Kirschs Blüten

«Kirschs Blüten»: Raus aus dem „Sündenpfuhl“

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Unser Kolumnist schreibt über „Almauftrieb“ im nasskalten Sommer und Innovation im Fernsehen.

In diesen Tagen, an denen viel von „Almauftrieb“ geredet wird, wünscht man sich, dass sich die Programmmacher im deutschen Fernsehen doch bitte selbst einmal anschauen, was sie dem Zuschauer zumuten. Oder zumuten wollen. Zumindest könnte man auch in den heißen – pardon nasskalten – Sommertagen darauf bedacht sein, dem Zuschauer einen Leckerbissen zu bieten. Doch viele Sender überbrücken den Sommer mit Wiederholungen diverser Formate, die in der Hauptsaison ohnehin erfolgreich sind. Oder man versucht es mit dem Wiederbeleben einer Reality-Show, deren Konzept heute so wenig innovativ ist, aber wohl die Mordsquote garantiert – sagt man. „Quotengigant“ und „Rekordquote“ wurde 2004 über «Die Alm» getitelt. Da hat der Sender gleich verlängert. Doch hoppla: Findige Mathematiker werden jetzt bemerkt haben: Zwischen erster und nun zweiter Staffel liegen fette sieben Jahre. Okay, solange war Harald Schmidt auch im Ersten „verschollen“ und kehrt nun „nach Hause“ zu Sat.1 zurück. Doch was das Genre Late-Night wohl noch wegstecken könnte, wird bei einer Reality-Sendung schwer, ist sie erst einmal in Vergessenheit geraten.

Soll heißen: ProSieben müsste «Die Alm» schon neu erfinden. Wer erinnert sich heute noch an die Show, die damals Elton und Sonya Kraus moderiert haben? Die Wenigsten. Heute stehen Janine Kunze und Daniel Aminati neben den Prominenten, die so prunkvolle Namen haben wie Carsten Spengemann oder Gina-Lisa Lohfink. Wie gut, dass für beide auf der Alm der Leitspruch – frei nach der gleichnamigen Sex-Komödie - gilt: „Auf der Alm da gibt’s koa Sünd". Wäre sonst aufgrund beider Vergangenheiten auch etwas problematisch geworden. So ist es nur logisch, dass die beiden „Schmutzfinken“ sich in den „Sündenpfuhl“ «Die Alm» begeben und ihr Unwesen für ein bisschen Publicity treiben. Um mehr geht es letztlich nicht. Die einzige Frage, die man sich stellen muss, ist die, ob der Zuschauer das sehen will. Wie sich Stars von gestern anbiedern, um wieder im Rampenlicht zu stehen? Wie sie sich für etwas Scheinwerferlicht auf die Knochen blamieren? Und das vor einer ganzen Fernsehnation? Muss man sich nicht geben, werden viele jetzt sagen. Doch halt! Warum haben dann bloß fast sieben Millionen das Dschungelcamp auf RTL geschaut?

Es gibt sie eben doch, die Zielgruppe, die das interessiert. So wird auch «Die Alm» ihr Publikum finden, keine Frage. Doch die Hände reiben können sich die Programmverantwortlichen noch nicht. «Die Alm» ist eben kein «Ich bin ein Star – holt mich hier raus!», sondern wirkt wie ein Abklatsch dieses Reality-Genres, das aber die entscheidenden Protagonisten nicht hat: Sonja Zietlow und Dirk Bach. Es ist schließlich nicht zu erwarten, dass Aminati und Kunze auf ähnlich hohem satirisch-ironischem Niveau durch die Sendung führen werden. Doch ist es genau das, was das Dschungelcamp in dieser orbitant hohen Reichweite attraktiv macht. Deshalb ist «Die Alm» auch so wenig innovativ. Als Spaß-Event im Sommer kann man es getrost durchgehen lassen, wie auch die «Sommermädchen». Da hat die Neuauflage nach zwei Jahren mit abgehalftertem Konzept ebenso ihre Zuschauer gesucht und gefunden – also die wenigen, die die Fernbedienung wohl nicht gefunden hatten. Dass nicht jedes erfolgreiche Format auch in anderer Form erfolgreich sein kann, wird man irgendwann auch noch lernen. Manchmal klappt es mit etwas Glück dann doch. Ausnahmen bestätigen die Regel. Besser aber sind Innovationen wie «Schlag den Raab», das hier und da auch schon wieder teilweise kopiert wurde – mit negativem Ergebnis.

Und dann kommt der ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut daher und wünscht sich eine Comedy-Serie wie «Two and a half Men» auch aus deutschen Produktionshäusern. Man habe ja gute Autoren. Dafür räumt er extra einen Experimentier-Sendeplatz im neuen Jahr ein. Das ist mal innovativ. Dass es geht, auch deutsche Serien zu etablieren, haben «Der letzte Bulle» und «Danni Lowinski» gezeigt. Doch sollte es mehr davon geben. Mehr Mutige, die auch Zeit investieren und Geld in die Hand nehmen. Damit wir demnächst auch im Sommer noch Gutes im Fernsehen schauen können, bevor der nächste Reality-Show-Abklatsch mit «Der Burg» ins Haus steht.

«Kirschs Blüten» gehen auch nächste Woche wieder auf – jeden Dienstag! Nur bei Quotenmeter.de!

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