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«Big Brother»-Probewohnen: TV-Helden für vier Stunden

von
Manuel Weis hat einen Nachmittag im brandneuen «Big Brother»-Haus verbracht. Zwischen Wettessen, vermeintlichen Geheimnissen und Schwierigkeiten beim Kochen – was er beim Großen Bruder in Köln erlebte…

Es ist nur ein Blick (oder war es überhaupt einer?) – ein Blick, der das Gefühl und den Reiz von «Big Brother» ausmacht. Vier Stunden lang lebte meine Person, Manuel Weis, im neuen «Big Brother»-Haus – gemeinsam mit zehn anderen Journalisten. Auf dem Weg zurück in den Alltag, also zurück zu iPhone und Co. passiert es: Endemol-Mitarbeiter kommen uns auf der Treppe entgegen. Sie schauen dich an, grinsen sie? Sie kennen dich, aber du kennst sie nicht. Du kennst nur deine zehn Mitbewohner. Wir gehen vorbei an kleinen Büros, ausgestattet mit TV-Geräten. Dort zu sehen: Live-Bilder aus dem nun wieder leeren Haus. Bis vor zwei Minuten waren wir dort die TV-Helden.

Fünf Stunden vorher: Ein nach dem anderen trudeln die Journalisten dort ein, wo in den kommenden drei Monaten die elfte Runde von Deutschlands erfolgreichster TV-WG, die RTL II-Show «Big Brother» produziert wird: Im Kölner Coloneum, wo aktuell beispielsweise auch «Deutschland sucht den Superstar» und «Let’s Dance» hergestellt werden. «Big Brother»-Executive Producerin Pamela Müller erklärt uns die Regeln der neuen Staffel und ehe man sich so recht versehen kann, werden wir verkabelt und ins neue Haus gebracht. Vorbei an fleißigen Arbeitern, die Scheinwerfer und sonstige Technik für die große Eröffnung am Montag von A nach B schleppen. Innerhalb von nur drei Wochen ist das neue Haus entstanden – es ist komplett neu gestaltet und sommerlicher denn je. Da stehen wir nun also in einem dunklen Gang – und warten. Gleich geht das Abenteuer «Big Brother» – wenn auch nur einen Nachmittag lang – los.



Ich bin Nummer 8, werde vom großen Bruder aber mit Namen angesprochen. Als Nummer 8 gehöre ich zur zweiten Gruppe und schlendere deshalb drei, vier Minuten später nach Gruppe eins durch die neue TV-WG. Ich betrachte die Sandfläche im Garten, schaue mir die Palmen an. Ich sehe, dass es im großen Garten viele kleine Sitzgruppen gibt – gelästert werden kann hier sicherlich gut. Schnell stellen wir fest: Moment, da fehlen doch zwei. Durchgezählt: 9 Journalisten sind anwesend. Nummer eins und zwei? Verschwunden. Niemand weiß, wo sie geblieben sind. Schnell wird über einen Plan des Großen Bruders spekuliert und ich ertappe mich dabei ernsthaft nachzudenken, wo die beiden versteckt sein könnten. Welch Spaß wohl für die Macher – in Wahrheit waren beide Teilnehmerinnen in einem flexibel gestaltbaren Zimmer, das für das Probewohnen zum Märchenwald gemacht wurde. Was wir aber nicht wussten und erst nach rund einer halben Stunde erfuhren: Die beiden kamen dort schlicht nicht mehr raus – möglicherweise funktionierte der ein oder andere Türöffner noch nicht richtig. Gut denkbar aber auch, dass sich «Big Brother» ob der Spekulationen von uns einen Spaß machte und die beiden etwas länger im kleinen Raum schmoren ließ.

Wer mit wem?


Mit wem man kann und mit wem eher nicht so, lässt sich schon nach kurzer Zeit sagen. Unsere Gruppe sitzt mittlerweile im Garten – es ist angenehm sommerlich, die Sonne brennt uns ins Gesicht. Immer absurdere Gedanken kommen auf: Weil es doch nicht sein kann, dass 75 Minuten lang nichts passiert im «Big Brother»-Haus spekulieren wir, ob es vielleicht einen Maulwurf gibt: Ein als Journalist getarnter Endemol-Mitarbeiter, dessen Geheimnis wir getreu des Staffel-Mottos lüften sollen. Jeder, aber auch wirklich jeder der elf Probe-Bewohner war nun im Spiel «Big Brother» voll dabei. Nur kurze Zeit später war es mit der Langeweile dann vorbei – Matchalarm. Durch lange Gänge mit wild gemusterten Tapeten – und später durch einen schwarz gestrichenen Gang mit Leuchtstäben an der Wand gelangen wir zum Matchraum. dpa-Mann Benno und Kollegin Irmela müssen im Duell Quizfragen beantworten.

Die Antworten sind jeweils Lebensmittel – bevor sie antworten dürfen, müssen sie aber einen der rund zehn Teller vor sich aufessen. Sprechen darf man erst dann, wenn es heruntergeschluckt ist. Irmela steigt schon nach zwei Runden freiwillig aus, sagt, so viel esse sie an einem ganzen Tag nicht und Wettessen sei ohnehin nicht ihre Sache. Tom vom OK!-Magazin springt für sie ein. Und obwohl es ein Testwohnen war, wurde man in den noch folgenden gut zwei Stunden das Gefühl nicht los, dass sie sich durch das Verweigern des Spiels in eine Art Außenseiterposition gebracht hat.

