Schlüter sieht's

«Schlüter sieht's»: Quote kostet Qualität

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Wie sinnvoll ist es bei bestimmten Genres, unbedingt auf die 14- bis 49-jährigen Zuschauer zu blicken?

Seit mittlerweile gefühlten zehn Jahren ruft das ZDF eine Offensive bei den jüngeren Zuschauern aus – also bei den 14- bis 49-Jährigen, die in der Branche zur sogenannten werberelevanten Zielgruppe gehören. Eigentlich sind die Marktanteile bei dieser Altersgruppe nur ausschlaggebend für das Privatfernsehen, denn dort refinanziert man sich fast ausschließlich durch Werbung. Aber auch die Öffentlich-Rechtlichen, insbesondere das ZDF, haben sich der Eroberung der Werberelevanten, der Jüngeren verschrieben. Doch wie sinnvoll ist dies überhaupt?

Völlig unnötig ist es beispielsweise, bei Nachrichtensendungen auf die werberelevante Zielgruppe zu schauen. Das Neudesign der ZDF-Nachrichten wurde auch unter der Prämisse eines jüngeren, frischeren Erscheinungsbildes durchgeführt – grundsätzlich sinnvoll sind diese Millioneninvestitionen ohnehin nicht, denn gute Nachrichten sollten sich durch ihren Inhalt auszeichnen und weniger durch ihr Aussehen.

Doch die Öffnung hin zu jüngeren Zuschauern birgt die Gefahr einer Banalisierung der Newssendungen: Wäre es beispielsweise vor Jahren noch vorgekommen, dass die «heute»-Nachrichten des ZDF über das reine Boulevard-Thema des Kachelmann-Prozesses berichten? In diesem Jahr ist dies so geschehen. Natürlich verfügen die öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen noch über eine hohe Qualität – aber es fällt mittlerweile punktuell auf, dass eine höhere Quote mit populistischen Meldungen erkämpft werden will.

Die öffentlich-rechtlichen Sender sollten nicht dem Jugendwahn verfallen. Mit jeweils mehr als fünf Prozent Marktanteil beim Publikum zwischen 14 und 49 Jahren haben Das Erste und das ZDF immer noch eine passable Relevanz beim jungen Publikum. Die Marktanteile haben im Laufe der Jahre zwar kontinuierlich abgenommen, aber ihre Rückeroberung sollte nicht auf Kosten der inhaltlichen Qualität gehen.

Dies gilt für Nachrichtensendungen, aber ebenso für Vorabend oder Primetime, wo Doku- oder Magazinsendeplätze bestehen bleiben oder ausgebaut werden müssten. Wenn das ZDF die Doku-Reihe «Abenteuer Wissen» einstellt und als Ersatz eine Alltags-Wissenssendung namens «Terra Xpress» ankündigt, dann fühlt man sich gleich an «Galileo» oder andere Privatfernsehformate erinnert. In der ARD wird zudem mit der angekündigten Programmreform der Doku-Sendeplatz am Montag um 21.00 Uhr gestrichen. Es bleibt festzuhalten, dass ein Blick auf die jüngeren Zuschauer notwendig und richtig ist – aber ihre Quote darf beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen und insbesondere bei Nachrichten, Dokumentationen oder anderen informationsrelevanten Sendungen nicht überbewertet werden.

Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.

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