größten Erfolgen. Mit der Romanadaption «Die Samenhändlerin» wurde nun erstmals eines ihrer literarischen Stücke verfilmt und prominent als Sonntagsspielfilm im ZDF platziert. Der Spielfilm erzählt die Geschichte der fiktiven Familie Kerner, die mit Blumen- und Gemüsesamen zu einer der angesehensten und erfolgreichsten Unternehmer in der schwäbischen Kleinstadt Gönningen wurde und von einer Intrige der verstoßenen Verlobten des Sohnes Helmut heimgesucht wird.

Historisch fundiert und mit regionalem Bezug zur ehemaligen Samenhandelsstadt Gönningen versehen, hätte der Spielfilm damit durchaus das Potential gehabt, einen interessanten Einblick in den heute ausgestorbenen Beruf der Samenhändler im 19. Jahrhundert zu geben. Doch die Verortung des Samenhandels in die schwäbische Kleinstadt ist auch schon das einzig historisch und kulturell korrekte Faktum, mit dem «Die Samenhändlerin» aufwarten kann. Erschreckend ist die offenbare Unkenntnis des Produktionsteams und der Drehbuchautoren Barbara Piazza und Michael Keusch, die die Protagonisten der schwäbisch Familie Kerner ohne Kontinuität wahlweise Hochdeutsch oder im bayrischen Dialekt sprechen lassen.

Etwas zu gut gemeint hat man es auch mit der Dialoggestaltung, denn ohne Scham wird zwischen Alltagssprache des 21. Jahrhunderts und hochgestochener Sprache gewechselt, die auch vor dem historischen Hintergrund gestelzt und deplatziert wirkt. Die ironischerweise absolut farblos gestalteten Charaktere, eine nur durchschnittlich Schauspielleistung und eine Handlung ohne wirklichen Höhepunkt tragen zudem dazu bei, die Illusion des Historienfilms immer wieder aufs Neue zu zerstören. Das ist besonders schade, weil Kulissen und Kostüme liebevoll in Szene gesetzt und tolle Landschaftsbilder voller floraler Schönheit aufgenommen wurden – selbst die farbliche Überzeichnung stört hier nicht, sondern sorgt im Gegenteil für tolle Bilder.

Im Endeffekt bleibt ein ob der guten Produktion nett anzusehender Spielfilm, der aber trotz der spannenden Grundkonstellation rund um Ruhm, Ehre, Geld und Intrigen blass und unbefriedigend bleibt. Aus den historischen Gegebenheiten und der Romanvorlage hätte man durchaus mehr machen können als einen bloß durchschnittlichen Film, doch diese Chance hat sich die Produktion durch Unachtsamkeiten und eine geradezu plätschernde Handlung selbst verbaut. Freunde der leichten historischen Unterhaltung kommen auf ihre Kosten, anspruchsvolle Geschichtsfans und Liebhaber von spannenden Intrigen werden enttäuscht sein und bleiben lieber bei der literarischen Vorlage.

Das ZDF zeigt «Die Samenhändlerin» am ersten Adventssonntag, den 27. November 2011, um 20:15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/53463
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