Der Mikrokosmos «Big Brother» - er wirkt also sogar bei uns Journalisten schon nach wenigen Aktionen. Natürlich ist jeder bemüht allgemein zu bleiben und so drehen sich die Themen nach dem Bestrafungsmatch, das Benno deutlich gewann, wieder zum eingestellten Vanity Fair und um das Comeback der 80er Jahre. Inzwischen wurden wir aufgefordert uns ins Schlafzimmer zu begeben. Dort ist es schon kühl, während man in der Küche schon nach einigen Minuten ein eher unwohles Gefühl hatte. Frische Luft ist dort eher Mangelware. Endemol hat dort sogar viele LEDs eingesetzt, die neben recht wenigen Scheinwerfern für das nötige Licht sorgen (LEDs geben keine Wärme ab) und dennoch verziehen wir uns so gut es möglich ist immer in Richtung Terrassentüre. Im Schlafzimmer, ich bin im Grünen, während Gruppe 1 im blauen liegt, wird heimlich auf eine Grillparty gehofft, die der Große Bruder für uns aufbaut. Knapp 20 Grad in Köln – das wäre ein guter Abschluss fürs Probewohnen. Daraus wurde aber nichts, dafür haben wir neue Mitbewohner bekommen: Vier Hennen und ein Hahn gackern und krähen fortan im Garten vor sich hin. Für uns Journalisten etwas neuer Input und Gesprächsstoff für wenige Minuten.

Was nun tun?


Jeder von uns schien schon nach zweieinhalb Stunden Aufenthalt stets dankbar, wenn sich «Big Brother» via Lautsprecher meldete. Damit der karge Strafbereich, der nun von den Verlierern des Matches bewohnt werden soll, enthüllt werden kann, stellen wir uns brav in Reihe und Glied auf. So steht man dann da, betrachtet den neuen Lebensraum – nur Daniel vom Clap Club nicht. Recht hat er: Schwachsinnig ist es eigentlich, sich kaum rührend in einer Reihe den neuen Bereich mit Holzhockern und einer Hängematte anzusehen – aber wie das Spiel es so will…

Thema Futterneid


Nun also in zwei Bereiche aufgeteilt – Kollege Florian wurde von den Matchverlierern noch verdonnert, ebenfalls im Strafbereich zu verweilen, fristen wir weiter unser Dasein in der TV-WG und sind dann doch froh, dass uns der Große Bruder mitteilt, dass Essen in der Schleuse (befindet sich neuerdings im Garten) bereit steht und von uns zubereitet werden soll. Schinken, Kartoffeln und Spargel sind für uns elf Testbewohner vorgesehen. Die Besucher des Strafbereichs dürfen zunächst nicht dabei sein, wie eine Stimme ansagt. Wir sind also wieder beim ewigen Thema der Show – dem Futterneid. Hungern mussten sie letztlich übrigens nicht – nach rund einer Viertelstunde stießen auch die drei aus dem Strafbereich wieder zum Rest der Truppe. Und während Kartoffeln und Spargel so vor sich hin köcheln sitzen wir wieder draußen und merken, die Gesprächsthemen gehen so langsam dem Ende entgegen. Letztlich ist Essenszeit und auch schon der Moment für unsere persönlichen Abschlussstatements.

Ich erwähne, dass ich glaube, dass es bei einem 100-tägigen Aufenthalt langweilig werden würde – und bekomme vom Großen Bruder die knappe Frage „Warum?“ zurück. Ich bin sprachlos und schaue in das grelle Scheinwerferlicht. Sprachlos ist inzwischen auch der Rest der Gruppe, der den Rest des Essens verputzt und inzwischen wieder eher an die Heimreise denkt und verstehen umso besser, wieso ein gutes Casting bei «Big Brother» von so großer Bedeutung ist. Ob aus unserer Gruppe eine gute Staffel geworden wäre? Wohl kaum. „Wir sind Fachidioten“, sagt einer der Teilnehmer auf meine Frage. Spaß gemacht hat das Probewohnen aber auf jeden Fall – und beim Herausgehen aus dem Haus erinnere ich mich an die Worte der RTL II-PR-Redakteure, die zuvor berichteten noch heute von Kollegen auf das Probewohnen vor Staffel sieben angesprochen zu werden.

„Draußen“ nehmen wir unsere Handys, Stifte und Blöcke wieder in Empfang und sehen, dass sich die Welt in den vier Stunden ohne uns weitergedreht hat während sich die Tür zum «Big Brother»-Haus frei nach dem Motto „Die Tür ist zu. «Big Brother» kann beginnen“ für uns schließt. Im Konferenzraum warten Pamela Müller und Iris Meyerhofer auf uns. Was das für ein Problem mit dem Herd gewesen sei, ist eine der ersten Fragen. Und da ist es, das Gefühl, das man eigentlich nicht haben sollte, weil gerade wir wissen, wie «Big Brother» läuft. Und dennoch ist es da. Das Gefühl, dass die Menschen dort oben in den Büros so genau wissen, was wir getan haben – und für uns dabei aber nie sichtbar waren. Es ist ungewohnt, besonders. Es ist «Big Brother».

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